piwik no script img

Kommentar Bio-LandwirteDie Billigbauern von Kiel

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Den Bio-Landwirten geht es an den Kragen - zumindest in Schleswig-Holstein. Damit rückt das gesellschaftliche Ziel aus der Sicht, ökologische Lebensmittel als Standard zu etablieren.

Den Biolandwirten geht es an den Kragen - zumindest in Schleswig-Holstein. Die CDU-FDP-Regierung in Kiel will ihnen die Zuschüsse dafür zusammenstreichen, dass sie ökologisch wirtschaften. Für die Umwelt ist das eine fatale Entscheidung, die hoffentlich keine bundesweite Signalwirkung hat.

Denn Biobauern produzieren Lebensmittel, ohne so große Schäden anzurichten wie ihre konventionellen Konkurrenten. Sie verzichten etwa auf leicht lösliche Mineraldünger, die ihre Kollegen in rauen Mengen aufs Feld kippen und die dann zu einem großen Teil ins Grundwasser fließen. Dort tragen diese Stoffe dazu bei, krebserregende Chemikalien zu bilden - Wasserwerke müssen dann das verschmutzte Wasser unter großem finanziellem Aufwand mit sauberem verdünnen, damit es überhaupt trinkbar bleibt.

Das ist nur ein Beispiel dafür, wie Biobauern der Gesellschaft Umweltreparaturkosten ersparen. Dafür fallen die Ernten der Landwirte im Schnitt allerdings niedriger aus - und sie benötigen mehr Arbeitskräfte. Über den höheren Preis lässt sich das nur teilweise ausgleichen. Deshalb sollte der Staat auch weiterhin den Rest zuschießen. Nur dann werden langfristig immer mehr Bauern auf biologische Methoden umstellen.

Deswegen ist die Entscheidung über die Prämien für Ökolandwirte eine Grundsatzfrage. Wer will, dass immer mehr Flächen umwelt- und tiergerechter bewirtschaftet werden, muss für die Zuschüsse eintreten. Schleswig-Holsteins Agrarministerin Juliane Rumpf aber steht auf der Seite einer rücksichtlosen Landwirtschaft, die auf Kosten der Natur Billigware produziert. Würde das nur Schleswig-Holstein betreffen, wäre alles halb so schlimm. Aber ihre Gesinnungsgenossen von der Union und der FDP regieren nicht nur in Kiel.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!