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Kommentar BildungspaketAlte Sozialleistung in neuem Gewand

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Ursula von der Leyen verkauft das Bildungspaket als großen Erfolg. Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass die Bilanz nicht so glorreich ist.

E s ist schon bemerkenswert, mit welcher Unverfrorenheit Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket als Erfolg verkaufen will. Am Freitag kam die neueste Lieferung: Fast 75 Prozent der Kinder und Jugendlichen aus sozial schwachen Verhältnissen erhielten inzwischen Geld aus der Förderung, lobte sich die Ministerin.

In deren Rahmen können Kinder von Familien im Bezug von Hartz-IV, Wohngeld oder Kinderzuschlag Zuschüsse für Mittagessen, Schulausflüge, Sportvereine und Schreibmaterialien bekommen.

Wer sich die neue Statistik genauer anschaut, gelangt allerdings zu dem Schluss, dass das Gros der Anspruchsberechtigten Leistungen bekommt, die sie schon vor dem Bildungspaket erhielten. Die allermeisten bekamen Geld für den persönlichen Schulbedarf wie Schreibmaterialien, das gab es auch schon vorher vom Jobcenter, dazu braucht man keinen Antrag zu stellen.

Bild: Jutta Henglein-Bildau
Barbara Dribbusch

ist Inlandsredakteurin der taz.

Sobald es aber einen bürokratischen Aufwand erfordert, brechen die Teilhabezahlen ein: Nicht mal vier Prozent der Anspruchsberechtigten erhielten Nachhilfeunterricht und nicht mal jeder fünfte der Anspruchsberechtigten bekam Zuschüsse für eintägige Schulausflüge.

Da ja doch eine ganze Menge Kinder „sozial schwacher“, also armer Familien im Laufe eines Jahres einen Schulausflug machen, stellt sich die Frage: Was ist eigentlich mit den anderen 80 Prozent? Haben die es nicht geschafft, einen Antrag zu stellen? Nach der vorläufigen Rückmeldung der Länder wurden im Jahr 2012 rund 40 Prozent der Mittel für das Bildungspaket gar nicht abgerufen.

Quittungen, Fahrkarten, Bescheinigungen

Eine zusätzliche Sozialleistung für Kinder, die von den Jobcentern nur bei bestimmten Voraussetzungen und immer nur von Fall zu Fall auf Antrag der Eltern gewährt wird, und wo auch noch Quittungen, Fahrkarten, Bescheinigungen von Schulen und Sportvereinen vorgelegt werden müssen: Diese Konstruktion konnte nicht funktionieren.

Fast ein Drittel der Ausgaben für das Bildungspaket sind Verwaltungskosten. Das Geld könnte man besser verwenden. Der politische Auftrag an die nächste Bundesregierung lautet, dafür einen gangbaren Weg zu finden.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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4 Kommentare

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  • C
    claudia

    zu Horsti:

    Genau, die Verwaltungskosten sprich die beamteten Herrschaften sind ja auch nicht billig und von unseren Steuergelder müssen wir deren fast doppelt so hohe Rente und Krankenkasse auch noch zahlen, was Beamte ja nicht zahlen müssen.

     

    Der Betrag, der von Fr. v.d.Leyen zur Verfügung gestellt wird ist eine soziale Idee, nämlich weitere Arbeitsplätze schaffen für Beamte??

  • RB
    Rainer B.

    @ Laura Himmelreich

     

    Sie gelten schon mal nicht als sozial benachteiligt, weil Ihnen ja immer noch die Schulmilch bleibt!

  • JH
    Jan Hamann

    Ich finde es traurig, das finanziell schlechter Gestellte immer als sozial schwach deklariert werden. Eigentlich ist es genau andersherum, diejenigen die Reichtum auf sich anhäufen und damit direkt zur Armut anderer Beitragen sind diejenigen, die sozial schwach sind.

  • H
    Horsti

    Diese "Sozialleistung" kann man sich sparen, denn die Verwaltungskosten dürften höher sein als das was die Eltern bekommen.