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Kommentar Cannabis-LegalisierungVerbote in der Pfeife rauchen

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Kanada legalisiert Cannabis und entzieht das Geschäft mit der Droge der Organisierten Kriminalität. Schade, dass die meisten anderen Länder das nicht tun.

Fachkundig und stilbewusst: Cannabis-Café in Toronto Foto: dpa

E s gibt politische Entscheidungen, die so überfällig sind, dass man über den verbliebenen Widerstand dagegen nur noch den Kopf schütteln kann. Die Legalisierung und Regulierung des Cannabis-Marktes ist so eine Entscheidung.

Seit Jahrzehnten ist allen drogenpolitischen Ex­pert*innen klar, dass Verbot und Kriminalisierung von Cannabis unsinnig und kontraproduktiv sind. Und doch ist erst jetzt mit Kanada das erste Industrie- und zusammen mit Uruguay überhaupt erst das zweite Land weltweit den Schritt gegangen, den auch in all den Jahren der Illegalisierung stetig gewachsenen Markt dem Zugriff der organisierten Kriminalität zu entziehen. Selbst wenn die Regelungen in den kanadischen Provinzen im Einzelnen differieren – klar ist doch, dass nur so Verbraucherschutz, Prävention und Geldflusskontrolle überhaupt eine Chance haben.

In Deutschland scheitert dieser Fortschritt noch immer am Widerstand des konservativen Lagers, das sich so zäh an eine ideologisch begründete, von Fakten nicht gestützte Verbotsposition klammert, als würden CDU und CSU am Schwarzmarkt mitverdienen.

Auch die Trump-Regierung in den USA toleriert bislang die gesetzlichen Regelungen in den 9 Bundesstaaten, die Cannabis inzwischen zum Genuss freigegeben haben, und den rund 30, in denen die medizinische Anwendung erlaubt ist. Aber sie lehnt es nach wie vor ab, den entscheidenden Schritt zu unternehmen, Cannabis gänzlich von der Liste der verbotenen gefährlichen Substanzen zu streichen und die Gesetze US-weit zu ändern. Damit bleibt die Cannabis-Ökonomie in einer für die beteiligten Unternehmen schwer zu handhabenden Halblegalität. Statt endlich vom größten Konsumentenland aus eine globale Kehrtwende der Drogenpolitik einzuleiten, bekräftigte die US-Regierung gerade am Rande der UN-Generalversammlung erneut ihr Festhalten an einer für zigtausende Menschen tödlichen Prohibitions­politik.

Jetzt liegt es an Ländern wie Kanada und Uruguay sowie an den US-Bundesstaaten, die den Schritt bereits gegangen sind, ihre Erfahrungen systematisch auszuwerten

Jetzt liegt es an Ländern wie Kanada und Uruguay sowie an den US-Bundesstaaten, die den Schritt bereits gegangen sind, ihre Erfahrungen systematisch auszuwerten, gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen und die Welt daran teilhaben zu lassen. Sie können Beweise und Empirie dafür liefern, dass die Ängste, mit denen konservative Prohibitionisten operieren, absurd sind.

Die Gesellschaft, auch hier in Deutschland, ist weiter als die Politik. Es war jahrelanger öffentlicher Druck, der schon Linke, Grüne, FDP und Teile der SPD zum Umdenken gebracht hat. Das darf nicht nachlassen. Die gesellschaftlichen Kosten der Prohibition sind einfach zu hoch.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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11 Kommentare

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  • Für all die diejenigen die jetzt nach Kanada wollen.

    Dieses Land hat strenge Einwanderungsgesetze.

  • Welche negativen Auswirkungen soll die Legalisierung denn haben? Dass mehr gekifft wird? Daran glaube ich nicht. Heute kifft auch jeder, der kiffen will, und das Verbot ändert daran überhaupt nichts.

    Gewagte These. Während der Schulzeit haben 70-80% meiner Freunde/Bekannten Alkohol getrunken. Gekifft haben vielleicht 10%, es war ja verboten, man wusste nicht recht, wie man Cannabis besorgt, etc. Wenn man es im Supermarkt kaufen kann, wäre das was anderes. Vielleicht geht dann der Alkoholkonsum zurück, was ein positiver Effekt wäre, aber das nicht mehr Menschen kiffen, wage ich zu bezweifeln.

