Kommentar Euro-Krise: Im Kern der Krise steht Italien
Ein Schuldenschnitt in Griechenland kann der Euro verkraften. Die Gefahr droht vor allem in Italien. Wenn Italien Pleite geht, dann ist als nächstes Frankreich dran.
K eine Frage: Griechenland ist ein ungelöstes Problem und wird noch viele Hilfsmilliarden verschlingen. Trotzdem wird der Euro nicht an Griechenland zugrunde gehen. Die eigentliche Gefahr droht in Italien.
Griechenland sorgt zwar derzeit für maximale Aufregung, ist aber bekanntlich ein kleiner Staat, der zur Wirtschaftsleistung der Europäischen Union in etwa so viel beiträgt wie Hessen. Ein derartiger Däumling kann eine Währung wie den Euro nicht vernichten.
Daher ist es verwunderlich, dass jetzt schon wieder ein Ad-hoc-Gipfel zu Griechenland abgehalten wird - während sich, fast übersehen, das eigentliche Drama nebenan in Italien abspielt. Denn dort ist ein Novum in der Eurozone zu erleben: Eines der reichsten Länder der Welt wird systematisch in die Pleite getrieben, weil die Finanzmärkte in Panik geraten sind und ständig steigende Zinsen verlangen.
Diese Panik hat bisher kein Eurogipfel stoppen können. So half es beispielsweise nichts, den europäischen Rettungsfonds auf 1 Billion Euro zu hebeln - die Risikoprämien für Italien stiegen trotzdem weiter und erreichten am Dienstag einen neuen Rekord.
ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.
Einen Crash in Italien kann sich die Eurozone jedoch nicht leisten, während ein Schuldenschnitt in Griechenland zu verkraften ist. Denn wenn Italien fällt, ist als Nächstes Frankreich dran. Dann kennt die Panik der Investoren gar keine Grenzen mehr.
Bisher geht die Eurozone erstaunlich sorglos mit dieser Gefahr um, wie die Sparbeschlüsse zeigen, die Italien auf den letzten Gipfeln aufgenötigt wurden. So soll die Regierung Berlusconi unter anderem den Kündigungsschutz lockern.
Was immer man von dieser Maßnahme hält: Ihr Einfluss auf die Staatsverschuldung dürfte, wenn überhaupt, höchst marginal sein. So viel haben sogar die Anleger in ihrer Panik kapiert - und bleiben daher panisch.
Unaufhaltsam treibt die Eurokrise auf ihren Kulminationspunkt zu. Dazu wird der Ad-hoc-Gipfel zu Griechenland sogar noch beitragen - gerade weil man sich dort nur mit dem Rand statt mit dem Kern der Eurokrise befassen wird.
Die Lösung der Krise wäre eigentlich einfach. Die Eurozone müsste nur verstetigen, worauf sie sich jetzt in Gefahrmomenten schon verlässt: dass die Europäische Zentralbank Staatsanleihen aufkauft. Die Anleger wären sofort beruhigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“