piwik no script img

Kommentar Depardieu wird RusseDann geh doch nach Moskau

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Wie üblich kennt der Obelix-Darsteller und Putin-Bewunderer Depardieu weder Maß noch Rücksicht. Nach Russland ziehen wird er trotzdem nicht.

Go east! Depardieu auf dem Weg nach Russland. Bild: Verleih

D ann geh’ doch nach Moskau, wenn es dir dort besser gefällt! Der gehässige Satz der Kommunistenfresser aus dem Kalten Krieg war ganz in Vergessenheit geraten. Jetzt graben ihn Gérard Depardieus Gegner wieder aus. Und das hat er sich selber eingebrockt.

Seine Steuerflucht nach Belgien stieß noch auf Verständnis bei einem Teil seiner französischen Landsleute, die sich aus Bewunderung für seine Kinokarriere ehrlich bemühten, Mitleid mit einem derart vom Fiskus geplagten Millionär aufzubringen. Mit seinen Liebesgrüßen nach Moskau macht Depardieu seinen Freunden die Solidarität aber wirklich nicht leicht.

Der vom russischen Fernsehen zitierte Brief („Ich liebe euer Land Russland abgöttisch“) kompromittiert nicht nur ihn selber, sondern auch diejenigen, die ihn bisher durch dick und dünn unterstützt oder sogar seine Steuerflucht als legitim verteidigt haben. Wie üblich kennt der Obelix-Darsteller weder Maß noch Rücksicht. Seine Putin-Lobhudelei und prorussische Begeisterung über die „große Demokratie“ ist deplatziert.

Bild: privat
RUDOLF BALMER

ist Frankreich-Korrespondent der taz.

Seine besten Freunde wie Catherine Deneuve und andere Filmstars, die ihn gegen François Hollandes Steuerpolitik zuerst öffentlich und sehr engagiert in Schutz nehmen wollten, stehen nun wie begossene Pudel da.

Natürlich wird Depardieu nicht nach Moskau umziehen. Vielleicht war seine groteske Russlandeuphorie ja nur Spaß oder eine Form von Revanche für die Schmährufe aus Paris. Nur wären solche groben Scherze nicht lustig, weil derselbe Depardieu auf dieselbe Weise wie Putin auch den tschetschenischen Diktator von Moskaus Gnaden, Ramsan Kadyrow, feiert oder sich für die PR-Kampagnen der Staatschefs von Kasachstan und Usbekistan einspannen (und dick bezahlen) lässt. Da bleibt nicht viel Glamour, Monsieur Depardieu.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • I
    ion

    "Natürlich wird Depardieu nicht nach Moskau umziehen."

     

    ¿?

     

    Was dann‽ Müsste er dann nicht aus F, der EU ausgewiesen werden(‽), schließlich hat er ja wohl die russische Staatsbürgerschaft, den Putte-Pass angenommen, oder-oder‽

    Die (seit Jahren) laufenden Verhandlungen über Visaerleichterungen betreffs Einreise von Russen in EU-Staaten sind konsequent zu überdenken und auf keinen Fall wäre, wie von Putte immer wieder verlangt, letztlich die gegenseitige Visumfreiheit einzuführen; Insbesondere nicht für EU-Steuerflüchtlinge!

    Cf: [http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/Russland/Russland-und-EU_node.html]

  • D
    DaW

    @ Russe:

     

    Sie haben ja an sich Recht, das Russlandbild in Europa ist eher schlecht, und der oben genannte Satz war sicherlich missverständlich. Das Problem ist, dass ich Depardieu nicht abnehme, dass er Russland "abgöttisch" liebt. Allein, dass er offensichtlich bisher keinerlei Russischkenntnisse hat, lässt doch an seiner Aussage zweifeln.

  • LB
    little Bärchen

    In den fünfziger Jahren gab‘s Begriff 'nützliche Idioten'. Es handelte sich um viele Intellektuellen, Künstler, Schauspielern etc. vor allem aus den Westen, die durch ihre Dummheit und kritiklosen Verhältnis zum verbrecherischen System, haben dem Kommunistischen Russland Unterstützung geleistet.

    Kommunistisches Russland gibt’s nicht mehr. Politische Ziele aber haben sich kaum geändert. Nützliche Idioten gibt es offensichtlich auch immer noch.

  • M
    Maaaa

    Richtig so Sabine Knieper, das muss unsere Antwort sein! Hoffentlich denken die Filmemacher auch so. Aber denkt auch an Schumacher, Beckenbauer usw.Wann wird endlich wie in USA besteuert?

  • PG
    Paul Gerhardt

    @Russe, Sie haben recht! Und vergessen Sie Gontscharow nicht. Sein Oblomow ist gerade wieder neu übersetzt worden.

