Kommentar Causa Holger Burner: Die Kunst der Provokation

Ein Politiker nimmt die Texte aus dem Gangsta-Rap wörtlich und schreit: Skandal! Der Witz beim Rap ist aber, dass da nichts wörtlich zu nehmen ist.

Da ist er wieder, der sogenannte "gewaltverherrlichende Rapper", den die Medien und die Berufspolitiker als Schlagzeilen-Lieferanten so gerne haben. Es gibt viele von ihnen, es gibt sie schon lange und sie haben mit dem Gangsta-Rap sogar ein eigenes Genre begründet. In Deutschland ist Bushido der größte Aufreger gewesen, zusammen mit Lady Bitch Ray - die allerdings mehr mit Porno, als mit Gewalt zu tun hatte.

Der Linkspartei-Kandidat Daniel Schultz alias Holger Burner würde sich selbst nicht als Gangsta-Rapper bezeichnen, denn bei ihm gehts nicht um Bandenkrieg sondern um Klassenkampf. Was Schultz aber vom Gangsta-Rap übernimmt, das sind die Gewaltszenarien in den Texten. Und nun ist das Gleiche passiert wie bei Bushido: Ein Politiker nimmt die Texte wörtlich und schreit: Skandal!

Der Witz beim Rap ist aber, dass da nichts wörtlich zu nehmen ist. Es handelt sich um eine Kunstform, die mit Tabubrüchen spielt und provozieren will. Eine Kunstform, die trotz aller Konkretion und trotz aller Parolen eine Kunstform bleibt.

Dass die rechtskonservative Junge Freiheit und die CDU in Wahlkampfzeiten auf die linksradikalen Raps von Burner einsteigen, ist kein Wunder. Interessant wäre vor der Wahl aber nicht die Frage, was Schultz als Rapper von sich gibt, sonder als Politiker. Darüber wissen wir leider nichts und werden auch nichts erfahren: Auf der politischen Bühne wird Schultz aller Voraussicht auch weiterhin keine Rolle spielen.

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Jahrgang 1973, fing als Kultur-Redakteur der taz in Bremen an und war dann Redakteur für Kultur und Gesellschaft bei der taz nord. Als Fellow im Digital Journalism Fellowship der Hamburg Media School beschäftigte er sich mit der digitalen Transformation des Journalismus und ist derzeit Online-CvD in der Norddeutschland-Redaktion der taz.

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