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jetzt wüßt ich gerne noch, wessen literatur denn die maden sind.....
Wunderbar? Auch heute eine wunderschöne Nachricht aus diesem Land, mit dem der Autor sich so verbunden fühlt:
The European Union has condemned Israel for destroying an EU-funded shelter in East Jerusalem.
The EU has helped to pay for 200 temporary shelters for Bedouin communities in the occupied West Bank, but more may soon be destroyed.
Eine kleine Nachricht, die der alltägliche Faschismus der israelischen Regierung schildert. Und wahrscheinlich keiner der ausgestellten Autoren bei dieser Messe läßt sich auf diesen "Abenteuer" ein: die Phantasie aufzubringen, dass nur die BDS- Kampagne eine Änderung der israelischen Politik aufzwingen kann, und d.h. auch ein akademische/kulturelle Boykott.
@Ninetto Übrigens: Dass deutscher und jüdischer Humor mehr miteinander teilen als zum Beispiel der deutsche und der französische oder der englische Humor, erkennt man spätestens, wenn man "den Witz an etwas kapiert". Man lacht dann nämlich nicht zwingend. Schon gar nicht schenkelklopfend oder brüllend. Man erkennt vielmehr "eine besondere Logik" in der "Argumentation" (Wikipedia unter der Überschrift "jüdischer Witz"). Womöglich haben ja die Alten (Hoch-)Deutschen ihre Witz-Definition an die der zugewanderten Juden angelehnt (oder umgekehrt). Diu wizze wurde jedenfalls noch im Mittelalter mit Denkkraft, Klugheit oder gesundem Menschenverstand übersetzt, nicht mit elegant-komisch oder geistreich-lustig wie im Französischen oder Englischen. Damals galt Witz den Deutschen (wie den Juden) noch nicht als angeborene Eigenschaft, sondern als etwas, was man erst erlernen muss. Es betseht also durchaus noch Hoffnung für Sie, verehrteR NINETTO. Natürlich nur, sofern sie kein Franzode oder Brite sind.
Sie haben den Witz am Text nicht kapiert, richtig? "Wer den anderen wirklich verstehen möchte, der lernt dies nicht durch die Lektüre von Kurznachrichten", schreibt Klaus Hillenbrand. Wie man an Ihrem Kommentar sehen kann, hat der Mann recht. Ich wette, Sie haben kaum gelesen als Kind.
Aljazeera ist ein arabischer Nachrichtensender, kein Schriftsteller mit arabisch klingendem Namen. Sender aber verbreiten Informationen, die im Interesse des Machterhaltes oder der Machtergreifung wichtig sind. Mit dem Leben normaler Menschen haben diese Nachrichten in aller Regel wenig bis nichts zu tun. Wer etwas über die nicht herrschende (und auch nicht herrschen wollende) Mehrheit einer Bevölkerung erfahren möchte, der sollte sich an die Literatur halten. Falls die sich nämlich nicht gerade wieder mal berufen fühlt, im Machtpoker ganz oben mitzumischen, steckt in ihrer erfundenen Wahrheit tatsächlich hundertmal mehr Realität als in jeder Nachricht. Schon deswegen, weil zwischen zwei Buchdeckeln, anders als in den Nachrichten, Komplexität stattfindet. Wenn also Israel im Jahre 2015 Schwerpunkt einer deutschen Buchmesse ist, kann das den Optimisten unter uns durchaus als wunderbare Selbstverständlichkeit erscheinen, die richtig gut tut. Die Pessimisten können sich natürlich wieder fragen, wer die ganze Sause finanziert und was er davon hat – abseits der öffentlichen Verlautbarungen, meine ich.
Wenn die EU vorsätzlich gegen Israelisches Baurecht verstößt, dann wird schon mal was abgerissen. Der Bebauungsplan in Area C ist zwar nicht toll, aber entspricht den Oslo Verträgen. Die EU könnte einfach in Area B oder A sowas bauen und sich mit der Palästinensischen Autonomiebehörde abstimmen.
Leute wie @NINETTO fordern merkwürdigerweise nie zum Boykott der Türkei (Kurden, Zypern), Marokko (Westsahara), China (Tibet), USA, Russland (Ukraine, Krim), Syrien, Nordkorea auf.
Die Forderung nach kulturellem und akademischen Boykott betrifft ausschliesslich Israel.
@Ninetto Leute wie Sie boykottieren jede Kultur...
