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Kommentar Demoverbot in DresdenAus Rassisten werden Märtyrer

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Die Absage der Pegida am kommenden Montag ist nicht das Ende der Bewegung. Im Gegenteil: So stilisieren sie sich als Helden der Meinungsfreiheit.

Auch dieser Kölner Anhänger der Pegida-Bewegung muss am Montag zu Hause bleiben Bild: reuters

E s ist den Pegida-Organisatoren nicht zu verdenken, wenn sie ihre Demonstration für diesen Montag abgesagt haben. Es ist jedem selbst überlassen, welche Konsequenzen er oder sie aus den kursierenden Terrordrohungen zieht.

Es gibt deshalb weder einen Grund, den Dresdner Freunden des Ressentiments Hasenfüßigkeit vorzuwerfen, noch besteht Anlass, sich voller Freude auf die Schenkel zu schlagen, weil die Versammlung ausfällt. Häme war noch nie ein guter politischer Ratgeber.

Es ist nämlich so: Die Absage dürfte keinesfalls das Ende dieser seltsamen Bewegung sein. Vielmehr können sich die Pegida-Organisatoren nun als Märtyrer der Meinungsfreiheit stilisieren, die von islamistischen Terroristen dazu gezwungen worden sind, das Recht auf eine freie Demonstration aufzugeben. Wer immer der Urheber der Bedrohung ist – er oder sie hat den Gegnern einer bunten Republik einen großen Gefallen getan.

Ob das Verbot aller Demonstrationen in Dresden durch die Polizei, das der Absage folgte, berechtigt ist oder nicht, das kann kein Kommentator beantworten. Das wissen nur diejenigen, die es ausgesprochen haben, denn nur sie verfügen über die Informationen, wie konkret die Bedrohung ist. Immerhin bleibt anzumerken, dass wegen der Terrorwarnungen bis dato weder ein Bahnhof gesperrt worden ist noch eine Bundestagsdebatte ausfallen musste oder eine Zeitung nicht erscheinen konnte.

Ebenso erfreulich ist es, dass die Bundesregierung bislang darauf verzichtet hatte, mithilfe von Terrordrohungen eine Politik der Angst voranzutreiben. Das Demonstrationsverbot aber ist nicht nur solch eine Politik, sondern auch ein Eingriff in Grundrechte, für die es sehr gute Gründe geben muss. Deshalb ist es mehr als angebracht, die Gründe dafür der Öffentlichkeit vorzulegen.

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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27 Kommentare

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  • Ob das wohl ermittelt wird, wer da mit Terror gedroht hat?

  • Soweit mir bekannt ist, wurde die Demonstration wegen der Terrorgefahr verboten und nicht freiwillig "abgesagt". Das ist eine sehr beunruhigende Entwicklung und ein Sieg derjenigen, die gegen die Meinungsfreiheit sind. Ich teile nicht die Ansichten der Pegida, aber wenn deren Kundgebungen Ziel terroristischer Anschläge werden sollen und sich der Staat nicht anders zu helfen weiß, als eine Kundgebung zu verbieten, dann hat das Ende der Demokratie begonnen. Denn nunmehr kann jede Kundgebung - egal um was es dabei geht - mit dem Hinweis auf Terrorgefahr verboten/abgesagt werden.

    • @Paturuzu:

      Es wäre auf jeden Fall ein geschicktes Manöver des Staates, um den Demonstrationen das Momentum zu nehmen.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Aber was wird in der Zukunft geschehen? Die Dresdner Polizei kann diese Pegida-Werbemaßnahmen nicht in jeder Woche wiederholen, da würde sich doch ernsthafter Widerstand regen. Hoffentlich.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @1714 (Profil gelöscht):

      Leider wird's so kommen; praktisch: die Demos sind vorbei, man kann an Montagen die Innenstadt wieder nutzen. Und gleichzeitig kann man politisch durchdrücken, was die Pegida-Faschisten gefordert haben.

