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Kommentar Bischof von LimburgVom Bischof zum Bauernopfer

Kommentar von Arno Frank

Wer steckt hinter der Aufklärung über die dekadenten Umtriebe des Limburger Bischofs? Und wer profitiert am Ende davon? Auf jeden Fall: der Papst.

Es ist schon ein Kreuz. Bild: dpa

W em nützt die Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst? Die Frage drängt sich auf, lauscht man dem medialen Sperrfeuer, dem der „Prass-Prediger“ seit einigen Wochen ausgesetzt ist. Ja, es wird wegen einer eidesstattlichen Falschaussage gegen ihn ermittelt. Ja, sein Diözesanes Zentrum auf dem Domberg wird möglicherweise bis zu 40 Millionen Euro verschlingen. Und ja, er könnte diese Summe sogar vor dem Vatikan verschleiert haben.

Die öffentliche Empörung wird durch immer neue Details über bischöfliche Sonderwünsche geschürt. Wer aber steckt dahinter? In erster Linie ist es der vom Bischof selbst eingesetzte Vermögensverwaltungsrat, der offenbar über Jahre hinweg untätig war und nun retten möchte, was zu retten ist – sich selbst und seine Reputation. In zweiter Linie aber ist es ein innerkirchlicher Richtungsstreit, der hier mit ungewöhnlicher Heftigkeit ausgetragen wird.

Auf Betreiben von Benedikt XVI. und des Kölner Kardinals Joachim Meisner wurde 2008 mit Tebartz-van Elst bewusst ein konservativer Kleriker in ein bis dahin – etwa in Fragen der Schwangerenkonfliktberatung – traditionell „liberales“ Bistum eingesetzt. Aber auch an anderen Fronten änderte Tebartz-van Elst die Ausrichtung. So entließ er Mitarbeiter seines Vorgängers und einen Bezirksdekan, der ein schwules Paar gesegnet hatte. Mit seinem autoritären Amtsverständnis brachte er konservative Journalisten wie progressive Katholiken gleichermaßen gegen sich auf.

Seit Papst Franziskus die Idee einer „Kirche für Arme“ propagiert, wirkt der Bischof vollends wie ein Fremdkörper, wie eine Provokation an die Adresse des Vatikan. Dort sitzt er nun, als Bauernopfer, und will sich erklären. Sollte an ihm ein Exempel statuiert werden, hätte die Affäre den progressiven Kräften genützt.

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Inlandskorrespondent
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22 Kommentare

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  • Wo bleibt der Dialog der Religionen?!

    Das die katholische Kirche als

    Instituion unter Selbstverherrlichung leidet und

    sich scheinbar nicht der Ökumene

    verpflichtet fühlt bedaure ich sehr.Der Wille zu Reformen scheint wohl abhanden gegangen zu sein.

    Nun gut, alles braucht seine Zeit, aber wie sagt Gorbastov:

    Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.

     

    Horst

  • EM
    ehem Ministrant

    Das ist nur die Spitze des Eisbergs

  • Die Vermutung, der Protzfürst wäre ein "Bauernopfer", tut allen Bauern unrecht.

  • Ob TvE konservative Journalisten "verärgert" hat, halte ich für sekundär. Unbestreitbar erinnert die übervollständige Berichterstattung vieler Medien über diesen - betragsmäßig eher nicht so bedeutenden - Skandal und die Fixierung auf die Vorwürfe gegen den Bischof persönlich an die Absetzungskampagnen der vergangenen Jahre gegen gewisse Politiker. Dass es einen katholischen Bischof trifft, ist vielleicht der besondere Reiz daran, wo sich doch die RKK in aller Regeln von der kritischen Prosa weltlicher Schreiberlinge nicht im geringsten beeindrucken lässt.

     

    Ob der Hammer der predatorischen "Wachsamkeit" der vierten Gewalt schwer genug ist, um - nach Hardthöhe und Bellevue - auch dieses Bollwerk zu erschüttern, ist noch nicht ergründet. An der Kanzlerin teflonbeschichtetem Schanzwerk rutscht man bislang jämmerlich ab. Also ist so ein Bischof einfach die logische nächste Stufe.

     

    Margot Käßmann hat damals Alles richtig gemacht und ihren Rücktritt eingereicht, sobald ihre Trunkenheitsfahrt ruchbar wurde. So war niemand versucht, mit einer wochenlangen Menschenjagd Auflage zu schinden. Das scheint heute wirklich der einzige Ausweg zu sein, wenn man sich - zu Recht oder zu Unrecht - im Lichtkegel des Skandal-Suchscheinwerfers der Presse wiederfindet.

  • KA
    keine Ahnung

    Ich sehe Tebartz-van Elst nicht als Opfer sondern als Täter.

