Kommentar Chinas verbotener Umweltfilm: Smog lässt sich nicht zensieren

Ein Film über Umweltverschmutzung wurde in China mehr als 200 Millionen mal geklickt. Dann schritten die Zensoren ein.

Dicke Luft in Peking: Zweiradfahrer brauchen immer öfter eine Staubmaske Bild: AP

Umweltschutz ist in China Staatsdoktrin. Erst am Freitag versprach Staats- und KP-Chef Xi Jinping beim jährlichen Volkskongress, Umweltverschmutzer „mit harter Hand“ und „ohne Ausnahmen“ zu bestrafen. Trotzdem lässt die chinesische Führung einen Dokumentarfilm über Chinas extreme Luftverschmutzung nach nur wenigen Tagen im Internet blockieren.

Wie passt das zusammen? In der Logik der Kommunistischen Partei sogar sehr gut. Sicherlich wünscht sich auch Xi einen blauen Himmel über Peking. Doch in erster Linie dient für ihn Umweltschutz dem Machterhalt.

Die apokalyptischen Verhältnisse setzen die chinesische Staatsführung bereits seit einiger Zeit unter Druck. Sie packt die Probleme durchaus auch an: Fabriken werden geschlossen, die Zulassung von neuen Autos eingeschränkt. Kein Land investiert derzeit so viel in Solaranlagen und Windräder wie die Volksrepublik.

Doch die chinesische Journalistin Chai Jing beschreibt in ihrem Dokumentarfilm nicht nur die verheerenden Auswirkungen des Smogs auf ihr Kind und die eigene Gesundheit. Sie geht auch den Ursachen auf die Spur: laxe Einhaltung der Umweltschutzvorschriften, korrupte Behörden. Vor allem beschreibt sie die Macht der Energiebranche, der Autokonzerne und der Stahlindustrie.

Nachdem der Film nach nur wenigen Tagen im Netz mehr als 200 Millionen Abrufe zählte, sahen sich die Zensoren dazu bewogen, einzuschreiten. Denn alles, was das Volk in Aufregung versetzen könnte, muss verhindert werden. Den Zensoren sei aber gesagt: Eine Doku lässt sich verbieten. Die Berichte darüber auch.

Wann immer in China aber wieder dichter Nebel aufzieht und die Feinstaubwerte in die Höhe schnellen, werden sich 200 Millionen Menschen an den Film erinnern. Smog lässt sich nicht zensieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

war von 2012 bis 2019 China-Korrespondent der taz in Peking. Nun ist er in der taz-Zentrale für Weltwirtschaft zuständig. 2011 ist sein erstes Buch erschienen: „Der Gewinner der Krise – was der Westen von China lernen kann“, 2014 sein zweites: "Macht und Moderne. Chinas großer Reformer Deng Xiao-ping. Eine Biographie" - beide erschienen im Rotbuch Verlag.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.