    • @Strolch:

      Cannabis muss ja nicht im Supermarkt verkauft werden. Oder wie Zigaretten im Automaten, wie Alkohol an der Tankstelle ...



      Aber ein kontrollierter Verkauf wäre eben besser als irgendwo auf der Straße.

  • Kanada ist schön und neu, wir haben aber in den EU Ländern (Belgien, Spanien, Portugal, Niederlandër) seit Jahren eine große Auswahl an Lösungen: Entkriminalisierung, Legalisierung, ohne oder mit Marktregulierung.

    • @Eulenspiegel:

      Jo und eigentlich sind wir blöd. Erstens gäbe es mit Legalisierung einen Jugendschutz, zweitens eine sinnvolle Verwendung als Medizin (wie es jetzt läuft; äh...) und drittens ist da für den Staat ein Haufen Kohle drinne.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Hugo:

        Dass für den Staat ein Haufen Kohle drin wäre, ist nicht mein Thema. Es zeigt zwar, dass selbst Ökonomisten unökonomisch denken können, wenn sie auf bewusste oder unbewusste Denkschranken stoßen.

        Beim gestrigen Hören der Nachrichten stieß ich auf das Thema Bierpreiserhöhung durch Klimawandel. Bei weiteren Sommern wie diesem würde sich der Bierpreis global verdoppeln.

        Das sind für mich schöne Aussichten. Hier würde "der Markt" mal etwas richten: weniger Gerste, weniger Bierkonsum, weniger Aggressionen.

        Und eine entspannte "Kiffer"mentalität allenthalben. Schöne Träume. Für nachfolgende Generationen. Wir leben in Deutschland.

        • @76530 (Profil gelöscht):

          "Schöne Träume. Für nachfolgende Generationen. Wir leben in Deutschland."



          Höchstens 5 Jahre bis zu ner Toleranz wie in Tschechien (die hat Eulenspiegel vergessen) usw., keine 10 bis sowas wie in Kanada. Wetten? ;)



          Und um die Sache mit den Genuß/Suchtmitteln rundzumachen; sowohl Hartalk als auch Tabakprodukte nur in lizensierten Läden, ab 18, da kann mensch dann auch die Kifferei verkloppen.

  • Vielleicht weil eine Legalisierung nicht nur positive Effekte hat?

    Ist doch gut, dass Kanada vorangeht und man die Folgen der Aktion in 5+ Jahre begutachten kann.

    Dann hat man eine bessere Faktenlage und kann auch in Deutschland Cannabis legalisieren - oder eben auch nicht, wenn es in Kanada "unerwünschte Nebenwirkungen" gibt.

    • 8G
      82928 (Profil gelöscht)
      @modulaire:

      Ja,ist alles soo neu keiner weiß irgendwas

    • @modulaire:

      Welche negativen Auswirkungen soll die Legalisierung denn haben? Dass mehr gekifft wird? Daran glaube ich nicht. Heute kifft auch jeder, der kiffen will, und das Verbot ändert daran überhaupt nichts.

      Aber entscheidend wird sein, ob es gelingt, auch alle anderen jetzt illegalen Drogen zu legalisieren. Wenn man das Zeug standardisiert rezeptfrei zu realistischen Marktpreisen (die viel niedriger sind als die jetzigen, weil allein die Illegalität des Handels die Drogen teuer macht) z. B. in Apotheken verkauft, dann stirbt niemand mehr durch minderwertigen Stoff oder unbeabsichtigte Überdosierungen, der organisierten Kriminalität wird ein Haufen Geld entzogen und die Beschaffungskriminalität fällt zum größten Teil weg.

      Wenn die Politik Kriminalität effektiv bekämpfen und die Zahl der Drogentoten reduzieren wollte, ginge sie diesen Weg längst. Leider haben sich bisher alle Regierungen in Deutschland für die populistische Verbotspolitik entschieden und garantieren mafiösen Organisationen satte Profite.

    • @modulaire:

      da muss man nicht bis nach kanada schauen. der blick ins nachbarland reicht. in den niederlanden kann jeder kaufen der möchte und dennoch ist dort die konsumuote auch nicht höher als hier. WEnn man dann noch einrechnet wie viele steuern man einnehmen und wie viele arbeitsstunden bei polizei und staatsanwaltschaft man einsparen kann ist ein verbot schwachsinn