Kommentar Blackwater: Immun gegen Kontrolle
Die Beschäftigung privater Firmen im Irak ist der US-Regierung außer Kontrolle geraten. Unfassbar, dass der Kongress sie nicht gestoppt hat.
Rund 160.000 Mitarbeiter privater Firmen arbeiten im Irak im Auftrag der US-amerikanischen Regierung - vom Kantinenpersonal bis hin zum Bodyguard. Gegen keinen der privaten "Contractors" wurde jemals ein Strafverfahren eingeleitet, obwohl schon einige Schießereien und Morde bekannt geworden sind. Der Fall der US-Sicherheitsfirma Blackwater, bei dem Konvoibegleiter im September 17 Iraker erschossen haben, ist also nur die sichtbare Spitze eines gigantischen Problembergs.
Zwar beschäftigen auch andere westliche Regierungen Contractors, aber nur die US-Regierung hat es so weit kommen lassen, dass sich die Privatfirmen zu einem omnipräsenten, unkontrollierbaren Apparat in den Kriegsgebieten dieser Welt entwickeln konnten.
Aus der Sicht der kriegsbesoffenen Regierung von US-Präsident George W. Bush lässt sich durchaus nachvollziehen, dass sie hofft, mit Blackwater und Co. kurzfristig besser agieren zu können. Unfassbar jedoch ist, dass es dem US-Kongress, dessen vornehmste Aufgabe es ist, diese Regierung zu kontrollieren, erst jetzt auffällt, wie ihm mit den Immunitätstricksereien des Außen- und des Verteidigungsministeriums die Hände gebunden wurden.
Schließlich war es der Kongress selbst, der die US-Übergangsregierung im Irak damit beauftragte, das Kleingedruckte zu regeln. Sollen die Iraker wirklich glauben, dass ganzen Stäben von Juristen und Politikern das Wichtigste vorher nicht aufgefallen ist: dass es beim privaten Kriegsdienst ein gravierendes Haftungsproblem gibt? Und das ausgerechnet in den Vereinigten Staaten - einem Land, in dem selbst ein Cafébetreiber Schadensersatzforderungen in Millionen-Dollar-Höhe zu befürchten hat, wenn sein Kaffee ein wenig zu heiß ist.
Das Problem ist mit den gegenwärtigen juristischen Möglichkeiten nicht so einfach zu lösen. So viel ist längst klar. Einzig der politische Wille kann nun verhindern, dass aus Blackwater und Co. eine unkontrollierbare Truppe wird, die Hass dort sät, wo sie agiert. Der Kongress wäre gut beraten, gemeinsam mit den Vereinten Nationen schnell nach einer völkerrechtlichen Lösung zu suchen.
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