Kommentar EU-Haushalt: Peinlicher Budgetstreit
Die Verhandlungen über den Haushalt der Europäischen Union sind gescheitert. Die EU verliert damit ein weiteres Stück an Glaubwürdigkeit.
D as ist schon peinlich. Ausgerechnet die EU in Brüssel, die ihren Mitgliedsländern harte Sparprogramme verordnet, kommt selbst nicht mit dem Geld aus. Auf 4,7 Milliarden Euro belaufen sich die offenen Rechnungen, die allein im laufenden Jahr aufgelaufen sind. Im kommenden Jahr fehlen nach Angaben des Europaparlaments sogar 6 Milliarden – die Verhandlungen über das Budget 2015 sind deshalb gescheitert.
Das ist zwar nicht das Ende der Welt. Ein Kompromiss kann auch noch in der Silvesternacht gefunden werden. Aber es zeigt, wohin der Sparkurs führt, den der britische Premier Cameron der EU verordnet hat. Gemeinsam mit Kanzlerin Merkel hat Cameron das EU-Rahmenbudget für 2014 bis 2020 zusammengestrichen. Jetzt fehlt das Geld – und die EU verliert wieder ein Stück Glaubwürdigkeit.
Schließlich hat sie sich neue Aufgaben aufgebürdet, wie Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, Hilfe für die Ukraine oder ein 300 Milliarden schweres Investitionsprogramm. Nun muss sie sparen – und weiß nicht, wo. Gleichzeitig sollen alle 28 EU-Staaten sparen – trotz drohender Deflation und Rezession. Das kann nicht gutgehen. Die EU-Parlamentarier haben recht, wenn sie mehr Geld fordern.
Allerdings wären sie glaubwürdiger, wenn sie Cameron und Merkel schon 2013 die Stirn geboten hätten, als die Kürzungen beschlossen wurden. Und sie würden mehr Aufmerksamkeit bekommen, wenn sie auch gegen den neuen Briten-Rabatt protestieren würden. Cameron muss seine am 1. Dezember fällige Nachzahlung zum EU-Budget erst im Sommer 2015 leisten, nach der britischen Unterhauswahl. Angesichts klammer Kassen ist dieses Wahlkampf-Geschenk unverständlich. Doch dazu hört man nichts aus Brüssel. Die Europaabgeordneten bellen zwar laut, doch beißen wollen sie nicht.
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