       

      It's all 1992 again... nur wurde das Grundrecht auf Asyl eben damals wegen brennender Asylbewerberheime abgeschafft, heute reicht eine "Terrordrohung" gegen Faschos als Vorwand aus. Wie immer wird man letzten Endes den Angreifern zustimmen - da die Regierungsparteien in Deutschland eben allesamt mehr Interesse an Machterhalt als an demokratischen Prozessen haben.

  • @Rolli

    Der Gedanke kam mir auch, allerdings

    kann man das nicht beweisen und wird es auch nicht können.

    So muss man es halt als Realität hin nehmen

  • Wieso werden eigentlich auch die Gegendemonstrationen verboten? Wenn das Ziel Hr. Bachmann ist, sind diese doch nicht gefährdet. Und warum gibt man Hr. B. nicht einfach Personenschutz? Das Ganze wirkt auf mich wie eine Werbeshow für Pegida.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @warum_denkt_keiner_nach?:

      Ich werde das Gefühl nicht los, eine Polizei, die NSU-Morde und den Mord an Khaled Bahray vertuschen und gutheißen kann... verbietet eine Demonstration nicht zufällig. Terrordrohung - das klingt alles einfach zu logisch. Und wird diese Pegida-Faschos zu Märtyrern machen, wenn sie nicht nächste Woche wieder marschieren dürfen. Das ist das Problem - und im schlimmsten Fall sogar auch von der Polizei so gewünscht: es ist Ruhe auf den Straßen und gleichzeitig stellt sich bei den schlichteren Gemütern das Gefühl ein, Pegida seien die Opfer.

      • @970 (Profil gelöscht):

        Es ist ein Skandal, dass die Dresdener Polizei im Fall Khaled Bahray solches Desinteresse gezeigt hat. Er war ja "nur" ein Asylbewerber. Allerdings sollte man vorsichtig sein, was die vorzeitige "Identifizierung" der Täter angeht. Da gibt es viele Möglichkeiten. Und sollte sich herausstellen, dass der/die Täter(in) nicht von rechts kommt, wäre das nur Wasser auf die Mühlen von Pegida.

  • Mit der polizeilichen Begründung - irgendein idiotischer tweet - kann man jede Demonstration und gleich auch die Gegendemonstration verbieten. Damit sind wir da angekommen, wo wir Kritiker der Notstandsgesetze uns eigentlich nicht haben wollten. Die Parlamentsopposition strickt schon mal Ergebenheitsadressen und bettelt darum, dass der Präventionsstaat, der ein Polizeistaat ist, nicht allzu häufig von seinen Mitteln Gebrauch mache. Was hielte man denn davon, wenn man sich einfach nicht an das generelle Demoverbot hielte?

  • Nunja, wir stehen am Rande des Abgrunds kann man denken:

    Demonstrationsverbot wegen Anschlagsdrohung gegen die Veranstalter, Ausreiseverbot und Personalausweisentzug wegen Radikalenverdachts, flächendeckende Volksüberwachung wegen vermuteten Terrors im Volk.

    In 5 bis 10 Jahren wird unsere liberale Gesellschaft demontiert worden sein und eine ungeheure Gesinnungsschnüffelei unser Leben verpesten, wenn das so weiter geht.

  • Hier eine aktuelle PM des Bündnisses "Dresden für Alle":

     

    "„Wir bedauern die Verschärfung der Sicherheitslage in Dresden. Wie mir der Polizeipräsident Dresden, Dieter Kroll, glaubhaft versicherte, ist das Gefahrenpotenzial in Dresden so hoch, dass nicht mehr für die Sicherheit der Menschen, die sich am Montag auf die Straßen begeben würden, garantiert werden kann. Diesen Hinweis nehmen wir sehr ernst und handeln.“, so Eric Hattke, Pressesprecher des Bündnisses „Dresden für Alle“."

