Kommentar Fifaisierung des DFB: Deutscher Fußballkrieg
Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger macht mit seiner Kritik an seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach das richtige Fass auf. Der DFB sollte über Geld reden.
R eden wir über Geld! Ist einer ein Ehrenamtler, der neben einer jährlichen Aufwandsentschädigung im niedrigen sechsstelligen Bereich eine Betriebsrentenvereinbarung mit dem Verband, dem er vorsteht, trifft, die ihm weitere sechsstellige Beträge garantiert? Theo Zwanziger hat Wolfgang Niersbach, seinen Nachfolger im Amt des DFB-Präsidenten, deshalb als Heuchler bezeichnet. Einer, der so viel für sich aus dem Deutschen Fußballbund herausschlägt, könne nicht glaubwürdig behaupten, er übe ein Ehrenamt aus.
Da kann der Herr Zwanziger schon recht haben. Und man kann sich gewiss ärgern, wenn man als verlogen bezeichnet wird. Da kann man den Herrn Niersbach schon auch irgendwie verstehen. Aber dass der nun das Verbandspräsidium in einem unvergleichlichen Akt der Gleichschaltung hinter sich formiert und Zwanziger auffordert, er möge noch bitte sein Amt als Mitglied der Exekutive des Internationalen Fußballverbands niederlegen, das ist dann doch eine Nummer zu groß. Noch vor dem ersten Spiel der Deutschen Auswahl bei der WM tobt ein deutscher Fußballkrieg.
Der könnte leicht beendet werden. Niersbach müsste eben über Geld reden. Der Deal, mit dem der Wechsel vom überaus gut bezahlten Amt des DFB-Generalsekretärs ins Präsidentenamt ermöglicht wurde, er müsste ihn nur offenlegen. Oder gibt es da einen Grund, warum er die Zahlen nicht auf den Tisch legt? Und warum nur gelingt es Niersbach, das Präsidium hinter sich zu vereinen? Der Deal könnte mies sein und einen Verband in die Bredouille bringen, der auf seinem Amateurkongress über die Bedeutung des Ehrenamts für die Gesselsschaft diskutieren lässt und darüber, wie sich eine Erhöhung von Mitgliedsbeiträgen in den Vereinen durchsetzen lässt.
Aber wahrscheinlich will man gar nicht über Geld sprechen beim DFB. Am Ende kommt noch einer auf die Idee, nachzufragen, wie es sein kann, dass das Präsidium des Deutschen Fußballbundes während der WM in Salvador tagt, was man getrost als gehobenes Spesenraubrittertum bezeichnen kann. An den kostspieligen Wahnsinn, den der DFB mit seiner Nationalmannschaft betreibt, hat man sich ja beinahe schon gewöhnt. Aber auch darüber sollte ruhig einmal gesprochen werden. Was im deutschen Verband vorgeht, ist eine erschreckende Fifaisierung. Die deutsche Fußballfamilie schließt sich zusammen und schottet sich ab, um kritische Fragen besser abwehren zu können.
Da ist es kein Wunder, dass es das Präsidium in seiner Erklärung nicht für nötig erachtet, auf die Sperre für Franz Beckenbauer einzugehen. Der erfolgreichste deutsche Fußballprotagonist aller Zeiten darf 90 Tage nichts mit Fußball machen und sein Verband hält es nicht für nötig, sich dazu offiziell zu äußern. Dabei wäre es so einfach gewesen, Beckenbauer dazu aufzufordern, mit den Ethikermittlern der Fifa zu kooperieren. Aber da wären vielleicht Fragen zu gewissen Geldströmen aus Russland und Katar in Beckenbauers Tasche gestellt worden. Und wer redet schon gerne über Geld?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist