Kommentar Cahuzac-Skandal: Die fatale Flucht vor sich selbst
Frankreichs Haushaltsminister, der oberste Jäger der Steuerbetrüger, ist selber einer. Er hat das Ansehen der nationalen Politiker weiter diskreditiert.
A usgerechnet der Haushaltsminister, der den Kampf gegen die Steuerflucht leiten sollte, hat selber seine Ersparnisse auf einem Schweizer Konto ins Trockene gebracht. Jetzt steht er im Regen, und all seine gutgläubigen Regierungskollegen und Parteifreunde mit ihm.
Was vor zwanzig Jahren, als Jérôme Cahuzac – wie so viele betuchte Franzosen – in aller Diskretion ein Konto bei der UBS in Genf eröffnete, als Kavaliersdelikt galt, geht heute einfach nicht mehr. Das hätte niemand besser wissen müssen als Cahuzac selber.
Dass er dennoch seine Ernennung zum obersten Jäger der Steuerbetrüger annahm, war ein verhängnisvoller und unverzeihlicher Fehler. Dass er anschließend, als die Online-Journalisten von Mediapart die mutmaßliche Existenz seines UBS-Kontos enthüllten, erst alles leugnete und vor Parlament, vor Kameras und ins Gesicht des Staatspräsidenten und in das des Regierungschefs dementierte, je ein Bankguthaben im Ausland besessen zu haben, macht aus diesem zunächst banalen Fall von Steuerbetrug eine Staatsaffäre und einen Riesenskandal mit fatalen Folgen.
Cahuzac hat nicht nur faustdick gelogen, sondern das Vertrauen der gesamten Staatsführung missbraucht. Seine Freunde und Partner hatten ihn im Glauben an seine Unschuld verteidigt, selbst als er nach der Einleitung einer Untersuchung seinen Rücktritt einreichen musste. Sie alle hat Cahuzac in sein Lügengebilde hineingezogen, von dem er jetzt zerknirscht und reumütig spricht.
ist Frankreich-Korrespondent der taz.
Stinkbombe für Hollande
Er hat das Ansehen der Politik in den Augen der ohnehin mehr als skeptischen Bürger weiter diskreditiert. Die Populisten, die schon immer sagten, alle anderen seien korrupt, sind außer sich vor Freude. Eine größere Stinkbombe hätte Cahuzac seinem Präsidenten Hollande nicht vor die Füße werfen können.
Kurzsichtig ist es, wenn die oppositionelle UMP aus dem Cahuzac-Skandal parteipolitisches Kapital schlagen will – oder wenigstens von den Ermittlungen gegen Ex-Präsident Sarkozy und anderen Affären im eigenen Lager ablenken will. Es geht um die Glaubwürdigkeit eines politischen Systems, die ein Ex-Minister für 600.000 Euro und seiner Karriere willen riskiert und verspielt hat.
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