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Kommentar EU und die Ukraine-KriseGipfel der Unentschiedenheit

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Während die Amerikaner Fakten schaffen, ist die EU tief gespalten, wie sie auf den Konflikt reagieren soll. Ein Dialog mit Russland funtioniert so nicht.

Nicht gewählt, aber in Europa wie ein Held gefeiert: Arseni Jazenjuk. Bild: dpa

S anfte, eher symbolische Sanktionen gegen Russland, schnelle und ziemlich großzügige Hilfe für die Ukraine: Auf den ersten Blick hat die EU in der Krise um die Krim wieder Tritt gefasst. Beim hastig einberufenen Sonder-Gipfel in Brüssel konnte Deutschland den befürchteten Handelskrieg vorerst abwenden. Polen und die Osteuropäer dagegen dürfen stolz auf den Drei-Stufen-Plan gegen die russische „Aggression“ verweisen.

Das sieht ausgewogen und vernünftig aus. Doch in Wahrheit hat die EU erneut ihr strategisches Leichtgewicht bewiesen. Noch während Kanzlerin Merkel und die anderen EU-Chefs beim Krisengipfel in Brüssel tagten, preschten die Amerikaner mit unilateralen Sanktionen gegen Russland vor. Absprache? Fehlanzeige. Deeskalation? Gescheitert.

Und die USA sind nicht allein. Fast wie im Irak-Krieg können sie auf die „neuen Europäer“ setzen. Genau wie damals ist die EU tief gespalten. Polen, Balten, aber auch Schweden und Briten bereiten sich schon auf die Stufen zwei und drei des EU-Sanktionsplans vor. Bis zu „weitreichenden Veränderungen der Beziehungen“ (Merkel) – sprich einem neuen Kalten Krieg mit Russland – sind es nur noch wenige Schritte.

Sie könnten schon in den nächsten Tagen folgen, wenn Präsident Putin sich nicht den Wünschen des Westens fügt. Doch bisher spricht wenig für ein Einlenken aus Moskau, im Gegenteil. Der Kreml und die Krim treiben die Spaltung der Ukraine voran. Schon in zehn Tagen, beim geplanten „Referendum“, könnte Russland sich die Krim einverleiben. Ein neuer EU-Gipfel würde dann wohl harte Sanktionen beschließen, „der Fall“ wäre da.

Klar, die EU hat noch ein paar Sicherungen vorgesehen, sogar die Kontaktgruppe erhält noch eine Chance. Doch gleichzeitig schafft auch Europa Fakten, genau wie Putin. Der neue ukrainische Premier Arseni Jazenjuk wurde in Brüssel wie ein Held gefeiert, dabei ist er nicht vom Volke gewählt. Die Hilfe wurde im Eilverfahren durchgewunken. Nicht einmal auf die Wahlen im Mai will man warten. Zur Vertrauensbildung trägt dies nicht bei, im Gegenteil.

Der Dialog mit Russland, den Deutschland wünscht, ist so wohl zum Scheitern verurteilt. Man kann eben nicht gleichzeitig vermitteln und eine Seite – die Ukraine – auf seine Seite ziehen. Die EU ist Partei, sie ist gespalten, und sie wird noch dazu von den USA vorgeführt. Zudem hat sie nicht die Mittel, um die Ukraine dauerhaft zu stabilisieren. Diesen Gipfel hätte man sich sparen können, entscheidend wird der nächste.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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19 Kommentare

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  • DP
    Der Pinguin

    "Das ist entschieden der Gipfel der Bodenlosigkeit"

  • P
    Peter

    Schon gehört? Der viel umjubelte Herr Jazenjuk ist Scientologe! Schöne neue Zeit!

    http://www.dallasblog.com/201402181010101/dallas-blog/soros-hires-scientologist-to-conquer-ukraine.html

  • S
    Soisschön

    Rat an Nato und EU:

    Die Krise bis zum Siedepunkt bringen und dann gaaannz langsam

    den Druck am Kessel reduzieren -aahhh - das ist schööön.

  • I
    Isso

    Seit langem ist bekannt, daß sich Regierungsmitglieder und namhafte deutsche Außenpolitiker mit führenden Presseorganen zu einer konzertierten Aktion zusammengefunden haben. Deutlich wird dies besonders in der Süddeutschen mit ihren manipulierten "Umfragen" und Stellungsnahmen.