     

    https://www.facebook.com/pages/Dresden-f%C3%BCr-alle/1568930816673620

  • "Die Absage dürfte keinesfalls das Ende dieser seltsamen Bewegung sein. Vielmehr können sich die Pegida-Organisatoren nun als Märtyrer der Meinungsfreiheit stilisieren, die von islamistischen Terroristen dazu gezwungen worden sind, das Recht auf eine freie Demonstration aufzugeben."

     

    Ja, das war auch mein erster Gedanke! Bitte nicht diese Typen als Märtyrer in die Geschichte eingehen lassen!!! Vor allem kann der Tod dieser wirklich noch schlimmeres auslösen...

     

    Am günstigsten und sichersten wäre für L. Bachmann jetzt vermutlich, wenn er seine Bewährungszeit gleich im Knast verbringen würde. Da kommt er ja wegen seiner Unterhaltsschulden vielleicht ja sowieso bald rein :-)

  • Enddarm? Wie das? Hat 'Pegida' jetzt ausgeschissen?!

  • Wie wäre es denn, wenn die TAZ auch einmal das, was in mittlerweile zahlreichen Watch- und Recherchegruppen in sozialen Netzwerken zu den Verbindungen der Mahnwachen und Pegida-Bewegung untereinander (als neueste Entwicklung etwa auch "Pegada", "Endgame") wie auch deren beider Einbindung in prorussische Propagandastrategien erarbeiten, auch wirklich aufgreift bzw. sich zumindest damit auseinandersetzt, statt vage von "Phänomenen" zu sprechen? Immerhin sind diese "Phänomene" ja hinsichtlich des - zumindest von mir gewünschten - Fortbestandes einer offenen, demokratischen Gesellschaftsordnung nicht ganz harmlos. Gerne auch (u.a. damit hier nicht die in diesen Tagen gerne bemühte "selbst VTler"-Retourkutsche kommt) in Rückgriff auf Studien zu den "Rhizom"-Strategien der Neuen Rechten, die eben gerade nicht auf zentralistische Strukturen sondern fließende Allianzen und Win-Win-Situationen setzen?

  • Hurra, mit Volldampf in die Meinungsdiktatur.

    Man muß PEGIDA nicht mögen, aber immerhin nehmen diese Menschen ein Grundrecht in Anspruch. Verbieten wir diesmal die Demo in Dresden, werden in den kommenden Zeiten auch keine Karikaturen mehr gedruckt, keine kritischen Kommentare mehr geschrieben, kein gar nichts. Alle sitzen zu Haus an Ihren Laptops und unterschreiben online-Petitionen.

    Eine wehrhafte Demokratie muß auch für Ihre Werte kämpfen, zu jedem Kampf gehört es auch, Opfer zu bringen.

  • Hier der Link zum Downloaden von

     

    "Die Allgemeinverfügung der Polizei Dresden zum Versammlungsverbot am 19.01.2015"

     

    http://www.mdr.de/sachsen/dresden/anordnung-polizei-dresden100.html

  • Die TAZ kann es ruhig scheiben, es geht um Bachmann.

     

    Wikipedia: Bachmann ist durch die Begehung von zahlreichen, unterschiedlichen Straftaten (u.a. Körperverletzung, Einbruch und Diebstahl) mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten und wurde unter anderem 1998 zu drei Jahren und 8 Monaten Haft verurteilt. (angeblich (!) verdient Bachmann jetzt sein Geld im Rotlichtmilieu, gibt der Bildzeitung Interviews, ...- erinnert doch an den Sachsensumpf)

     

    Junge Welt: Polizeipräsident Dieter Kroll erklärte: »Wir gehen in der Bewertung der aktuellen Lage nicht mehr nur von einer abstrakten Gefahr, sondern von einer konkreten aus. Konkret in Bezug auf eine gefährdete Person, deren Umfeld sowie daran gebunden Ort und Zeit. Konkret heißt auch: Es geht um ein Mitglied des Orgateams von Pegida und die Versammlungen für den 19. Januar 2015.«

     

    Die Polizeidirektion Dresden, die 30 Stunden braucht, um herauszufinden, dass ein junger Asylant durch mehrere Messerstiche ermordet wurde, hat also konkrete Hinweise?

