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Kommentar EU, Iran und die USAViel Gebrüll, wenig Substanz

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

In den USA hat Trump erfolgreich schwere Krisen provoziert. Jetzt versucht er das auch außenpolitisch. Die Europäer haben keine Antwort darauf.

Drei europäische Außenminister (der Frankreichs hier links) trafen am Dienstag den iranischen Amtskollegen. Herausgekommen ist wenig Foto: ap

K ein Zweifel: Nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomdeal mit dem Iran befinden sich die Trump-Regierung und die europäischen Partnerländer auf Konfrontationskurs. Der Unmut der Europäer wurde auch am Dienstagabend deutlich, als sich die Außenminister Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands mit ihrem iranischen Amtskollegen trafen, um über die Zukunft des Abkommens zu beraten. Doch herausgekommen ist wenig. Kein Wunder.

„Die Frage ist nicht,“ schreibt der Forschungsdirektor des European Council on Foreign Relations, Jeremy Shapiro, „ob die Europäer angepisst sind, sondern ob sie irgendetwas als Antwort auf Trumps Handlungen unternehmen werden. Die wahrscheinlichste Antwort ist Nein.“ Die Überschrift seines Essays in Foreign Affairs lautete: „Warum Trump die Europäer risikolos ignorieren kann“.

Vermutlich hat Shapiro recht. Zwar sprach auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gerade von einem „Einschnitt“ in den transatlantischen Beziehungen; und aus Frankreich hieß es, Europa dürfe kein Vasall der USA sein. Selbst der britische Außenminister ­Boris Johnson verwahrte sich gegen den Versuch Washingtons, anderen Ländern eine Linie aufzuzwingen.

Aber helle Empörung gab es über alle US-Präsidenten der jüngeren Zeit. Selbst Obama war umstritten. Doch aus der großen Aufregung etwa darüber, dass dessen NSA Angela Merkel abhören ließ, folgte – nichts.

In den USA hat Trump erfolgreich die Strategie praktiziert, schwere Krisen zu provozieren, um andere dazu zu zwingen, diese durch Besonnenheit zu lösen – wodurch sie ihr eigenes politisches Profil verlieren. Beispiel Migra­tions­debatte. Jetzt wendet er diesen Trick auch außenpolitisch an, und die Europäer haben keine Antwort darauf. Denn letztlich steht für die europäischen Volkswirtschaften im Handel mit den USA mehr auf dem Spiel als im Irangeschäft. Wenn es hart auf hart kommt, werden die Europäer daher nicht zu einer einheitlichen Linie finden.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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5 Kommentare

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  • jede krise ist eine chance .

    zunächst für die beleidigten , degoutierten , oft selbsternannten intellektuellen , dass

    trump dato ziemlich erfolgreich ist , mehr , als jeder präsident , der letzten jahrzehnte . ob die variante gordischer knoten von dauer ist wird sich weisen .

    stimmen , ein land wie ein unternehmen zu führen gibt es länger als den wunsch nach einer frau oder einer ethischen minderheit . glücklicherweise steht die überspannte gesellschaftliche individualpolitik an ihrem scheideweg , so dass nach trump hoffentlich die politische begabung im vordergrund steht und nicht seine pigmentierung oder sein paarungsverhalten .

    für usa , gb , polen ist es traditionell wichtig , dass sich die eu nicht als politisches , sondern als freihandelsprojekt definiert . wichtig ist v.a. der stete antagonismus zu russland sowie die stete expansion mit den hieraus resultierenden verdauungsschwierigkeiten , ihren ausfall als eigenständige geopolitiker bedingend .

    insofern wäre ein beitritt der türken ein glücksfall , je mehr verschiedene partikularinteressen , desto unbeweglicher . geo und interessenpolitik gilt insbesondere in der brd als pfui , von machtpolitik gar nicht zu reden . der ewige wunsch der deutschen nach weltbeglückung , hier in der neuen variante des humanitären imperativs , hat den 2. politisch / militärisch relevanten faktor , gb , erfolgreich vertrieben . den propheten ob deren post - eu niedergangs steht möglicherweise ein neues trump erlebnis ins haus . es bleiben brd und f als arbeitsteilige faktoren im rahmen eines an bevölkerung , wirtschaftskraft und schuldenstand die usa deutlich überragendes projekt .

    nun ist unsere wohl letzte chance , unsere machtpolitische ( werte )position zu definieren oder usa , china respektive der immigration zu weichen . wenn wir jetzt unseren macciavelli nicht auspacken wird die stimme des alten , abendländischen , aufgeklärten , pluralistischen europas in zukunft , dann stellen wir 5 % der weltbevölkerung , verblassen .

  • Häh? Welche innenpolitischen Krisen provoziert Trump? Und wie kann die Migrationsdebatte dafür als Beispiel dienen?

    • Bernd Pickert , Autor des Artikels, Auslandsredakteur
      @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

      DACA aufkündigen, 800.000+ junge Menschen in die Unsicherheit stürzen und anschließend die Demokraten dafür verantwortlich machen, weil man selbst jedes Gesetz per Veto blockiert, was kein Geld für die blöde Mauer beinhaltet. So in Kurzfassung.

      • @Bernd Pickert:

        Korrekt. Aber dies ist doch normales politisches Vorgehen. Dahingestellt ob gut oder sinnvoll aber eine provozierte innenpolitische Krise kann ich nicht erkennen.

  • natürlich kann man Trump zur Räson bringen.

     

    China ist der größte Lieferant für die Güter des täglichen Bedarfs, die die verarmte Mittelschicht im Walmart vorfindet... [30 Jahre Outsourcing und Gewinnmaximierung at it's best], Europa liefert wichtige Technologien: Halbzeuge, Maschinen,...

     

    Z.B. ohne Güter und Know How aus Deutschland, Italien, Frankreich hebt keine Boeing mehr ab.

     

    Natürlich könnte man die USA Sanktionieren.

     

    Aber man WILL es nicht... got to make a million, doesn't matter who dies.