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Kommentar Contra SeilbahnUnnötige Überfütterung

Gernot Knödler
Kommentar von Gernot Knödler

Für die Aussicht von oben gibt's in Hamburg die Hochhäuser und für das Abenteuer Barkassenfahrten: Eine Gondelbahn ist überflüssig.

A ls die Bürgerschaft vor ein paar Jahren ein Seilbahngesetz verabschieden musste, haben sie alle gelacht: Ein Seilbahngesetz fürs Flachland, kleiner Scherz! Jetzt droht der Spaß ernst und Hamburg aus der Kiste der Event-Kultur beglückt zu werden. Eine Seilbahn soll vom nördlichen Elbufer zu einem 120 Meter hohen Träger hinauf fahren und dann hinab zu den Musical-Theatern auf Steinwerder. So etwas braucht kein Mensch.

Wer das Seilbahn-Projekt propagiert, ignoriert vollkommen, dass es haufenweise Möglichkeiten gibt, Hamburg und speziell den Hafen auf atemberaubende Weise von oben zu betrachten: Die Neueste ist die Bar des Empire Riverside Hotels in der Davidstraße. In Bau sind Teheranis Tanzende Türme am Millerntor und die Elbphilharmonie mit ihrer 37 Meter hohen Plaza.

Hier noch einen drauf zu setzen wäre genauso Quatsch, wie den Hafenfähren Konkurrenz zu machen. Sie sind bei einem Besuch des "König der Löwen"-Musicals ein Teil des Erlebnisses. Zur Internationalen Gartenschau und Bauausstellung 2013 sind zusätzliche Barkassenfahrten den Reiherstieg entlang geplant, ja die Besucher sollen sogar bis zum Bürgerhaus Wilhelmsburg schippern können. Das ist eine Art der Fortbewegung, die zu einer amphibischen Stadt wie Hamburg passt. Dem mit Fahrten in der Luft dem Konkurrenz zu machen würde mehr schaden als nutzen.

Die Seilbahn, gerade weil sie so spektakulär wäre, würde die Wirtschaftlichkeit des Barkassenverkehrs beeinträchtigen. Und sie würde die Hamburg-BesucherInnen überfüttern. Die Touristen wüssten sich vor lauter Angeboten sich kaum noch zu retten. Für den schalen Geschmack, den das hinterließe, lohnt es sich nicht, Grünflächen zu betonieren, die Skyline zuzustellen und am Ende wohl doch wieder städtisches Geld zuzuschießen.

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Gernot Knödler
Hamburg-Redakteur
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2 Kommentare

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  • C
    ContraSeilbahn

    Eine Seilbahn braucht in Hamburg niemand, v.a. nicht für 35-50 Millionen Euro. Zum Hafen gehören Barkassen, keine Gondeln in der Luft. Tolle Ausblicke haben wir von den Landungsbrücken auch so. Wem nützt sie also? Den Betreibern, Touristen, jedoch nicht den Anwohnern, noch mehr Event, noch mehr Kommerzialisierung, noch mehr Verkehr...

  • R
    roi

    ich bin wahl-hamburger und wohne hier sehr gerne.aber manchmal erscheint mir hamburg doch recht provinziell.alleine das hier von überfütterung gesprochen wird.schonmal in berlin-mitte,rom,der innenstadt von barcelona oder gar london gewesen?auch das argument dass die touristen dann nicht mehr die barkassen benutzen würden,erzeugt bei mir eine gefühlsmischung aus fremdscham und mitleid.

    könnte es sogar sein das die barkassen auf der alster, dem tretboot verleih schaden?da lohnt es sich einmal darübernachzudenken...und die tretboote die schwäne verjagen...und die schwäne die fische.. jaja..

    bei der geäusserten sorge das die skyline hamburgs könnte verdeckt werden musste ich ein wenig schmunzeln."welche skyline?" möchte man da fragen.ach ja,verstehe,das was der hamburger halt unter skyline versteht.die paar kirchen womit man höchstens einen touristen aus izehoe anlockt und diese 70 meter wolkenkrätzerchen,die ja nun wiederum(jetzt kommts)die sillouette der kirchen nicht verdecken sollen.in köln war diese argumentation noch nachvollziebar,da steht der kölner dom!(trotzdem wurden 150 meter hochäuser gebaut.)aber in hh?nun ja.urhamburger und ihre liebe zum michel halt.

    dieses ständige pseudo-understatement passt einfach nicht zum größenwahnsinnigen selbstbild mancher hamburger.wie als ob eine olle barkassenfahrt für 15 euro auf der selben route die auch die hvv-fähren fahren(kleiner geheimtipp)nun die jugend dazu bringt nach hamburg zu kommen.oder die elbphilharmonie mit ihren unerschwinglichen preisen und klassischem gedönse, wenn sie den mal fertig ist.nein,ich bin auch kein hipster der mit seiner stadt prahlen muss.

    mir fällt nur immer wieder die diskrepanz zwischen dem hamburger selbstverständnis als metropole und heimliche haupstadt und der wirklichkeit auf.internationale touristen gibt es hier im vergleich zu berlin,münchen oder heidelberg kaum.denn die wollen entweder richtige altstadt(heidelberg,zum teil münchen)oder pulsierendes stadtleben(berlin)haben.von einem überangebot kann also keine rede sein.lange und auschweifende rede,kurzer sinn.ich bin für diese seilbahn da sie zumindest großteils privat finanziert wird und es von daher nicht auf die kosten der bevölkerung ist.zum anderen stelle ich es mir unglaublich aufregend vor,über die elbe zu schweben.au ja!!

    ach so;hamburg is trotzdem ne tolle stadt!!