piwik no script img

Kommentar DFB-AffäreDie Krankheit der grauen Männer

Kommentar von Markus Völker

Der DFB galt als respektabel. Nun ermittelt der Staatsanwalt wegen der fragwürdigen 6,7 Millionen. Die Razzien geben ein klares Signal.

Ermittler transportieren beschlagnahmte Unterlagen ab Foto: dpa

N och vor einem Monat galt der DFB in breiten Teilen der Öffentlichkeit als durchaus reputierlicher Verband. Da gab es zwar immer wieder Fußballfans, die in den Stadien „Fußball-Mafia DFB“ schrien, und auch ein paar Sportjournalisten, die den größten Sportverband der Welt für eine Brutstätte übler Machenschaften hielten, aber der große Rest war sich doch darüber einig, dass die Fußballverwaltung in Frankfurt am Main irgendwie okay sei. Hatten die grauen Männer nicht das Sommermärchen organisiert? Ist der deutsche Fußball nicht eh der beste der Welt?

Einer aus der Riege der grauen Männer, Wolfgang Niersbach, seines Zeichens DFB-Präsident, sollte sogar ganz groß Karriere machen und mit seinem Kumpel Michel Platini den korrupten Weltfußball retten. Aber die Herren sind längst keine Hoffnungsträger mehr, weil auch sie, wie man nun weiß, vom Fifa-Bazillus befallen sind.

Es ist eine Infektion, die anscheinend alle Fußballverwalter dieser Welt befallen hat. Die Ansteckungsgefahr war immens hoch. Die Symptome sind leicht benannt: Man eröffnet, als folge man einem inneren Drang, Schwarzgeldkonten und transferiert Summen hin und her; man erkauft sich große Sportevents durch gewisse Kniffe und Gefälligkeiten.

Es gehört zu den Kunststücken der deutschen Fußballgrößen um Günter Netzer, Franz Beckenbauer und Wolfgang Niersbach, dass sie die Krankheit des Verbandes DFB so lange bemänteln konnten. Doch nun ist nicht nur eine fragwürdige Zahlung über 6,7 Millionen Euro belegt, jetzt ermittelt auch die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

Anscheinend sind derzeit alle Fußballverwalter dieser Welt vom Fifa-Bazillus befallen

Niersbach und Expräsident Theo Zwanziger mussten den Ermittlern sogar die Türen zu ihren Privatwohnungen öffnen. Insgesamt waren 50 Beamte im Einsatz. Das Signal ist klar: Der Staat möchte zumindest den Eindruck erwecken, mit aller Härte gegen Funktionäre vorzugehen. Wohin das möglicherweise führen kann, hat der Fall Uli Hoeneß gezeigt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Letztlich ist zu befürchten, das der Mehrheit im Land das alles egal ist. 'Hauptsache wir hatten die WM' 'Das machen doch alle so'. Diese Denkweise findet sich ähnlich beim VW-Skandal. Da entblöden sich Mitarbeiter, indem sie sich hinter 'ihre' Firma stellen. Einfach nur arm. Wäre das alles in Griechenland passiert, bei uns würde der Volkssturm jede Hellas-Taverne belagern. Die aktuellen Skandale und die ausbleibende Entrüstung in der 'Belegschaft Deutschland' zeigen, dass die Gesellschaft in ihrer Mehrheit längst innerlich korrumpiert ist. Legal ist, was dem Erfolg dient....

  • Dass "der Staat […] zumindest den Eindruck erwecken [möchte], mit aller Härte gegen Funktionäre vorzugehen", ist verständlich. Wer laut "Haltet den Dieb!" schreit, hat gute Chancen, im daraufhin fast immer ausbrechenden allgemeinen Aktionismus die "eigenen" Schäfchen noch rasch unbemerkt ins Trockne bringen zu können.

     

    In der Tat: Die Ansteckungsgefahr war und ist erheblich. Weswegen nicht bloß "alle Fußballverwalter dieser Welt befallen" zu sein scheinen vom "Fifa-Bazillus", sondern sämtliche Institutionen, in denen was zu holen ist, sei es nun Geld, Ruhm oder Einfluss. Die Betroffenen sind keineswegs nur "graue Männer", sondern Menschen beiderlei Geschlechts und beinah jeder Altersgruppe. Leute, die alle eins gemeinsam haben: Ein ausgesprochen schwaches Immunsystem.

     

    Ohne die tatkräftige Unterstützung der Rest-Gesellschaft allerdings wäre der Fifa-Bazillus nicht so weit verbreitet. Die Mehrheit aller Menschen liebt Märchen über alles und lässt sich furchtbar gern verzaubern von Taschenspielern aller Art. Besonders dann, wenn etwas von dem Glanz, den "Größen" des medialen Showgeschäfts verbreiten mit Unterstützung der diversen Massenmedien auch auf die Zuschauer abfärbt.

     

    Das Märchen war gekauft? Na und? Was in der "elt ist schon umsonst zu haben? Es war vor allem eines: GEIL. "Das kann uns keiner nehmen. Oooooohoooooohoooooh. Lasst uns die Gläser heben. Oooooohoooooohoooooh", singen Revolverheld. Und alle so: Oooooohoooooohoooooh! Na, also dann: Ein Prost darauf!

  • Ich bin überzeugt, es wird max. Bauernopfer geben. Die Politik in Form von Herrn de Maiziere oder Frau Merkel und unser "Bundesgauck" incl. des zuständigen Beamtenappartaes saßen immer wieder gerne mit auf den "Ehrentribünen" bei den Spielen. Es wurden im Vorfeld dicke Kontakte gepflegt, u.a. wg. Steuerbefreiung oder Steuerbezuschussung durch Länder wie den Bund bei WM wie EM. Für mich findet auch hier der "Staat im Staat" seine Rechtfertigung, der seine Untertanen bespaßt und gleichzeitig anhaltend sediert, um das System der Selbstbedienung der Sachverwalter weiter als demokratisches Prozedere zu legitimieren. Es gibt genug Beispiele solchen Tuns, nicht zuletzt die Bewerbung von Hamburg für die olympischen Spiele, wo ich den Eindruck bekomme, das hier hochglanzpropektiert Milliarden über den Tisch gehen sollen, die weiter das Land verschulden und gleichzeitig den Umstand überdecken, das im Rahmen solcher Ereignisse die Infrastrukturen solcher Städte wie Hamburg aufgehübscht werden sollen, was anscheinend im normalen Politikprozess im Senat nicht darstellbar wie umsetzbar zu sein scheint. Die "Krankheit der grauen Männer" findet in D in allen Kreisen des Establishments Ihre Behandlungsräume.