Kommentar Betriebsräte: Guter Rat für Manager
Die Gewerkschaften sollten es sich gut überlegen, mehr Macht in die Betriebe zu verlagern. Zu oft wurden Betriebsräte zu Handlangern der Geschäftsführung ohne Durchsetzungskraft.
M ehr Macht in die Betriebe? Klingt gut! Auf jeden Fall besser als Flächentarifvertrag, Anerkennungstarifvertrag und Allgemeinverbindlichkeitserklärung. Es erinnert mehr an Schweiß, an Basis, an echte Menschen. Denn Betriebsräte bekommen normale Löhne und Gehälter und müssen nicht wie Unternehmensvorstände bezahlt werden, was Gewerkschaftsvorsitzende schon mal für sich in Anspruch nehmen.
BEATE WILLMS ist Redakteurin im taz-Ressort Ökologie und Wirtschaft.
Vom Marketingaspekt her gesehen, vom Ziel, neue Mitglieder zu gewinnen, ist es also gar nicht so dumm, wenn die Gewerkschaften Betriebsräten und gewerkschaftlichen Vertrauensleuten mehr Spielräume geben.
Aber haben die Betriebsräte dadurch auch an Macht gewonnen? An Gestaltungsmöglichkeiten? Sicher, in manch einem Betrieb sähe es heute düsterer aus, hätte der Betriebsrat sich nicht beizeiten um Alternativen zu Standortverlagerungen und Stellenstreichungen bemüht. Und viele Entlassungen wären weniger sozialverträglich gelaufen.
Doch fest steht auch, das dies nur äußerst selten gegen das Management durchgesetzt werden musste. Geschäftsführungen lassen Betriebsräte gerne machen, wenn sie ihnen die Arbeit abnehmen. Zumal wenn es um Rettungskonzepte und Sparpläne geht. Und wenn sie diese dann der Belegschaft auch noch als großen Erfolg verkaufen können, umso besser.
Gefallen den Managern die Ideen dagegen nicht, werden sie einfach nicht umgesetzt. Und oft fällt erst dann auf, dass die Strukturen fehlen, um eine Forderung zu erzwingen. Viele Unternehmen sind längst globalisiert, die Mitbestimmung aber hinkt weit hinterher. Bei einem Konflikt kann die Firmenleitung die Hände heben: Tut uns leid, das entscheidet die Zentrale. In Detroit zum Beispiel. Das war`s dann.
Noch ist Zeit für die Gewerkschaften, es sich anders zu überlegen. Schließlich gibt es auch noch genug Konflikte, die zentral ausgefochten werden müssen, die Internationalisierung der Mitbestimmungsstrukturen sollte dabei ganz oben stehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt