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Kommentar FDLR-FührungTerror made in Germany

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Die ruandische FDLR hetzt beinahe täglich im Internet. Dass ihre Führung seit Jahren unbehelligt aus Deutschland heraus ihren Krieg in Ruanda organisieren kann, ist ein Skandal.

Die Grenze zwischen legitimen politischen Aktivitäten und "Terrorismus" ist immer eine heikle Angelegenheit. Was die Organisation der in Zentralafrika kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas (FDLR) politisch zu vertreten angibt, klingt auf den ersten Blick legitim: mehr Demokratie in Ruanda. Aber tatsächlich organisiert sie blanken Terror gegen die Zivilbevölkerung des Kongo.

Dort hat sie Truppen stationiert und unterhält einen starken Militärapparat möglichst nahe an Ruandas Grenze. Dies dient nur einem Ziel: Ruanda irgendwann wieder mit Krieg zu überziehen und die Regierung von Präsident Paul Kagame zu stürzen, die das geschundene Land seit dem Völkermord von 1994 mit beachtlichen Erfolgen, wenn auch mit harter Hand, wieder aufbaut. Die Hetze, die die FDLR im Internet beinahe täglich verbreitet, spricht jedenfalls nicht für die friedlichen Absichten dieser Organisation, wie nachdrücklich auch immer sie diese beteuern mag.

Dass die Führung der FDLR seit Jahren unbehelligt aus Deutschland heraus ihren Krieg organisieren kann, ist ein Skandal. Er muss endlich thematisiert werden, wenn die Bekenntnisse der Bundesregierung ernst genommen werden sollen, sich für Stabilität und Aufschwung in Afrika einzusetzen. Noch nachdem es längst Reiseverbote von EU und UNO gegen FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka gab, konnte dieser problemlos aus Deutschland nach Kongo in die Stellungen seiner Soldaten fahren - und zurückkehren, zuletzt 2006. Ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Verdachts auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurde letztes Jahr mangels Beweisen eingestellt. Man fragt sich, wo die deutschen Ermittler ihre Beweise gesucht haben. Im FDLR-Einflussgebiet jedenfalls wurden sie nicht gesichtet.

Es wird Zeit, dass Deutschland sich mit seiner Rolle in den schwelenden Konflikten im Afrika der Großen Seen auseinandersetzt und zu ihrer Befriedung beiträgt. Die Entsendung der Bundeswehr in den Kongo zur Absicherung der Wahlen 2006 zeugte immerhin vom Willen, die Region zu stabilisieren. Dieser Wille muss auch in Deutschland selbst wirksam werden.

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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1 Kommentar

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  • HS
    Horst Schulze

    Ich will einer Zeitung durchaus eine gewisse Einseitigkeit zubilligen und dass die ruandische Regierung den Völkermord gut nutzt um eine eindeutige Freund-Feind Zuweisung zu machen. Tatsächlich ist die ganze Sache wesentlich komplizierter.

    Nur sollte eine TAZ Sätze wie "die das geschundene Land seit dem Völkermord von 1994 mit beachtlichen Erfolgen, wenn auch mit harter Hand, wieder aufbaut. " vermeiden. Das sind Sätze, die sicherlich auch über das Hitler-Regime 33 bis 39 gesagt wurden und bei einer gewissen eingeschränken Sichtweise sogar zutreffen. Heißt das "Das Ziel heiligt die Mittel?"

     

    Ich würde mir da etwas mehr Vorsicht und vielleicht auch mal eine umfassendere Recherche, ohne ideologische Brille, wünschen.

     

    MfG

     

    Horst Schulze

     

    PS. Die Benutzerfreundlichkeit diese Seite ist gewöhnungsbedürftig.