    Er wurde doch nicht zu seinen Handlungen gezwungen, er hätte sie auch unterlassen können.

  • IM
    I. Mperial

    Wer hätte den Prunk dieser Umbauten denn verhindern können?

     

    Drewermann (kürzlich im Deutschlandfunk): Das ist unmöglich. Selbst der Papst, wenn er andere Maßstäbe Gott sei Dank nun endlich anlegen möchte für die Bischöfe des Katholizismus, ist als Erster ein Gefangener der Renaissancebauten in Rom. Die sind die Hypothek und das Erbe. Man hat ständig versucht, mit Macht und Pracht Leute zu gewinnen, durch Unterdrückung im Grunde so was wie Überzeugung zu heucheln, Menschen abhängig zu machen in ganz großem Stil, von den Fürsten nach unten, autoritär außen gelenkt. Diese ganze Konstruktion, die als Katholizismus auftritt, war immer imperial.

  • Danke für den Aspekt des Konfliktes, der in der kath. Kirche zwischen Strukturkonservativen und Progressiven tobt. Dem Papst nutzt dieser Konflikt allerdings nur dann, wenn van Elst wirklich aufs Abstellgleis geschoben wird. Ansonsten würde sein Agieren und sein Vorrang für Armut als halbherzig zu betrachten sein. Der Hype gegen van Elst nutzt aber m.E. den progressiven Katholiken nur dann, wenn es ihnen gelingt, wirklich Änderungen kirchlicher Strukturen zumindest einzuläuten. Und das darf bezweifelt werden. Alles was die reformorientierten Katholiken wollen, gibt es in den evangelischen Kirchen lange schon. Und auch dieser Papst wird sich hüten das kath. Profil herzuschenken. Die kath. Kirche bleibt m.E. auch mit diesem Papst weiterhin strukturell reformunfähig. Nutzen haben in dieser Sache nur die Boulevard-Medien. Den Reformkatholiken wird es nur zum Schein etwas bequemer gemacht werden in ihrer Kirche.

    • M
      Maria
      @Linksaussen:

      Wenn Sie nicht Mitglied der katholischen Kirche sind, was interessieren Sie denn die innerkirchlichen Strukturen? Wollten Sie einfach mal ein bisschen von linksaußen mitmischen?

  • WF
    Wir finanzieren die Prass-Prediger

    Die ganze Angelegenheit wäre doch lustig, wenn es sich wirklich nur um Gelder der Kirche handeln würde. Tatsächlich werden die Kirchen aber auch in großem Maße durch allgemeine Steuereinnahmen finanziert. Beispielsweise erhalten alle Bischöfe ihre Gehälter vom Bund und von den Ländern. Einige erhalte sogar zwei Gehälter (Beispiel Mixa – genau, der). Dieser Vermischung der Finanzen und Interssen muss endlich ein Ende gesetzt werden! Eine freie Gesellschaft braucht keine Staatsreligion; weder in Europa, noch im Iran.

  • Oh richtig, ein Bauernopfer, wahrscheinlich eine große Verschwörung von ganz oben gegen den armen Tebartz, der jetzt zum "Bauernopfer" wird - nicht, dass der Mann wirklich was falsch gemacht hätte ...

     

    Die taz macht mich manchmal richtig traurig, mit solchen nicht ganz so dollen Artikeln.

  • H
    Horst

    Wo bleibt der Dialog der Religionen? Das die Katholische Kirche unter Selbstverherrlichung

    leidet,ist wohl bekannt.Aber wo sind diejenigen die sich für

    Teilhaben und Gleichberechtigung angagieren!

  • BV
    Bergrunda van Taube

    Was sagen denn die Privatermittler über die wahren Gründe von Papa Benedictus Rückzug?

  • S
    scanner

    Was sind das für künstliche und "wirrende" Fragestellungen des Autors? UBW, RRRiot300 und DUBIOSOS haben dem Autor schon das Richtige entgegengesetzt. Ist ist ein ärgerliches, zumindest überflüssiges (un-)Gedankenkonstrukt des Autors.

  • Der FAZ nützt der Skandal, sie berichtet ausführlich, die große Story ! Wundert mich schon. Die Summe ist doch eher gering, hier in HH hat man eben 38 Mio. bei der Gartenbauausstellung verbrannt, von anderen Großprojekten ganz zu schweigen - Konsequenzen ? Keine. Dieser Bischof ist doch eher peinlich. Was soll das Gewese ? Selbst Seibert redet im Namen von Merkel. Der Typ hat ein Konjunkturprogramm aufgelegt, für Handwerker. Ich glaube der ist begrenzt.

