Kommentar Entwicklungsminister: Der gute Mann der CSU
Bundesminister Gerd Müller hat nur einen Mini-Etat, sein Einfluss im Kabinett ist gering. Dennoch macht der CSU-Mann gute Arbeit.
D as Seehofer'sche Hott-und-hü-Gegrantel, das linkische Haderthauern, das Dobrindt‘sche Maut-Gestümper, überhaupt diese Grenzwiederziehungsdebatte, die die CSU quasi ritualisiert vor jeder Wahl aus der Franz-Josef-Strauß-Gruft schaufelt: Der Regionalparteizwerg überzieht die Republik gerne mit quälend-überflüssigen Debatten – interessant, wie die CDU die zickige Schwester derzeit mal demütigen darf, mal durchschleppen muss. Auf ihre 56 Abgeordneten kommt es halt gerade in Berlin nicht an. Der Einfluss der Christsozialen ist in Zeiten der Großen Koaliton gen null gesunken.
Nur ein CSUler sagt Dinge, die dem politischen Common Sense entsprechen – und sogar im Wortsinn christlich-sozial sind. Es ist ausgerechnet der Ressort-Wiedergänger des schmierigsten Ministers im alten schwarz-gelben Kabinett, Dirk Niebel. Der seit Ende 2013 amtierende Entwicklungsminister Gerd Müller leistet gute Arbeit.
Jetzt hat der bayerische Schwabe ausgerechnet im konservativen Hausblatt FAZ recht unverblümt für einen Boykott von Shell geworben, weil der Energiekonzern mit seinen Öltürmen das Nigerdelta verwüstet hat. Zugleich prangerte der 59-Jährige indirekt die fränkische (!) Firma Adidas an, weil sie Trikots in Deutschland für 84 Euro verkauft, für die „die Näherin in Bangladesch 15 Cent bekommt“.
Längst propagiert Müller ein Label für fair produzierte Textilien. Gleichzeitig trommelt er für mehr Gelder für Flüchtlinge aus dem Irak, attackiert Schleuderpreise von Lebensmitteln – und greift sogar die globalen Militärausgaben an. Es gab auch „gute“ Taten: Müller schaufelte Millionen in ein „Welt ohne Hunger“-Programm. Selbst die Opposition lobt ihn. Müller hat nur einen Mini-Etat, sein Einfluss im Kabinett ist gering. Aber vielleicht ist er der Mann, der die CSU vor dem Schicksal der FDP bewahren kann.
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