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Hamburg - ganz böse: Einfach mal so die Identität von Einwanderern feststellen wollen.
O.K., Sarkasmus ist hier falsch am Platz. In Berlin ein Sieg für die Vernunft. Erfreulich für alle, die keiner derzeit unverantwortlichen No-Border-Ideologie für alle, Flüchtlinge oder auch nicht, nachhängen. Gründliche Einzelfallsprüfung also. Teuer, gesetzmäßig und verantwortungsvoll. Eine Gruppenanerkennung habe ich vor einem Jahr noch zumindest bei den Libyen- Arbeitsmigranten für legitim gehalten. Bin inzwischen anderer Meinung, da das entsprechende Gesetz für Gruppenverfolgung in den Heimatländern gedacht war (Juden zum Beispiel; faktisch zu Recht auch bei bonischen Muslimen in den 90ern angewandt).
Und nun lasst uns gemeinsam überlegen, wie Menschen, die wirklich an Leib und Leben bedroht sind, tatsächlich die Chance haben, in Sicherheit zu kommen (hierher oder andernorts). Das wäre eine erwachsen Diskussion jenseits ideologischer Spinnereien.
sieg für die vernunft?
ich sehe: steine statt brot.
zugesagte einzelfallprüfung?
was sagt mir das über die gegenwärtige asylverfahrenspraxis? nix gutes!
ich sachmaso: Berlin hat die chance auf eine resettlement-lösung verpaßt. schade!
und bitte keine märchen erzählen! gruppenverfolgung für flüchtlinge aus ex-jugoslawien war ab dem moment höchstrichterlich gecancelt, als sie tatsächlich gebraucht wurde. weshalb auch bosnische muslime eher kein asyl sondern eine duldung erhielten.
Kommentar Berliner Flüchtlingscamp
Ein vergifteter Deal
Die Flüchtlinge räumen das Camp – freiwillig. Dafür gibt's eine Einzelfallprüfung. Jetzt besteht die Gefahr, dass die Flüchtlinge zum Schluss blank dastehen.
Nicht alle wollen das Camp auf dem Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg aufgeben. Bild: dpa
Es klingt nach einem Sieg der Diplomatie. Wochenlang hatte der Berliner Senat mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz verhandelt. Der nun errungene Deal: Die Bewohner erhalten eine Einzelfallprüfung auf Bleiberechtsanträge. Dafür räumen sie den seit anderthalb Jahren besetzten Platz – freiwillig.
Erst mal ein Erfolg. Denn es hätte auch anders aussehen können. Anfang des Jahres hatte der CDU-Innensenator bereits eine Räumungsfrist verkündet. Berlin wäre damit dem Weg der Härte gefolgt, mit dem auch andere Bundesländer auf die seit Jahren größten Flüchtlingsproteste reagierten.
In München ließ die Stadt hungerstreikende Asylsuchende räumen. In Hamburg schickte die SPD ein Polizeigroßaufgebot, um die Identität protestierender Flüchtlinge festzustellen.
In Berlin stoppte Bürgermeister Wowereit die geplante Räumung, ließ neu verhandeln. Ein Schritt der Vernunft – denn die Alternative war für ihn kaum attraktiver: Alles andere hätte wohl tagelange Krawalle bedeutet, die autonome Szene lief sich schon warm.
Nicht der erste Deal
Die jetzige Einigung am Oranienplatz ist aber mehr als fragil. Schon einmal gab es einen Deal, im November: Damals bekamen die Flüchtlinge ein Winterquartier gestellt – gegen eine Platzräumung. Einige Bewohner aber blieben. Und auch jetzt wollen nicht alle Flüchtlinge den Platz verlassen. Es wird also wohl wieder nur eine Teillösung.
Die Skepsis der Verharrenden ist nachvollziehbar. Denn das Angebot des Senats ist vage. Was die Prüfung die Bleibeanträge am Ende ergibt, bleibt mehr als offen. Der jetzige Deal könnte sich für die Flüchtlinge deshalb als vergiftet erweisen.
Gehen sie darauf ein, könnten sie am Ende dennoch blank dastehen. Lehnen sie ihn ab, könnte der Senat doch noch die Polizei schicken: Man habe ja guten Willen gezeigt, aber nun sei es gut.
Zur Erinnerung: Es ist der Protest gegen Sammellager, gegen Arbeitsverbote und die Residenzpflicht, weshalb die Flüchtlinge seit anderthalb Jahren auf dem Oranienplatz ausharren.
Die Bewohner waren von Anfang an zur Räumung bereit – wenn man ihnen politisch entgegengekommen wäre. Das aber ist bis heute kaum passiert. Und daran ändert auch der ausgehandelte Deal nichts. Sollten die Flüchtlinge nun den Platz räumen – freiwillig oder nicht –, es wäre ein bitteres Ende des Protests. Eines mit leeren Händen.
Kommentar von
Konrad Litschko
Redaktion Inland
Redakteur für Themen der "Inneren Sicherheit". Seit 2010 in der taz, anfangs im Berlin-Ressort, dort zuständig für "Außerparlamentarisches". Seit 2014 Redakteur in der Inlands-Redaktion. Jahrgang 1984, Studium der Publizistik und Soziologie.
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