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Kommentar Ermittlungen gegen NSAPeinlicher Stillstand

Noch immer wird geprüft, ob ein Ermittlungsverfahren gegen die NSA eingeleitet werden soll. Die deutsche Justiz setzt ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel.

Spionagetechnik aus Sherlock Holmes' Zeiten Bild: ap

Generalbundesanwalt Harald Range war schnell. Kaum wurde bekannt, dass die NSA deutsche Bundesbürger vermutlich flächendeckend ausspioniert, hat Range einen Prüfvorgang angelegt. Und als bekannt wurde, dass die Amerikaner das Handy der Kanzlerin abhörten, kam ein zweiter Beobachtungsvorgang hinzu.

Doch was zunächst zupackend wirkte, ist inzwischen vor allem peinlich. Denn noch immer wird nur geprüft, ob ermittelt werden soll. Noch immer gibt es kein förmliches Ermittlungsverfahren. Die völlig Untätigkeit der Rechtspflege wirkt wie Liebedienerei gegenüber dem mächtigen Verbündeten – vor allem solange die USA nicht einmal ein Ende der Bespitzelung versprechen.

Deshalb geht es jetzt darum, wer innenpolitisch die Verantwortung für diesen Stillstand übernimmt. Range hat laut Spiegel bereits signalisiert, dass er genug Indizien für ein Ermittlungsverfahren hätte, an ihm liege es also nicht. Auch der neue Justizminister Heiko Maas, der sich schon bei der Vorratsdatenspeicherung als gewiefter Symbolpolitiker erwiesen hat, will nicht als Blockierer wahrgenommen werden. Sollen doch Außenminister Steinmeier und Kanzlerin Merkel als Marionette der USA dastehen. Aber vermutlich haben sie darauf auch keine Lust.

Es spricht also manches dafür, dass es bald zumindest ein Ermittlungsverfahren wegen der NSA-Aktivitäten gibt. Am Ende wird zwar sicher keine Anklage gegen US-Offizielle stehen; die Möglichkeiten ein Ermittlungsverfahren aus außenpolitischen Gründen später wieder einzustellen, sind groß. Doch zunächst könnte so zumindest etwas Widerspenstigkeit signalisiert werden. Die Justiz muss nur aufpassen, dass sie am Ende des ganzen Schauspiels von den Bürgern noch ernst genommen wird.

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9 Kommentare

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  • G
    gast

    Wenn der liebe, ehrliche Freund Obama, der große Freund von Merkel sagt, sie werde nicht mehr abgehört, dann ist die Sache vom Tisch wie Hr. Pofalla einst sagte. Das gemeine Volk wird aber weiter ausgespäht, ist doch ganz einfach. Wo in der Welt ist den Regierenden die Bevölkerung wichtig, nirgendwo.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Die "Ermittlungen" können sich nur zu einer weiteren Blamage entwickeln und Merkel lässt lieber alles beim Alten, wetten?

    Mehr Mumm, bitte!

  • Die Bundesregierung sollte drei Dinge klären:

    1. Gibt es ein Abkommen, welches den USA das Abhören beliebiger Kommunikation in Deutschland erlaubt? Aus der Besatzungszeit gibt es Abkommen, die noch nicht aufgehoben worden sind und die Geheimdienste schliessen geheime Abkommen, die zwar völkerrechtlich nichtig sind, an die sich Regierungen aber dennoch gebunden fühlen.

    2. Wusste die Bundesregierung von der Existenz flächendeckenden Abhörens?

    Hier hat die Bundesregierung viel gelogen - aber es ist davon auszugehen, dass spätetens mit den Echelon-Skandalen und der darauf folgenden Untätigkeit das Wissen vorhanden war. Auch dürfte der Verfassungsschutz entsprechende Informationen der Bundesregierung gegeben haben.

    3. Ist die Bundesanwaltschaft angewiesen worden, die Strafverfolgung wegen des Abhörens zu unterlassen? Wenn nein - welche Konsequenzen werden gegen die Bundesanwaltschaft unternommen, da sie auf die offensichtlichen massiven Rechtsbrüche keine Massnahmen ergreift.

