Kommentar Elfenbeinküste: Unverantwortliches Zaudern
Nun rächt sich, dass die internationale Staatengemeinschaft zu lange untätig war. Erst mussten 200 Menschen sterben, bevor Westafrika einen Militärschlag androht.
D ie Lage in der Elfenbeinküste gerät außer Kontrolle. Nach der Menschenjagd in Abidjan auf Anhänger des gewählten Präsidenten Alassane Ouattara durch Todesschwadrone im Dienste des Amtsinhabers Laurent Gbagbo folgen jetzt Flüchtlingsbewegungen aus dem Gebiet Ouattara-treuer Rebellen im Westen des Landes Richtung Liberia.
Sollten Übergriffe gegen Gbagbo-Anhänger im ivorischen Rebellengebiet weiter zunehmen und Gbagbos Häscher ihrerseits in ihren Hochburgen die Jagd auf ihre Gegner verstärken, wäre die Elfenbeinküste in einen hässlichen Bürgerkrieg zurückgekehrt, ohne dass eine der beiden einstigen Bürgerkriegsparteien formal ins Gebiet des jeweiligen Gegners einmarschiert wäre.
Nun rächt sich, dass die internationale Staatengemeinschaft nicht gleich nach dem faktischen Putsch Laurent Gbagbos entschlossene Maßnahmen traf, um den Wahlverlierer zur Amtsaufgabe zu zwingen. Ouattaras Wahlsieg stand schon am 2. Dezember fest, aber erst zu Weihnachten ringt sich das westafrikanische Staatenbündnis Ecowas dazu durch, mit militärischen Maßnahmen gegen Gbagbo zu drohen. Eine Umsetzung davon steht in den Sternen. Andere internationale Akteure wie die EU sind noch nicht einmal über Symbolpolitik wie Reiseverbote und Sanktionen hinausgekommen.
Dominic Johnson ist Afrika-Redakteur im taz-Auslandsressort.
Es muss wohl erst ein richtiger innerivorischer Krieg ausbrechen, damit ein militärisches Eingreifen von außen denkbar wird, selbstverständlich für den Frieden. Von außen schnell und entschlossen militärisch einzugreifen, um eine Demokratie durchzusetzen, die die Ivorer wollen und die ihnen ein Diktator verwehrt, wäre besser gewesen. Aber es war offensichtlich nicht durchsetzbar. Hunderte von Ivorern haben diese unverantwortliche Politik des Zauderns bereits mit dem Leben bezahlt.
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