piwik no script img

Kommentar EZB-BankencheckStresstest bringt's nicht

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Der schlimmste Fall, eine Mischung aus Deflation und Rezession, wurde beim Stresstest nicht untersucht. Und genau das schafft wenig Vertrauen.

Durchgefallen: Das hat sich die dpa zum Thema „Stresstest“ einfallen lassen. Bild: dpa

D ie Eurokrise war vor allem eine Bankenkrise. Irland und Spanien wurden von Pleitebanken in den Abgrund gerissen, auch Deutschland hatte mit Commerzbank & Co. massive Probleme. Damit die Steuerzahler nicht erneut zur Kasse gebeten werden müssen, hat die Europäische Zentralbank die Geldinstitute nun einem „Stresstest“ unterworfen.

Und siehe da: Die Lage ist gar nicht so ernst, wie befürchtet. Zwar sind 25 von 130 getesteten Großbanken schlecht für eine neue Wirtschaftskrise gerüstet – das ist fast jede fünfte. Doch 12 Durchfaller haben ihr Eigenkapital noch während des Tests ausreichend gestärkt.

Und die übrigen 13 Wackelkandidaten müssen „nur“ noch zehn Milliarden Euro aufnehmen, um aus der Gefahrenzone zu kommen. Das dürfte machbar sein. Deutschland ist schon jetzt fein raus, da die Münchener Hypothekenbank – der einzige deutsche Durchfaller – sein Kapital aufgestockt hat. Die Lücke sei geschlossen, behauptet die Bundesbank.

Ist die Eurokrise also überstanden, droht von den Banken keine Gefahr mehr? Dieser Schluss wäre verfrüht. Denn zum einen ist unklar, wie die Finanzmärkte auf das Ergebnis des Stresstests reagieren. Vor allem der Berg fauler Kredite könnte Anleger und Spekulanten verschrecken.

Zum anderen hat die EZB offenbar nur den Fall einer „normalen“ Wirtschaftskrise geprüft. Eine Deflation, ein allgemeiner Preisverfall, stand gar nicht auf dem Prüfstand. Dabei ist das die größte Gefahr für die Eurozone. Im schlimmsten Fall droht sogar eine Mischung aus Deflation und Rezession – die japanische Krankheit. EZB-Chef Draghi müsste das wissen, schließlich stemmt er sich mit seiner umstrittenen Geldpolitik gegen diese Gefahr. Umso erstaunlicher, dass er dieses Szenario nicht prüfen ließ. Vertrauen schafft dies nicht, im Gegenteil.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!