  • RZ
    Rainer Zufall

    Wenn die NSA nicht belangt werden kann, dann ist so eine Ermittlung doch sinnlos und rein symbolisch. Schwarzrot sollte sich lieber mit der Frage auseinandersetzen ob vorauseilender Gehorsam und Zustimmung gegenüber den USA und Großbritannien angebracht ist. Besser wäre es manchmal einfach zu schweigen und die eiskalte Tatenlosigkeit in Bezug zur NSA-Affäre nicht noch zu beklatschen.

  • M
    Michael

    Jaja, der Herr Range! Der Mann konnte einem leid tun, wie er bei einer Pressekonferenz eine Überwachung der BRD durch die NASA (kein Fehler, wirklich "NASA") negierte und GCHQ nur mit Mühe auf englisch buchstabiert bekam.

    Da stellt man sich auf ein paar ruhige letzte Dienstjahre ein - und dann soll man plötzlich das Land retten! Welch eine Zumutung!

    Aber so ist das nun mal, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort ist.

    Und man fragt sich, wer eigentlich handeln soll, wenn der Generalbundesanwalt sich weigert, seinen Job zu machen.

    Angesichts eines milliardenfachen Verfassungsbruches: Es gibt auch noch so etwas wie "Strafvereitelung im Amt"!

    Wenn Vorermittlungen ewig dauern und selbst bei offensichtlichster Bedrohung der BRD nichts ergeben, kann Herr Range es sogar riskieren, gegen sich selbst zu ermitteln...

  • Wo Geheimdienste im Spiel sind, versagt der Rechtsstaat fast naturgemäß. Strafrechtliche Regelungen, um die Herrschaft der wirklich Mächtigen in Schranken zu halten, gibt es nicht. Die Herrschaft der wirklich Mächtigen ist, strafrechtlich betrachtet, stets schrankenlos. Strafrecht dient lediglich dazu, den eher machtlosen Normalbürger Grenzen zu setzen, damit er seinen Platz in der Welt nicht vergisst. Er allein kann schuldig werden vor dem Gesetz. Schon die Finanzkrise hat gezeigt, die wirklich gesellschaftszerstörerischen Verbrechen, bleiben stets ungeahndet. An einem bestimmten Punkt, wo der Staat selbst zum größten Verbrecher wird,kann folglich allenfalls noch das Widerstandsrecht greifen, die Selbstzerstörung einer Gesellschaft aufzuhalten. Die Selbstzerstörung unserer Gesellschaft - die Zerrüttung ihrer Grundrechtsnormen - aber ist schon in vollem Gange, nur der blinde Bürger sieht es nicht.

  • Ich denke, Politik und Justiz werden von Bürgern mit offenen Augen schon lange nicht mehr ernst genommen - in diesem Fall: Politik=Erfüllungsgehilfe der USA - Justiz=Erfüllungsgehilfe der Politik.

    Es ist erbärmlich!

    • SB
      schnitzel, bier und glotze
      @themanwhostolehisownhorsetwice:

      "bürger mit offenen augen"? wo sehen sie die denn? ich sehe nur schlafmützen, denen es noch nicht dreckig genug geht!

      • G
        gast
        @schnitzel, bier und glotze:

        Sie und auch themanwhostolehisownhorsetwice haben recht.

         

        Schlafmützen ? es schimpfen so viele aber das zu riskieren wie in anderen Ländern, glaube ich haben die Deutschen nicht den Mum dazu.

         

        Denkt man an Dutschke, der einst sagte "ohne Provokation werden wir überhaupt nicht wahrgenommen", aber genau das traut sich keiner.

         

        Nur die, die demonstrieren und provozieren, das sind Leute die keiner haben will, wo unser Staat nicht in der Lage ist diese Partei zu verbieten.

         

        Man beschränkt sich dann eben auf Demos für Flüchtlinge, oder Flughafen, oder Bahnhof, das wars dann auch.