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Kommentar EU-DatenschutzverordnungBlind für den Marktvorteil

Kommentar von Svenja Bergt

Die EU weicht den Datenschutz auf. Sie hat nicht verstanden, dass dieser für Unternehmen immer wichtiger wird – und sich deshalb verkauft.

So simpel kann Datenschutz sein: Erhebt und speichert weniger Daten Bild: dpa

W enn es nur eine Lehre gibt, die aus den Privatsphäre-Skandalen der vergangenen Jahre, aus der NSA-Überwachung, aus Datenlecks bei Sony, bei der Großbank JP Morgan oder beim Taxikonkurrenten Uber gezogen werden sollte, dann diese: Erhebt und speichert so wenig Daten wie möglich. Und doch sind die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten dabei, dieses simpelste aller Datenschutzprinzipien aus der geplanten Verordnung herauszustreichen.

Schon klar, Regierungen haben nicht unbedingt ein natürliches Interesse an Datensparsamkeit. Sie alimentieren Geheimdienste, Behörden, Polizei, alles Institutionen, die nicht gerade dafür bekannt sind, sensibel und sparsam mit Daten umzugehen. Außer natürlich es geht um Auskunftsrechte seitens der Bürger, dann wird vermeintlicher Datenschutz auf einmal großgeschrieben.

Gleichzeitig beklagen hiesige Regierungen, dass im Wettbewerb der Internetfirmen immer US-Konzerne vorne landen. Was sie übersehen: Hohe Datenschutzstandards sind – gerade angesichts der Snowden-Enthüllungen – ein Standortvorteil. Klar, ein Unternehmen wie Google ist mit hohen Standards nicht denkbar, dafür ist Datensammeln zu sehr Geschäftsprinzip des Konzerns.

Doch Unternehmen achten zunehmend darauf, ihre Daten in einer Cloud in der EU zu speichern, E-Mail- und Messenger-Dienste mit hiesigen Servern und hohen Ansprüchen an Anonymität finden gar nicht so schnell Techniker, wie sie expandieren könnten.

Dass die verhandelnden Justiz- und Innenminister derart blind sind für so eine Entwicklung, ist völlig unverständlich. Und kann eigentlich nur eines heißen: Die Lobbyisten der datenverarbeitenden Industrie, der Marketingagenturen und Versandhäuser, der Adressverkäufer und Callcenter sind immer noch viel zu stark.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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2 Kommentare

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  • Leider fällt mir zu dem Artikel, über den ich mich etwas geärgert habe, noch mehr ein:

     

    Weniger Daten = mehr Datenschutz?

    Das halte ich in dieser Simplizität für fragwürdig.

     

    Beispiel:

    Jemand hat von mir zwei Daten: Die Kreditkartennummer und die Haarfarbe. Jetzt reduzieren wir die Datenmenge ganz erheblich, weg mit der Haarfarbe. Und nun haben wir sicherere Daten?

     

    Datenschutz geht für mich nur so: Sichere Verschlüsselung und sichere Zugriffsauthentifizierung. Die Menge der Daten kann mir dann egal sein.

     

    Vielleicht sollte man Datenexhibitionismus (Digital natives? Eher digital naifs.) bestrafen als grob fahrlässige Verleitung zu kriminellen Handlungen? (Die Haustür offen lassen, den Einbruch der Polizei melden und die Versicherung verfluchen, weil sie nicht zahlen mag? Warum so umständlich. Tür abschließen reicht.)

     

    Das Bild zum Artikel finde ich unpassend. Was liegt denn da auf dem Tisch: 1. Eine Menge Daten, die 2. für jeden sichtbar und zugänglich sind. Das soll ein Sinnbild für Datenschutz sein?

  • Wie ist der derzeitige Stand? (Wie heißt die alte Verordnung? Welche Regeln gelten heute? Sind die Regeln 'gut', 'ausreichend', 'nützlich'?)

    Was ist mit der neuen (besseren?) Verordnung konkret geplant?

    Welcher Text soll aus der geplanten Verordnung gestrichen werden? (Ersatzlos? Neuer Text?)

    Die Nutzung europäischer Clouds ist ein Marktvorteil?

    Für wen?

    Für Cloud-Service-Anbieter?

    Wer wäre denn in Deutschland der Nutznießer?

    Warum braucht man für mehr Cloud-Speicherplatz mehr Techniker? (Reichen nicht

    größere Speichermedien?)

    ?