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Dass die Firmenchefs der Genossenschaften gegen Gewerkschaften sind, ist ja tatsächlich noch begreiflich, aber warum lassen sich die gewöhnlichen Arbeiter für die Interessen der Chefs einspannen und kämpfen auf der Strasse gegen Gewerkschaften? Gerade weil auch bei den Genossenschaften prekäre Arbeitsbedingungen vorherrschen, gibt es doch genug gute Gründe, dass die Arbeiter für Gewerkschaften und gegen ihre Chefs kämpfen.
Wer sich in Bolivien für Gewerkschaften einsetzt muß aber nicht nur gegen die Genossenschaften kämpfen, sondern parallel auch gegen die Söldner der internationalen Konzerne. Da werden sich die meisten Menschen lieber von einer der Parteien ausnutzen lassen, also für ihre Rechte eintretend zwischen den Fronten zu sterben. Und die Einheimischen Bosse gehen üblicherweise weitaus weniger brutal mit den eigenen Arbeitern um als die "Sicherheitsunternehmen" aus den USA:
Palästinensische Stimmen fehlen im deutschen Diskurs, sagt die Wissenschaftlerin Sarah El Bulbeisi. Das komme systematischer Gewalt gegen sie gleich.
Kommentar Bergbaustreiks in Bolivien: Töten gegen staatliche Kontrolle
In Bolivien haben viele Genossenschaften die Größe von Bergbaumultis erreicht. Ihr Protest richtet sich gegen die Zulassung von Gewerkschaften.
Traditionell harte Bandagen: ein Bergarbeiter beim Zusammenstoß mit Polizisten Foto: ap
Arbeitskämpfe werden in Bolivien traditionell mit harten Bandagen geführt. Bilder von kilometerweit verstreuten Steinbrocken auf den Überlandstraßen des Landes gehören ebenso dazu, wie der Knall explodierender Dynamitstangen, wenn die Bergleute protestieren.
Der Tod des Vize-Innenministers Rodolfo Illanes am vergangenen Donnerstag stellt jedoch auch für bolivianische Verhältnisse eine neue Stufe der Eskalation dar. Zum Schlichten war der Regierungsvertreter Illanes den Bergarbeitern, den Mineros, entgegengefahren und wurde mutmaßlich von einigen von ihnen gekidnappt und zu Tode geprügelt.
Ein Teil der bolivianischen Mineros ist in sogenannten Cooperativas organisiert. Ihre Zahl wird auf 1.700 geschätzt, die ihrer Mitglieder auf etwa 10.000. Die Bezeichnung Kooperative führt allerdings bei einer Reihe von ihnen in die Irre. Richtig ist, dass die Mitglieder formal keine Chefs haben, nicht der staatlichen Bergbaugesellschaft unterstehen und auch nicht für Hungerlöhne und unter schlechten Arbeitsbedingungen für die großen Bergbaumultis schuften müssen.
Durch den Boom der internationalen Rohstoffpreise auch bei Erzen und Metallen sind jedoch nicht wenige dieser Kooperative zu großen Firmen herangewachsen, die heute in ihren Ausmaßen den internationalen Unternehmen immer näher kommen. Meist ist es die Kerngruppe aus den Gründungsjahren der Kooperative, die zusätzliche Mitglieder formal einstellt, aber unter prekären Bedingungen beschäftigt. Staatliche Kontrolle findet nicht statt, ganz zu schweigen von der gewerkschaftlichen.
Mit dem Boom der Rohstoffpreise sind einige der Kooperativen zu großen Firmen gewachsen
Vor diesem Hintergrund zeigen sich der granitharte Widerstand so mancher Cooperativistas gegen die Zulassung von Gewerkschaften und ihre gleichzeitigen Forderungen nach zusätzlichen Konzessionen für neue Abbaugebiete, um mit den privaten Multis kooperieren zu können, und nach Lockerung von Umweltauflagen in einem ganz anderen Licht.
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Kommentar von
Jürgen Vogt
Korrespondent Südamerika
Kommt aus Karlsruhe. Studierte Politische Wissenschaft in Hamburg und Berlin und arbeitete zwölf Jahre als Redakteur und Geschäftsführer der Lateinamerika Nachrichten in Berlin. Seit 2005 lebt er in Buenos Aires. Er ist Autor des Reisehandbuchs “Argentinien”, 2023, Reise Know-How Verlag.
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