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Kommentar Beatrix' AbdankungMonarchie und Alltag

Kommentar von Tobias Müller

Selbst linke und liberale Medien vergießen Tränen ob des Abschieds der „guten Königin“. Aber, hallo: Monarchie und Demokratie bleiben Gegensätze.

Bürger oder Untertan? Dieser Niederländer ist für den Thronwechsel präpariert. Bild: dpa

D a war sie wieder: Beatrix, die Anwältin von Offenheit und Toleranz, multikultureller Gesellschaft und dem vereinten Europa. Von all diesen Werten sprach die scheidende Monarchin am Vorabend ihrer Abdankung. Ein letztes Mal rief sie zum Zusammenhalt der Gesellschaft auf, die sich in ihrer Amtszeit just über obige Fragen zerfleischte.

Nun ist es mit abtretenden Monarchinnen ein wenig wie mit den Toten: Beinahe niemand mag noch etwas Schlechtes über sie sagen. Die gefühlduselig - wohlwollenden Rezensionen von Beatrix’ Schwanengesang in den niederländischen Medien haben aber noch einen anderen Grund: Die wiederholten Auftritte als Mahnerin zu Verständigung und Dialog bringen ihr nicht erst seit gestern auch die Zuneigung liberaler und linker Kreise.

Die Frage muss sich stellen: War diese Monarchin am Ende gar eine moderne Version des „guten Königs“? Schliesslich nannte sie „nicht Macht oder erblichen Einfluss, sondern der Gemeinschaft dienen“ als Ziel zeitgenössischer Regentschaft, die zudem den Respekt für die Demokratie zu fördern habe.

Tobias Müller

berichtet für die taz aus den Niederlanden.

An dieser Stelle irrt Beatrix. Ihre Werte in Ehren, doch Monarchie und Demokratie, Untertanen und Bürger, dies sind auch 2013 noch fundamentale Gegensätze, die keine noch so „gute Königin“ aufzulösen vermag. Diese Erkenntnis umzusetzen wird die Aufgabe der niederländischen Politik, wenn mit dem Thronwechsel auch der Charakter der Monarchie neu definiert wird.

Ein erster Schritt ist der Plan, das nicht gewählte Staatsoberhaupt solle nicht länger Teil der Regierung sein. Eine Parlamentsmehrheit dafür exisitert bereits. Irgendwann, wenn der Krönungshype abgeklungen ist, wird sie sich zu Wort melden – das ist so sicher wie der Kater nach dem Koninginnedag.

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4 Kommentare

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  • N
    Normalo

    Es mag für Schwarz-Weiß-Denker ungemütlich sein, aber die Realität beweist es immer wieder: "Demokratie" ist keine für die Praxis verwertbare, eindeutige Definition einer Staatsform.

     

    Überall wo es Demokratie gibt - selbst in der Schweiz - tritt sie in einer Mischform aus direkter Volksherrschaft und repräsentativer Herrschaft "für das Volk" auf. Die (parlamentarische) Monarchie ist in diesem Sinne keine dem demokratischen Gedanken grundsätzlich "fremde" Konstruktion sondern nur eine von vielen möglichen Ausformungen des repräsentativen Elementes.

     

    Der demokratische Gedanke verlangt vor allem Eines: Dass die konkrete Herrschaftsform nicht von irgendwelchen Klerikern oder militärischen oder ökonomischen Machthabern oktroyiert wird, sondern dass eine Mehrheit des Volkes seinen Staat so will, wie er ist, und regelmäßig Gelegenheit hat, ihn zu ändern, sollte das mal nicht mehr so sein. Der Souverän darf ALLES so regeln, wie es ihm passt - auch den Teil der Staatsgeschäfte, mit dem er nicht behelligt werden möchte.

     

    Wenn man sich also die Niederlande heute anschaut, kann man nicht umhin festzustellen, dass sie durch und durch demokratisch sind - und die Republikaner einfach nur in der Minderheit.

  • TK
    Thomas Körtvélyessy

    Ich erinnere dann noch an die jahrzehntelangen Verbrechen von Shell in Nigeria ... Es gibt durchaus auch Gegenstimmen. Hier ein mutiges Beispiel http://www.youtube.com/watch?v=68tjVQUXnng (die Protestlerin wurde später wieder freigelassen) und hier ein Anti-Königslied, http://www.youtube.com/watch?v=68tjVQUXnng (mit den Verweisungen auf Babylon, und Bilderberg, nicht ganz meine eigene Meinung, aber jedenfalls ein Gegenbeispiel das durchs Internet kursiert)

  • S
    super

    Ob der von mir nicht gewählte Schwafler der mich ungefragt repräsentieren soll sich Präsident oder König nennt ist vollkommen Wurscht.

    Monarchien haben aber einen besseren Glamour-Faktor. ;)

  • U
    Untertanix

    "Royal Dutch Shell" hat bei den Raffinerieanlagen bei Köln/Wesseling massive Umweltverschmutzung betrieben... davon weiß die Dame natürlich nix. Ist ja nur Ihre königliche Firma die da jahrelang an Sicherheit und Technik spart.