  • Worüber diskutieren wir hier eigentlich? Über Gott, den es nicht gibt? Über eine Religion, welche die Menschheit über Jahrhunderte hinweg nur ausgebeutet und missbraucht hat? Ich wünschte mir so sehr, die Menschheit würde endlich mal aufwachen und Religion endlich als das sehen, was es ist, nämlich Mumpitz.

  • Warum wird hier über vermeintliche Profiteure der "Affäre" gesprochen und dann vorrangig der Papst thematisiert? Franziskus lebt und lebte als Bischof/Kardinal stets außerhalb einer Wohlfühlkirche wie der in Deutschland, der es seit über 200 Jahren erspart bleibt, ihre Pfründe anzugreifen, weil sie durch den Staat finanziert wird. Warum nutzen wir diesen Ausritt eines offenbar übergeschnappten Kirchenfürsten nicht, um endlich die Kirche zur vollen Transparenz zu zwingen und den säkularen Staat zu vollenden? Wenn in einem Sprengel wie Limburg offenbar mind. 28,5 Millionen aus dem "Bischöflichen Stuhl" wie aus der Portokasse finanziert werden könn(t)en, wird es Zeit, die Finanzen der Kirche bis in den letzten Winkel auszuleuchten!

  • Wieso Bauernopfer?

     

    "Allgemeinsprachlich wird der Begriff oft im übertragenen Sinne verwendet, wenn etwas Nachrangiges geopfert wird, um etwas Höherwertiges zu erhalten. Auch verwendet man den Begriff in Fällen, in denen hochrangigen Amtsträgern die Verantwortung für einen Missstand zugeschrieben wird und der Amtsträger daraufhin einen leitenden Untergebenen zum Rücktritt veranlasst, ihn entlässt oder ihn in den Ruhestand versetzt, statt selbst zurückzutreten."

     

    Oder: "Ein Bauernopfer ist ein Mensch, den man opfert, um einen "wichtigeren" Menschen zu verschonen."

     

    So wie es aussieht (!) hat Herr Tebartz-van Elst für all die million-schweren Verteuerungen des Ausbaus seiner Residenz die Verantwortung - inklusive Adventskranzhalter für 100.000€. Darüber hinaus soll er eidestattlich gelogen haben.

     

    Welche "wichtige Person" wird denn nun durch die Publikmachung geschont? Der Vermögensverwaltungsrat wird sich schon auch noch verantworten müssen.

     

    Ihn als Bauernopfer des Papstes darzustellen, der "sich erklären" will, erscheint mir einfach unangebracht.

    • @RRRiot3000:

      Hier von einem "Bauernopfer" zu reden, ist wohl ein Wortspiel aus der Schachwelt. Im Englischen heißt der Läufer "bishop", weshalb er bei modernen Schachfiguren auch einen der bischöflichen Mitra ähnelnden "Spitzhut" trägt. Den Bischof sprachlich zum geopferten Bauern zu degradieren, hat daher einen zusätzlichen, hintergründigen Reiz...

       

      Im Grunde ist der Begriff auch so falsch nicht. Der Bauer ist nicht notwendigerweise unschuldig oder unbedeutend, und der Zweck seines Opfers nicht notwendigerweise der Schutz nur einer konkreten, höherrangigen Figur. Wesentlich ist, dass sein spielerisches Frühableben einem vom Spieler vorher festgelegten strategischen Ziel dient, das wichtiger ist als das Opfer selbst. Und für den Papst kann die exemplarische Manifestation seiner auf Bescheidenheit gerichteten Heilslehre durchaus wichtiger sein als jeder noch so hohe kirchliche Würdenträger.

    • @RRRiot3000:

      Insbesondere wird der Verwaltungsrat wohl kaum als "wichtiger" gelten. Würde Tebartz diesen jetzt von ihm selbst eingesetzten Rat jetzt entlassen, das wäre ein Bauernopfer.

  • Den Bischof als "Bauernopfer" zu bezeichnen finde ich schon eine Verhamlosung und entwas verwunderlich von der eher kirchenkritischen taz. Es ist ja nicht so, dass der arme Mensch völlig grundlos kritisiert wird, sondern es gibt 40 Millionen Gründe, ihn zu kritisieren. Und dazu hat er gehörig etwas beigetragen, selbst wenn Kontrollgremien versagt haben. Ich finde, eine solche Aussage rückt tebartz-van Elst in eine ihm nicht zustehende Opferrolle.

  • Mönschlein, Mönschlein, Du gehst einen schweren Gang!

  • Vor Papst Franzikus war es Jesus, der eine Kirche der Armen gelebt und propagiert hat. Papst Benedikts Forderung der Entweltlichung der Kirche war die Aufforderung an die Kirche, auf Privilegien und Geld und Macht zu verzichten.