piwik no script img

Kommentar BluttestMein Blut gehört mir

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Eigentlich reichen Lebenslauf und Arbeitsproben für die Bewerbung. Doch immer mehr Unternehmen verlangen Blutproben. Mit dem neuen Datenschutzgesetz muss das weniger werden.

N ormal ist es, zur Jobbewerbung eine Mappe mit Lebenslauf und Arbeitsproben einzureichen. Genauso normal, wenn auch weniger bekannt ist es offenbar, dass Unternehmen auch einen Bluttest verlangen. Daimler, Merck, Beiersdorf und jetzt der Norddeutsche Rundfunk - unnötig greifen die Unternehmen in die Privatsphäre derjenigen ein, die bei ihnen arbeiten wollen.

Früher waren Bluttests kein öffentliches Thema. Die Erkenntnis, dass private Daten geschützt werden müssen, ist erst durch die allgegenwärtige globale Kommunikation gereift. Auf diesen Bedeutungszuwachs des Datenschutzes haben sich bislang aber weder die Firmen noch die Politik ausreichend eingestellt.

Warum testen manche Unternehmen das Blut ihrer Bewerber überhaupt? Die schlichte Antwort dürfte in meist Fällen lauten: Weil man es eben schon immer so gemacht hat. Ein Bluttest gehört zur medizinischen Jobuntersuchung wie der Blick in den Allerwertesten beim Musterungsarzt der Bundeswehr - entwürdigend, überflüssig, sinnlos. Obwohl man in der Regel nicht unterstellen kann, dass die Unternehmen ihre Erkenntnisse missbrauchen wollen. Sie wissen in den meisten Fällen gar nichts damit anzufangen; die Daten gammeln nur in den Speichern der Betriebsärzte.

Bild: taz

Hannes Koch ist taz-Autor.

Allerdings birgt die Spitzelei aus Gewohnheit eine latente Gefahr des Missbrauchs. Denn die Blutwerte sind eine wahre Fundgrube für Manager, die doch gerne ein paar Infos über ihre Beschäftigten hätten. Gendefekte, Schwangerschaft, der Joint vom Vorabend - alles ist aufgelistet und wartet auf den Leser.

Deshalb sollten die Firmen schleunigst auf regelmäßige Bluttests verzichten. Untersuchungen in begrenzten Ausnahmefällen reichen allemal. Wenn die Regierung demnächst, wie geplant, das neue Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer formuliert, hat sie eine Möglichkeit, diese Selbstbeschränkung zu unterstützen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • MS
    M. Steel

    "Untersuchungen in begrenzten Ausnahmefällen reichen allemal." Selbst diese sind schon zu viel. Werden demnächst dann nur noch gute deutsche Arier mit Spitzenblut und Supergenen eingestellt? Solange ein Arbeitnehmer zuverlässig seinen Beruf ausübt, pünktlich und ausgeruht erscheint, hat ein Arbeitgeber meiner Ansicht nach Weitergehendes nicht zu erfahren. So etwas sollte der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen und in Unternehmen nichts verloren haben.

  • J
    JaSicher

    Zumindest sollte man im Gegenzug einen Bluttest vom Vorstand verlangen können.

    Damit die Koksnasen auch mal auspacken ;)