Kommentar Deutschland-Italien: Jeder kann bankrottgehen
Bisher stellte Merkel Italien gerne als Klotz am Bein der EU dar. Nun hat das Land eine respektable Regierung, und Merkel sollte sich an die eigene Nase fassen.
W arum glauben alle, dass sie uns eine Standpauke halten können?" Die Frage eines bekannten Komikers bringt die Stimmung in Italien auf den Punkt. Die Glaubwürdigkeit Roms ist in der Flut von Berlusconis Skandalen untergegangen, die ganz Europa zum Lachen brachten und "Merkozy" veranlassten, ein Ultimatum nach dem anderen abzufeuern. Dabei ließ gerade Frau Merkel keine Gelegenheit aus, Italien als Klotz am Bein darzustellen. Die Lage war unerträglich geworden.
Die neue Regierung Monti genießt nun hingegen auf internationaler Ebene einen großen Vertrauensvorschuss. Damit überzeugt sie die Italiener, dass man das verlorene Terrain möglicherweise wieder zurückgewinnen kann.
Gleichzeitig wütet in Italien allerdings ein heftiger Streit über die Legitimität dieser Regierung, die nicht aus demokratischen Wahlen hervorgegangen ist. In Europa kann sie jedoch in einem Moment, in dem Merkel mit ihrer Ablehnung von Eurobonds die EU zu zerstören droht, endlich wieder ihre Stimme erheben.
FRANCESCA SABATINELLI ist Redakteurin und Berichterstatterin bei "Radio Vatikan". Derzeit ist sie im Rahmen eines Austauschs zu Gast in der taz-Redaktion.
Italien ist sich bewusst, dass es möglichst rasch wieder Boden unter den Füßen gewinnen muss. Die Krise hat zu einer neuen Armut unter Arbeitslosen, Studenten und Rentnern geführt - Letztere müssen oft genug mit 400 Euro im Monat überleben.
Und so ist jetzt auch für Sie, Signora Merkel, der Moment gekommen, sich mit den nicht mehr zu verbergenden Schwächen Ihres eigenen Landes auseinanderzusetzen. Niemand ist vor dem Konkursrisiko gefeit. Denken Sie daran: "Gemeinsam sind wir stark!" Aber vergessen Sie auch nicht ein anderes Sprichwort: "Wer zuletzt lacht, lacht am besten".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt