Kommentar Demokratisierung: Der ägyptische Patient
Die Nachfolge von Hosni Mubarak ist ungeklärt. Modernisierer werden kaum eine Chance haben: das Regime würde sich selbst wegreformieren.
A ls Hosni Mubarak 1981 sein Amt antrat, da saß in Bonn noch Helmut Schmidt im Kanzleramt. Fast drei Jahrzehnte regiert der Pharao seitdem am Nil. Nun liegt der 81-Jährige in Heidelberg im Krankenhaus - und ganz Ägypten hält den Atem an.
Ob Mubarak aus gesundheitlichen Gründen abtritt oder im Amt stirbt - seine Nachfolge ist völlig ungeklärt. Nur eines ist sicher: Die Ägypter, von denen die meisten in Mubaraks Amtsjahren geboren wurden, werden nicht ernsthaft gefragt, wessen Untertan sie als Nächstes sein wollen. Im Gespräch ist derzeit vor allem Mubaraks Sohn Gamal: Dann wäre Ägypten, neben der Assad-Dynastie in Syrien, offiziell der zweite republikanische Familienbetrieb der arabischen Welt; auch in Libyen bereitet sich das Land bereits psychologisch auf den Gaddafi-Sprössling Seif vor.
Auch wenn mancher Präsidentensohn gern das Wort "Reform" auf den Lippen trägt und sich als Modernisierer präsentiert, die arabische Welt scheint reformresistent. Am Ende gilt stets der Grundsatz, dass arabische Regime keine politischen Reformen zulassen, weil sie sich damit letztlich selbst wegreformieren müssten. Und Europa scheint es einerlei, solange die arabischen autokratischen Nachbarn nur den Ölfluss, eine friedliche Haltung gegenüber Israel und ein Minimum an Stabilität garantieren.
Das ist extrem kurzsichtig, ist Europa mit der Misere im südlichen und östlichen Mittelmeer doch eng verbunden. Die stagnierende Region verfrachtet ihre Flüchtlinge und Migranten auf der Suche nach einem besseren Leben zu tausenden übers Mittelmeer. Manchmal schickt sie auch wütende, frustrierte junge Männer als heilige Krieger vorbei. Und in besonderen Fällen sendet sie eben einen kranken Herrscher nach Heidelberg, damit er dort von den Leiden seiner langen Amtszeit genesen kann.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!