  • SG
    Sven Gehrke

    Depardieu darf fast alles. Für mich ist er der grösste Filmdarsteller seit Marlon Brando. Ich bin mir noch nicht mal sicher, ob man im Sinne von Werner Herzog Kinski noch dazwischenschieben sollte. Wohl eher nicht.

     

    Herzog sollte übrigens mal eine Dokumentation darüber machen. Mit grossen, verfressenen Bären hatte er doch schon mal was zu tun, wie ich mich dunkel erinnere.

     

    Ist aber twas kleinkariert, auf Depardieus Leibesfülle abzustellen und ihn zudem in der Überschrift als Obelix-Darsteller zu charakterisieren. Depardieu ist ein Solitär unter den Schauspielern, ein einsamer Gigant.

     

    Und selbst sein Obelix ist ein feines Meisterwerk des burlesken Humors. Ich habe alle Asterix-Filme nur deshalb geguckt, weil er dabei war. Eine ganze Vorlesungsreihe an einer Filmhochschule könnte nur seine Interpretation des Obelix zum Thema haben. Das, was Depardieu macht, ist nirgendwo zu erlernen. Ein Jahrhundertgenie.

     

    Egal. Obwohl ich froh war, dass Hollande gewählt wurde, finde ich diese Abgabe in dieser Höhe absurd. Depardieu hat ja nichts anderes gemacht, als diese Absurdität auf die Spitze zu treiben.

     

    Auch egal. Und wenn Depardieu nur im Flugzeug in eine Flasche pinkelt: hier sind Leute, die froh sind, wenigstens auf die Art mal wieder etwas von ihm zu hören. Gut, dass er noch da ist, in dieser Welt, der die Typen ausgehen, in der nur noch Leute zu sehen sind, keine Menschen mehr.

     

    Im Lichte des grossen Depardieu wird sogar der ewig unvermeidliche Bürokrat Putin ein klein wenig zu glänzen beginnen. So what? Vielleicht entspannt den das etwas.

  • O
    Oberlix

    @ Russe, Entschuldigung die von Ihnen aufgeführten, kulturell herausragenden, Persönlichkeiten sind wenigstens hundert Jahre Tot.

    ABER der Respekt für eine Nation geht einher mit der humanitären Leistung einer Regierung, deren Toleranz und demokratischer Ausrichtung. Sorry, ein solches Land interessiert mich so wenig wie die USA - und die hatten immerhin Siegfried und Roy ...

     

    Depardieu ist nur einer von vielen Reichen, die sich der Verantwortung entziehen. Wir einfachen Arbeiter können keine Steuern sparen. Wir werden, unterbezahlt, ein Alter in Armut erleben, Dank Merkel zu Tode gespart, für unsere Banken, Industrien und Reichen Flüchtlinge ...

  • I
    ion

    "Natürlich wird Depardieu nicht nach Moskau umziehen."

     

    ¿?

     

    Was dann‽ Müsste er dann nicht aus F, der EU ausgewiesen werden(‽), schließlich hat er ja wohl die russische Staatsbürgerschaft, den Putte-Pass angenommen, oder-oder‽

    Die (seit Jahren) laufenden Verhandlungen über Visaerleichterungen betreffs Einreise von Russen in EU-Staaten sind konsequent zu überdenken und auf keinen Fall wäre, wie von Putte immer wieder verlangt, letztlich die gegenseitige Visumfreiheit einzuführen; Insbesondere nicht für EU-Steuerflüchtlinge!

    Cf: [http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/RegionaleSchwerpunkte/Russland/Russland-und-EU_node.html]

  • KK
    Karl K

    @04.01.2013 17:10 UHR

    von Russe schon tot:

    Heute Nacht um 1/2 1 im BR: Jaques Mesrine - Der Todestrieb

     

    Da sachste was Alter; danke für den Tip.

    Und bei BR - kaum zu glauben;

    na gut - zur Gespensterstunde!

    (" der kleine Mann muß schlafen" - Wolfgang Neuss)

  • T
    topal

    verstehe den Artikel nicht - was sollte man denn gegen Russland haben?

     

    ... es sei denn, man wäre der Gehirnwaschung durch die westliche Mainstreampresse (zu der die TAZ bereits länger gehört) erlegen.

     

    Die Dämonisierung Putins und Assads durch die westlichen Medien wird später rückblickend... ach, was solls....

  • RS
    Russe schon tot

    Heute Nacht um 1/2 1 im BR: Jaques Mesrine - Der Todestrieb

  • RK
    Rüdiger Kalupner

    Jetzt ist die Frage noch offen: Wer kommt zu Obelix/Depardieu und Alterix/Putin noch als Miraculix/NN ins Spiel - und wann?