  • J
    Jägermeister

    Steinmeier, unser Mann für schwierige Aufgaben, soll nach letzten Umfragen der beliebteste deutsche Politiker sein.

    In Rußland wird kolportiert Steinmeier sei hier zu Lande so beliebt, wie Scheiße am Hacken.

    Wie muß dann erst ein Politiker aussehen, der unbeliebt ist.

  • M
    Marlon

    wo die USA auch zündeln.....eines muss man ihnen lassen, das können sie gut Chaos und Aufruhr erzeugen....das war ein 100% Staatstreich und keine orangende Revolution & wenn dann eher eine haselnuss braune...

    http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/18590

    Die USA haben eine lange Tradition von Staatstreichen und da wurde nie sauber gearbeitet. Also die abgehörten Telefonate offenbaren meiner Meinung nach auch einen sehr undemokratischen Geist....allein wie Frau Nuland über den benutzten Klitschko herzieht.......

    Unsere Medien sind leider komischerweise alle auf 100% Nato Propaganda und wenn ich auf RT sehe was mit jüdischen Einrichtungen teilweise passiert oh, oh, oh? Unsere Politiker haben mal wieder nicht mitbekommen.....GLADIO lässt grüssen!

    TAZ und GRÜNE mittlerweile zum Oberschurken USA übergelaufen, weil wenigstens schön bunt ..

    ist......

  • I
    Inneregewissheit

    Umfragen hin Umfragen her, die deutsche Bevölkerung wird Merkel bei einer agressiven Position gegen Rußland nicht unterstützen und Notfalls die Gefolgschaft versagen.

  • Europa als wedelnder Hundeschwanz der USA. Kennt man doch.

    Menschenrechte und USA-lachhaft.

  • S
    Sogehts

    Es ist zu hoffen, dass die EU durch einen atomaren Erstschlag Rußlands zur Vernunft gebracht werden kann. Paris, Warschau, Berlin eindampfen und schon ist man wieder Gesprächs und kompromissbereit.

  • "Nicht gewählt, aber in Europa wie ein Held gefeiert: Arseni Jazenjuk" Das ist ein warhaftiger Bildtext. Ja, dieser Mann ist gleichzeitig der Statthalter Europas und der Mörder vom Maidan. Diese Kacke bekommt Europa nicht mehr von Stiefel.

  • F
    FROST

    Bin mal gespannt,wie Merkel da rauskommt. Mit der Banken-und Wirtschaftslobby gegen das eigene Volk zu entscheiden ist einfacher-,jetzt ist endlich mal Politik gefragt. "Wenn man glaubt,es geht noch mehr,kommt irgendwann ein "Bremser" her. Es wird sich zeigen,dass man gut daran getan hätte,den Binnenmarkt zu stärken. Nicht nur nehmen-auch geben,das ist volksnah. Ein lächerliches Europa hat Putin wohl nichts entgegenzusetzen.Und der Amerikaner sollte wohl nicht das Wort Menschenrechte in den Mund nehmen.

  • "Der Dialog mit Russland, den Deutschland wünscht, ist so wohl zum Scheitern verurteilt. Man kann eben nicht gleichzeitig vermitteln und eine Seite – die Ukraine – auf seine Seite ziehen." - Meines Erachtens kann man auch nicht gleichzeitig unter dem Deckmantel von Demokratie und Menschenrechten in der Ukraine mitmischen und Geopolitik betreiben wollen, und andererseits dann die Augen vor Putins repressiver Politik gegenüber ethnischen Minderheiten, sei es auf der Krim, sei es im Kaukasus, verschließen. Die Verlogenheit der deutschen/europäischen Haltung tritt immer offensichtlicher zu Tage und wird demnächst dann wohl auch aufbrechen. Deutschland und die EU hätten sich bei Zeiten an die von ihnen selbst propagierten Werte halten sollen und nicht zugunsten eines "Dialogs" mit Rußland, der letzendlich an vorderster Stelle ja doch nur die eigenen Energie- und Wirtschaftsinteressen bedient, das Sprechen und Schreiben über russische Gewalt im Nordkaukasus und aktuell im Vorfeld der Olympischen Spiele in Sotschi über den Völkermord an den Tscherkessen zu unterbinden versuchen. Auch mit einem derart instrumentellen, interessengeleiteten Demokratie- und Rechtsverständnis befördert man Konflikte.

  • E
    EMU

    Gut geschrieben. Deeskalation und Diplomatie bedeuten auch die eigene Position für Gegenargumente offen zu halten. Insofern halte ich den politischen Herdentrieb z.Z. für dumm und gefährlich denn wer sich, wie jetzt geschehen vorzeitig und einseitig festlegt dem hört ja aus gutem Grunde keiner mehr zu. Russland soll Positionen aufgeben schön nur müssen die USA und die EU das auch. Ich würde Alles auf den bereits geschlossenen und dann leider gebrochenen Vertrag von Maidan festnageln. Es braucht ne Roadmap ansonsten droht und wirklich ein Krieg und niemand kann heute absehen ob der in Europa dann auch wirklich kalt bleibt.

    • T
      TAZ-mehralslifestyle?
      @EMU:

      und auf diesen nicht eingehaltenen vertrag wird ,warum auch immer, eigentlich gar nicht mehr hingewiesen,dafür umso mehr auf die damalige ( und evtl vorläufige?!?) ablehnung des handelsabkommens mit der eu...

  • M
    MH

    "Vermitteln" hin oder her. Russland hat einen Vertrag gebrochen und damit Völkerrecht. Einen Vertrag, den auch die EU garantiert. Dem Recht zur Geltung zu verhelfen heißt auch sich schützend auf die Seite desjenigen zu stellen, dessen Rechte verletzt wurden. Und politisch: Russland erlaubt es sich am Rand Europas - nicht irgendwo im wilden Osten, wo die EU wegschauen kann - mit massivem militärischen Eingreifen Fakten zu schaffen. Wenn man einer solchen Kraftpolitik nicht Einhalt gebieten kann (diplomatisch - aber wirkungsvoll!), dann soll man sich doch bitte wirklich unter den amerikanischen Raketenschirm wegducken und die internationale Politik denjenigen Akteuren überlassen, die Politik nicht mit Management verwechseln.

    • T
      TAZ-mehralslifestyle?
      @MH:

      in was für einer welt lebst du eigentlich?

      völkerrecht: schau mal nach wie oft das die letzten jahrzehnte (offiziel)gebrochen worden ist

      lage:genau deshalb ist dieser konflikt doch so brandgefährlich und auch genau deshalb ist es mehr als unwahrscheinlich die karte des bösen einer partei zuschieben zu können

      kraftpolitik:und du meinst wirklich allen ernstes, dass weder eu noch usa ihre hände mit im spiel haben?

      raketenschild:ein gutes stichwort...lies ma nach

      fazit:die welt ist schon etwas komplizierter...

  • WW
    Wim Wenders

    Raus aus der Nato ganz schnell, aber ganz, ganz schnell - wenn das überhaupt möglich ist und was passiert dann mit den amerikanischen Truppen auf deutschem Boden. Ich glaube, die Amis würden uns was husten und ihre Truppen abziehen. Amis vertreten ihre Interessen wesentlich regider und erzählen uns einen vom Pferdvon wegen "Kampf für die Freiheit".

  • F
    ff

    warum wird nicht klar stellung bezogen? die eu als satellitenstaat der amerikaner müssen das machen was der große bruder sagt. besonders die brd als nicht rechtskräftiger staat, der immer noch besetzt ist von den alliierten, hat hier nichts zu sagen. des weiteren kann man wohl rußland verstehen, dass sie die nato grenzen und damit die stationierung von nato raketen nun von polen in die ukraine nicht akzeptieren können. weiterhin macht rußland mit der politik zur schützung der rußischen bürger im ausland nichts anderes als die usa, die seit fast 60 jahren ihre kriege im ausland damit begründen. dies ist ganz einfach der versuch die geopolitische destabilisierung osteuropas durch die nato auch wenn man damit die politischen rassisten mit ins boot holen muss. das alles erinnert sehr stark an ´33 als das ns-regime dazu benutzt wurde um den kommunismus aus europa und rußland zu vertreiben auch wenn man dafür million von menschen opfern muss und man die jugend und freiheit von million von menschen dafür aufs spiel setzt.

  • S
    serbmem

    Die Krim wird Russland zugesprochen. Damit der Friede bleibt. Was mit dem Rest der UDSSR wird sehen wir dann. Noch einmal wird sich Putin nicht durchsetzen können.