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Kommentar DemoauflösungDer schillianische Spuk

Kommentar von Kai von Appen

SPD-Innensenator Michael Neumann sollte sich überlegen, ob er dieser Entwicklung beziehungsweise Fortentwicklung tatenlos zusieht.

E s ist schon makaber, wenn nicht sogar für die vermeintlich demokratischen Verhältnisse traurig: Im Vorfeld der Demonstration für den Erhalt des Wilhelmsburger Bauwagenplatzes Zomia gab es in der linken Szene einen regelrechten Wetteifer, wie weit die Polizeiführung - die die Demoroute durch die City nach den letzten Gerichts-Rüffeln formell überraschend ohne Beanstandungen absegnete - die Demonstration tatsächlich laufen lassen würde.

Gäbe es eine linke Wettmafia, wäre die Wettquote für den Außenseitertipp "bis zum geplanten Ende" die absolute Gewinnquote gewesen. Doch dafür hätte man die Alt-Schillianer in der Polizeiführung wohl kräftig bestechen müssen.

Das aber war nicht der Fall: Getreu der autonomen Devise - der Kampf wird auf der Straße ausgetragen - zog die Polizei in der Realität wieder ihren Stiefel durch. Kein lästiger Verwaltungsrichter, der einem in die Suppe spuckt und Auflagen erteilt, ist vorher involviert gewesen. Kein beschränkendes Urteil lag da auf dem Tisch, was den Handlungsspielraum eingeschränkt hätte.

Und so haben erneut die Polizeiführer vor Ort entschieden, wer im Shopping-Trubel in der Innenstadt demonstrieren darf - oder eben nicht. Damit knüpft die Polizei unter SPD-Regentschaft nahtlos an ihr Treiben aus der Schwarz-Schill-Ära und den CDU-Regierungen an.

SPD-Innensenator Michael Neumann sollte sich überlegen, ob er dieser Entwicklung beziehungsweise Fortentwicklung tatenlos zusieht und sich so für seine Nachfahren frühzeitig einen sicheren Platz im "Demorecht mit Füßen-Treter-Wachsfiguren Kabinett" sichert - oder energisch einschreitet.

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Hamburg-Redakteur
Jahrgang 1956, Seit 1983 bei der taz – zuerst bei der taz.hamburg und jetzt bei der taz.nord in Hamburg. Ressorts: Polizei, Justiz, Betrieb und Gewerkschaft. Schwerpunkte: Repression, progressive Bewegungen und Widerstand gegen Gentrifizierung
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3 Kommentare

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  • A
    Augenzeuge

    Das Feuer, das im gefühlten dreistündigem Kessel gelegt wurde, wurde von Zivilpolizisten gelegt, um - denk ich mal - den Wasserwerfer näherkommen zu lassen.

  • D
    Demokrat

    Einfach eine Volksabstimmung starten, das Volk soll entscheiden ob der Bauwagenplatz geräumt werden soll oder nicht, alles andere wäre antidemokratisch!

  • D
    Demonstierende

    Der Kommentar deckt sich absolut mit meiner Wahrnehmung der Ereignisse. Kaum Auflagen im Vorfeld, dann aber massivste Einschränkungen, Schikanen und Provokationen während der Demonstration. Es gibt einfach zu viele Details die für eine geplante Eskalation und folgende Auflösung der Demo sprechen. Dies ist um so schlimmer als es das berechtigte Anliegen der Bauwagenbewohner nach einem sicheren Zuhause in der öffentlichen Wahrnehmung zu diskreditieren droht.

    Vor dem Gängeviertel prügelte sich ein BFE-Zug ohne ersichtlichen Anlass in die gekesselte Menge, Menschen die zur Toilete mussten wurden am Verlassen der Demo gehindert und es wurde offenbar gezielt gegen Ordner vorgegangen. Die Demo abzubrechen war da nur konsequent, wie bitte soll eine Meinung an die Öffentlichkeit herangetragen werden, wenn die die sie vertreten hinter einem mehrreihigen Polizeispalier eingesperrt sind und damit von vornherein als gefährlich und illegitim gelabelt werden? Man stelle sich nur mal vor andere demokratische Grundrechte (zB Wahlen) würden in ähnlich drastischer Weise durch Polizei/Staat eingeschränkt und behindert.