Kommentar Dashcams in Rettungswagen: Sensibilisieren reicht nicht
NRW testet Kameras in Streifenwagen, um Autofahrer, die im Stau keine Rettungsgasse bilden, zu überführen. Hamburg sollte nachziehen.
I n einem Stau, in dem die Rettungsgasse reibungslos geklappt hat, stand ich noch nie. Immer gibt es, ein paar Autos weiter, Spinner, die auf dem Mittelstreifen nach ganz links an die Linie fahren. Mal, gucken, ob man was vom Unfall sieht. Ist ja auch ziemlich langweilig im Stau.
Ich glaube nicht daran, dass diese AutofahrerInnen vergessen, dass man eine Rettungsgasse bilden soll. Überall an der Autobahn hängen Plakate, im Radio gibt es Durchsagen während der Staumeldungen, und dann sind da noch die Autos vor einem, die brav rechts ran fahren und an denen man sich ein Beispiel nehmen könnte. Machen die FahrerInnen aber nicht. Es ist ihnen egal.
Damit sind diese BlockiererInnen in ihren SUVs und Familienkutschen nicht besser als die GafferInnen, die sich vor Ort Feuerwehrleuten in den Weg stellen oder vielleicht sogar eine Schlägerei anfangen, weil sie hinter der Absperrung nicht so schön die Verletzten sehen können. Das Ergebnis ist das gleiche: Rettungskräfte verlieren Zeit.
Dass die Strafen für Rettungsgassenverweigerer erhöht wurden, ist richtig – genau wie das Pilotprojekt in NRW. Ein Jahr lang werden dort bei der Autobahnpolizei Dashcams getestet. Sie filmen nicht die ganze Zeit, sondern nur, wenn der Streifenwagen von einem Fahrzeug im Stau blockiert wird. Es ist wichtig, bei einem solchen Projekt den Datenschutz im Blick zu haben. Gleichzeitig muss die Polizei aber auch anfangen, die BlockiererInnen stärker zu verfolgen. Sensibilisierung allein scheint offensichtlich nichts zu nützen.
Kameras auch für Rettungswagen
Die CDU fordert, ein solches Pilotprojekt auch in Hamburg zu starten. Unabhängig davon, dass Streifenwagen dort bereits überwiegend mit Dashcams ausgestattet sind, ist das sinnvoll. Zum einen wären die Polizisten dafür sensibilisiert, Rettungsgassenverstöße mit der vorhandenen Technik zu ahnden. Daran denken, die Kamera einzuschalten müssen die Beamten nämlich selbst. Zum anderen könnten Hamburg und andere Bundesländer das Pilotprojekt vielleicht sogar erweitern.
Denn Rettungswagen und Feuerwehrfahrzeuge stehen vor den gleichen Problemen. Auch sie könnten, zumindest in Fahrzeugen, die häufig auf Autobahnen eingesetzt werden, testweise mit Kameras ausgestattet werden. Die Daten müssten sie dann, wenn es zu schweren Behinderungen kommt, an die Polizei weiter geben.
Auf diejenigen, die im Stau die Rettungsgasse ignorieren, könnten die Dashcams abschreckend wirken. Im Zweifel fahren sie zumindest an die Seite, wenn sie in der Ferne die Sirenen hören. Diese Aussicht wäre den Versuch schon wert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel