Kommentar Britischer Geheimdienst: Neue Dimension der Überwachung

Dem „Guardian“ zufolge überwacht der britische Geheimdienst fast flächendeckend den transatlantischen Datenverkehr. Übertreibt die Zeitung?

GCHQ-Anlage in Cornwall: Alles wird zentral gespeichert Bild: reuters

Sie wollen alles prüfen, alles speichern, alles auswerten. Wer Geheimdienste und Geheimpolizeien einfach machen lässt, der muss damit rechnen, dass sie einen Überwachungsstaat aufbauen. Das zeigen auch die neuen Enthüllungen der britischen Zeitung Guardian.

Dem Guardian zufolge überwacht der britische Geheimdienst GCHQ fast flächendeckend den transatlantischen Telefon- und Internetverkehr. Dabei speichert er alle erfassten Kommunikationsinhalte drei Tage lang und die Verkehrsdaten („Wer kommuniziert wo mit wem wie lange?“) sogar für 30 Tage. Dass Großbritannien hier in eine neue Dimension der Überwachung vorstößt, zeigt ein Vergleich mit der Vorratsdatenspeicherung in der Telekommunikation, wie sie in Europa (außer Deutschland) seit 2008 praktiziert wird.

Der GCHQ speichert auch die Inhalte der Kommunikation, nicht nur Verkehrsdaten. Der GCHQ speichert die Daten zentral, während sie bei der Vorratsspeicherung dezentral bei den Telekom-Firmen bleiben. Der GCHQ wertet alle Daten aktiv aus, während die Polizei die Daten aus der Vorratsspeicherung nur im Verdachtsfall nutzen kann.

Leider teilen der Guardian und sein Informant Edward Snowden nicht mit, was der englische Geheimdienst mit den Daten anfängt. Werden sie nur auf Suchworte und verdächtige Kommunikationsteilnehmer hin gescannt, so wie es der deutsche Bundesnachrichtendienst schon seit Jahrzehnten praktiziert? Oder werden die gespeicherten Daten miteinander verknüpft, um Bewegungsbilder, Kommunikationsprofile und andere Erkenntnisse zu gewinnen? Die Analyse solch gewaltiger Datenmengen („Big Data“) ist eine neuere Entwicklung und würde erklären, warum es das enthüllte GCHQ-Programm Tempora erst seit 18 Monaten gibt.

Etwas seltsam mutet allerdings an, dass die britische Zeitung zunächst einmal das Ausspähprogramm Prism der US-Geheimdienste enthüllte (angeblich das größte bisher gekannte), um dann zwei Wochen später Informationen über das heimisch-britische Pendant Tempora zu veröffentlichen, das nun noch gewaltiger als Prism sein soll. Möglicherweise hat der Guardian bei der Darstellung des US-Überwachungsprogramms doch etwas übertrieben. Auch Journalisten und Whistleblowern sollte nicht blind vertraut werden.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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