@MaterialismusAlter Unsinn! Von Leuten wie NINETTO lässt sich Literatur nicht boykottieren. Boykottieren können solche Typen höchstens irgendwelche Nachrichten. Deren unterkomplexe "Wahrheit" kann man nämlich ganz prima konterkarieren mit irgendwelchem punktuellen Faktengehuber. Mit Literatur geht so was nicht. Die ist zu vielschichtig, als dass ein Einzelren mit seinem erhobenen Aber-Finger etwas ausrichten könnte dagegen. Das macht sie derart zeitlos, dass sie nicht nur Jahrtausende überdauern kann, sondern auch Herrschergenerationen, Staatsformen und ganze Kulturen, ohne an Aussagekraft zu verlieren. Lassen wir die NINETTOS also ruhig schwafeln. Wenn wir ihnen keinen Glauben schenken, sind sie samt ihrem destruktiven Willen schlicht und ergreifend aufgeschmissen. Unsere Gefühle jedenfalls können sie nicht damit dominieren.
Der Krieg zwischen Israel und der Hamas lässt alte Konflikte in der linken Szene wieder aufbrechen. Ein Dialog erscheint so gut wie unmöglich.
Kommentar Buchmesse und Israel: Einfach wunderbar
Wer den anderen verstehen möchte, der lernt dies mithilfe von Büchern. Insofern ist der Schwerpunkt „Israel“ der Buchmesse wichtig und richtig.
Mann kan ein Auge auf Bücher haben. Und eines auf Verständigung: Logo der Buchmesse. Bild: dpa
Wer heute in Tel Aviv spazieren geht, findet Bücher deutscher Autoren in hebräischer Übersetzung in jeder Buchhandlung. In Berlin oder Frankfurt liegen ebenso selbstverständlich Werke israelischer Autoren in den Schaufenstern, ja einige Schriftsteller wie Amos Oz zählen zu den meistgelesenen Literaten im Lande. Dieser Dialog der Literaturen folgt den Anknüpfungspunkten der Geschichte.
Es ist keineswegs nur der Holocaust, der beide Gesellschaften und ihre Beobachter miteinander in Beziehung setzt, mit den Opfern dort und den Tätern hier. Die deutsch-jüdische Geschichte von Moses Mendelssohn bis Leo Baeck hatte und hat einen prägenden Einfluss auf die israelische und deutsche Gesellschaft. Wir, Israelis und Deutsche, hassen oder lieben uns, zanken mit und untereinander. Nur eines sind wir uns nicht – gleichgültig.
Literatur, das bedeutet auch das Abenteuer, sich auf Imaginationen einzulassen, auf fremde Geschichten und wundersame Begebenheiten, auf die Wahrheit im Erfundenen. Wer den anderen wirklich verstehen möchte, der lernt dies nicht durch die Lektüre von Kurznachrichten über militante Siedler in Hebron. Sondern mithilfe der Bücher von Lizzy Doron oder David Grossman.
Wer nach dem Zweiten Weltkrieg in Tel Aviv ein deutsches Buch lesen wollte, bekam es nicht. Deutsche Literatur galt damals wie alles Deutsche als verachtenswert. Als 1948 der Staat Israel gegründet wurde, interessierte das umgekehrt im besetzten Deutschland, dessen Bewohner in eine kollektive Amnesie über die Mordjahre verfallen waren, kaum jemanden.
1965, vor nunmehr 50 Jahren, eröffneten in Tel Aviv und Bonn die ersten Botschaften der Bundesrepublik und Israels. Von da an gab es wieder Beziehungen, wenn auch zunächst nur diplomatische. Und nun?
Die alten Nazis sind tot. Nein, nichts ist falscher als der Spruch, dass die Zeit alle Wunden heilen würde. Die Verbrechen der Deutschen bleiben präsent, in der hebräischen wie in der deutschen Literatur. Die deutsch-jüdische Symbiose wird niemals wiederkehren.
Aber es sind neue Geschichten hinzugekommen, die davon berichten, dass sich Deutsche und Israelis verstehen können. Das ist einfach nur wunderbar. Deshalb ist der Schwerpunkt „Israel“ der Buchmesse auch keine aufgesetzte Sahne auf einem Kuchen voller Maden. Sondern eine Selbstverständlichkeit, die richtig guttut.
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Kommentar von
Klaus Hillenbrand
taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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