     

    Wie wär's, wenn Herr Bachmann einfach zu Hause bleibt?

     

    Kaum zu glauben, dass jemand, der so einen Schwachsinn erzählt, noch eine Publikum findet:

     

    Wikipedia: Auf den Demonstrationen sprach Bachmann von „kriminellen Asylanten“ und von armen Rentnern, die in unbeheizten Wohnungen säßen und sich „kein Stück Stollen“ mehr leisten könnten, während „Asylbewerber in luxuriös ausgestatteten Unterkünften lebten“.

     

    Wer hat denn diesen Hetzer auf die Menschen losgelassen? Einer der Asylbewerber aus den luxuriös ausgestatteten Unterkünften wurde vor einigen Tagen ermordet. Aber den scheint Herr Bachmann wohl übersehen zu haben, oder?

     

    Bei seinem Vorstrafenregister und der Hetzerei war es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis er Drohungen bekommt.

     

    Junge Welt: Schon kurz vor dem allgemeinen Demonstrationsverbot hatte »Pegida« den morgigen Aufmarsch abgesagt, so dass die »Allgemeinverfügung« real vor allem die Gegenaktionen trifft.

  • naja,eine Demonstration wegen anonymer Hinweise zu untersagen ist doch schon sehr seltsam.Dies wirkt ja eher so,dass der Staat sich den kleinsten Bedrohungen beugt und unsere Sicherheit in diesem Lande nicht mehr gewährleisten kann.Viele werden auch denken,dass dieser Hinweis vorgeschoben wurde,um sich auf diese Art unliebsamen Demonstrationen zu entledigen.Für unsere Demokratie,unsere Meinungsfreiheit,die ja vehement verteidigt werden soll,lt. unseren Politeliten ein schwarzer Tag.So hat man ungewollt einer dubiosen Bewegung Recht gegeben mit ihren Thesen.Jeder wird sich die Frage stellen:Warum wurde bisher jede Veranstaltung in Deutschland trotz größter Sicherheitsbedenken durchgeführt,weil man da die Sicherheitsvorkehrungen stets verstärkte und dies gerade nun bei der Pegida-Demo nicht möglich sein will.Hier werden wohl viele Menschen den Behörden und staatlichen Institutionen eine gewisse Steuerung vorwerfen und leider sieht es auch so aus!

  • Jetzt wo die Rassiten von der Straße sind könnte man doch mal eine saubere antiReligionsdemo mache.

    • @AufklärungstattIgnoranz:

      a) sind die leider nicht "von der Straße", eher gehen sie jetzt unkontrolliert durch die Straßen und treiben da ggf. weiter ihr Unheil

       

      b) eine "antiReligionsdemo" braucht es in Dresden sicher nicht, hier gehören nicht viele Menschen einer Religion an (sie wollen einfach nur weiter ihr komerzielles "Weihnachten" feiern und neben christlichen Kirchen keine Moscheen in der Stadt haben)

       

      Ansonsten ist es sicher unabhängig von PEDIGA mal nötig über das Verhältnis des Deutsches Staates und Religion nachzudenken. Vor allem über die Finanzierung der Kirchen durch den Staat und damit durch ALLE BügerInnen, z.B. auch den muslimischen und nichtkonfessionellen.

  • Die Moderation: Kommentar entfernt, bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    • @Flujo:

      .... und die gesamtdeutschen Stammtisch-Furzer würden mit ihren einfachen Lösungen das Dschungelcamp- Team hervorragend ergänzen.

    • @Flujo:

      Das Verbot oder die Absage des Pegida-Umzuges ist ein Einknicken gegenüber der nicht beherrschbaren Terrorgefahr!

      • @Rolli:

        Oder eine Werbeaktion in Absprache mit der Dresdner Polizei.

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Die eheste Wahrscheinlichkeit.