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Kommentar CastortransportGute Gründe für Protest

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Mit der Aufkündigung des Atomkonsenses hat Schwarz-Gelb dafür gesorgt, dass sich die Menge an Atommüll um mehr als ein Drittel erhöht. Die Proteste dagegen sind richtig.

W enn an diesem Wochenende wieder Zehntausende gegen den Castortransport nach Gorleben auf die Straße gehen, wird es vonseiten der Atomkraftbefürworter die üblichen Sprüche geben: Durch Proteste wird der Atommüll auch nicht weniger. Irgendwo muss das Zeug doch hin. Als die Grünen den Umweltminister stellten, haben sie die gleichen Transporte verteidigt, gegen die sie heute demonstrieren. Und wer die Suche nach einem Endlager ablehnt, drückt sich vor der Verantwortung.

Alle diese Aussagen sind für sich genommen richtig - und doch ist die Kritik an den Protesten völlig unaufrichtig. Zum einen hat sich seit den letzten Transporten etwas Entscheidendes geändert: Mit der Aufkündigung des Atomkonsenses hat Schwarz-Gelb dafür gesorgt, dass sich die Menge an Atommüll um mehr als ein Drittel erhöht. Weniger neuer Atommüll könnte also durchaus eine Folge von erfolgreichem Protest sein.

Zudem sind die Zweifel an der Eignung von Gorleben als Endlagerstandort in den letzten Jahren eher gewachsen. Akten, die im Untersuchungsausschuss des Bundestages erstmals ausgewertet wurden, haben Willkür bei der Auswahl und Unwägbarkeiten bei der Geologie bestätigt. Zwar ist es theoretisch noch immer möglich, dass sich Gorleben am Ende als bester Standort erweist, doch ohne einen echten Vergleich mit anderen Orten werden davon weder die Menschen noch die Gerichte zu überzeugen sein. Atommüll muss am Ende irgendwo gelagert werden - aber eben am besten Ort, nicht am erstbesten.

Bild: taz

Malte Kreutzfeldt ist Leiter des Ressorts Wirtschaft und Umwelt bei der taz.

Zum Dritten tut Umweltminister Norbert Röttgen alles, um Misstrauen am weiteren Verfahren zu schüren. Debatten in der Region weicht er bisher aus. Die Fachleute der eigenen Behörde werden schrittweise entmachtet. Die zentrale Sicherheitsanalyse für Gorleben machen ehemalige Atommanager unter sich aus.

Kurzfristig mag diese Strategie aufgehen und die Erkundung als Alibi für die weitere Produktion von Atommüll dienen. Langfristig jedoch schadet das rabiate Vorgehen dem Ziel, ein geeignetes Endlager zu finden. Wer sich nur auf Gorleben konzentriert, nimmt in Kauf, am Ende völlig ohne Endlager dazustehen, wenn dieser Standort durch fachliche Erkenntnisse oder Gerichtsurteile gestoppt wird. Vor der Verantwortung drücken sich also nicht diejenigen, die an Gorleben zweifeln, sondern alle, die die Suche nach Alternativen blockieren.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.

3 Kommentare

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  • D
    Demokrat

    Schwarz-Gelb hat vor der Wahl den Ausstieg vom Ausstieg angekündigt, die Wahl deutlich gewonnen und jetzt diese Ankündigung umgesetzt.

    Natürlich kann das kritisiert werden, aber diese Empörung und Skandalisierung sind unpassend, wenn doch letztendlich der Wahlgewinner ein Wahlversprechen umsetzt.

  • A
    Amos

    Geht es um Geld für Soziales, dann heißt es wir müssen sparen und an die künftigen Generationen denken. Diese Pappnasen! Würde man daran denken würde man den folgenden Generationen nicht den Atommüll auflasten. Es ist doch nur eine Frage der Zeit bis zum Super-Gau.

    Ein kleiner Gau würde aber schon genügen um diesen Unverantworlichen Lobby-Duckmäusern eins in die Fresse zu geben.

  • BD
    bin da

    Ich finde den Kommentar wirklich angemessen. Manchmal habe ich bei der taz das lustraubende schwarz-weiß echt satt. Aber dieser Kommentar ist schön zu lesen.

    Ich bin übrigens auch da und muss dafür sorgen, dass die Behälter ins Lager kommen. Nicht gerne! Aber ich muss und ich hoffe, wir alle bleiben cool und verständnisvoll MITeinander. Auch wenn die Aufgaben uns trennen - das Verständnis füreinander tut es nicht!