     

    Denn offensichtlich ist doch, dass irgendjemand einen Zaubertrank erfunden und verabreicht hat, dem der Gallier und der Russe so viel Schauspieler- und Politiker-Erfolg verdanken.

     

    Im Hintergrund muß es doch irgendeinen KREATIVEN Zaubertrank-Mixer als Dritten im Bunde geben. Das kann doch noch nicht das Ende von Depardieus Steuervermeidungs- und Putins Steuerflatrate-Schauspiel sein. Frankreich und die EUro-Staaten stecken in einer Absturzkrise. Was drängt da in die Wirklichkeit?

     

    Die Französische Revolution war das Ergebnis eines steuersystem-revolutionären Rettungsversuches aus dem Staatsbankrott. Die Gorbatschowsche Perestroika/Revolution-von-Oben gelang auch nur vor dem Hintergrund eines Systembankrotts. Die EURO-Krise ist durch drohende Staatsbankrott-Gefahren aktuell geworden. Die Analogie hat geschichtliches Gewicht. Wir können sicher sein, die hegelsche List der Geschichte hat da noch was im Ärmel. Das Schauspiel drängt auf Fortsetzung. Der Schreiber ist Unternehmensberater in Sachen Epochenwechsel, der schon Wladimir Putin beraten hat .... Da kommt noch was.

  • S
    Stefan

    So, wie ich das verstanden habe, sollte er doch nur für den Teil seines jährlichen Einkommens, der eine Million Euro übersteigt, 75 Prozent Steuern zahlen - nicht etwa für sein gesamtes Einkommen.

     

    Das war zumindest der Plan von Hollande, den die angeblich ja so unabhängigen Gerichte jetzt aber erstmal auf Eis gelegt haben.

     

    Ich frag mich jedenfalls wirklich, wo denn da nur das Problem sein soll?

     

    Das letzte Hemd hat immer noch keine Taschen und wird auch keine kriegen. Niemand von uns kann mal was mitnehmen, garnichts.

     

    Und ich mein, allein sein Schloss in Paris ist schon gute 50 Millionen Euro wert, seine Restaurants, seine Weinberge sprudeln Tag für Tag Unmengen von neuem Geld auf sein sicher nicht gerade kleines Konto. - Reichtum, geschaffen von 80 Leuten, die sich über die geplante Reichensteuer bestimmt keine Sorgen machen müssen.

     

    Wozu also dieses unwürdige - und tatsächlich am Ende auch "erbärmliche" - Theater?

     

    Er hat zusammengerechnet, was er in den letzten 20 Jahren an Steuern in Frankreich gezahlt hat, 140 Millionen oder so kam dabei raus.

     

    Aber nirgendwo stand, wieviel er in den letzten 20 Jahren verdient hat, egal, ob nun vor oder nach Steuern.

     

    Das nämlich, dürfte mindestens das Doppelte sein.

     

    Und ich frage mich nochmal: Wozu?

     

    Wenn du einmal stirbst, werden andere sich das Geld holen und zwar alles, restlos.

     

    Was aber hast du dann davon?

  • WR
    Weiße Rose

    Erst mal abwarten, was im eigenen Land passiert, sollte hier je Steuergerechtigkeit Einzug erhalten!

    Allerdings stecken bei uns alle etablierten Parteien - vielleicht bis auf die Linke - unter einer Decke und werden die Privilegien der übersatten Oberschicht mit allen Mitteln verteidigen.

    Wenn man das Verhältnis Putin - Ex-Kanzler Gas Gerd bei Licht betrachtet, dann stinkt auch bei uns der Fisch vom Kopfe her!

  • R
    Russe

    Russland hat mit Tolstoj, Pushkin, Dostojewski, Tschaikowsky, Glinka oder Mussorgski o.a. so viel zur Kultur beigetragen wie kaum ein anderes Land der Welt. Es ist ein faszinierendes Land. Andererseits hat es wie alle anderen Großmächte Schattenseiten in seiner Geschichte. Gründe das Land und seine Bewohner zu lieben, gibt es dennoch genug und es ist absurd eine Aussage wie "Ich liebe Russland abgöttisch" als etwas lächerliches darzustellen. Der Westen sollte endlich beginnen ein gutes Verhältnis zu diesem Land aufzubauen (welches oft genug unter westlichen Interventionen gelitten hat) und nicht ständig in eindimensionaler russlandfeindlicher Denkweise verharren!

  • SK
    Sabine Knieper

    Schade, dass der Herr vergessen hat wer ihn reich gemacht hat. Dann gucken wir doch einfach mal zukünftig keine Filme mehr mit ihm, obwohl er ein toller Darsteller ist. Ich mache das konsequent, vielleicht machen das eine Menge anderer Leute auch, bitte.