Kommentar Bildungspaket: Ein bisschen Teilhabe
Das Bildungspaket schafft neue Bezüge zwischen Kultureinrichtungen und bisher ausgegrenzten Familien. Dieses zarte Pflänzchen wird durch die Antragsverzögerungen der Kieler Verwaltung gefährdet.
E ine gewisse Kontrolle der Anbieter für Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets ist sinnvoll. Aber das muss nicht wie in Kiel Monate dauern. Da steht der Verdacht schnell im Raum: Werden städtische Einrichtungen bevorzugt, um das Geld dem Haushalt zu Gute kommen zu lassen?
Denn in Hamburg zum Beispiel ging das viel schneller. Hier bietet bereits eine bunte Palette von Einrichtungen kulturelle Freizeitangeboten im Gegenwert der dafür bewilligten zehn Euro an. Doch auch in Hamburg profitieren die Kinder von Hartz-IV-Empfängern nicht in dem Maße vom Bildungspaket, wie es ihnen zusteht.
Monatskarten für Bus und Bahn gibt es beispielsweise nur für Schüler, die mindestens fünf Kilometer Schulweg haben. Und Nachhilfe bekommt nur, wer vom Schulversagen bedroht ist. Nicht, wer seine Noten verbessern möchte.
Das Bildungspaket ist eben nur ein Päckchen. Es gibt für arme Kinder ein bisschen vom dem, was für wohlhabende Kinder selbstverständlich ist.
Und doch ist das, was jetzt beginnt, eine Chance. Denn Kultureinrichtungen bekommen einen neuen Anlass, auf diese Kinder zuzugehen. Und auch die Familien haben einen Anlass, über die Freizeitgestaltung ihrer Kinder nachzudenken.
Es entstehen neue Bezüge. Wenn eine Verwaltung durch Antragsverzögerung diese zarten Pflänzchen gefährdet, ist das vielleicht rechtswidrig, in jedem Fall aber sozialpolitisch schädlich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier