Kommentar Barroso-Wiederwahl: Pokerspiel der Sozialisten

Während Grüne und Liberale sich klar gegen EU-Kommissionspräsident Barroso aussprechen, lavieren die Sozialisten herum. Denn ihnen geht es um Pöstchen, nicht um Inhalte.

Im Europaparlament hat Kommissionspräsident Manuel Barroso nicht viele Freunde. Selbst manche Konservative, deren Kandidat er ja ist, halten ihn für wetterwendisch und visionslos. Doch eine Alternative, der alle 27 Regierungschefs zustimmen könnten, haben die Abgeordneten auch nicht. Deshalb suchten sie zunächst formale Ausflüchte: Barroso sei ja nicht offiziell nominiert, das Parlament könne also gar nicht über ihn abstimmen.

Die offizielle Nominierung haben die Regierungen am Donnerstag im schriftlichen Verfahren nachgeholt. Jetzt liegt der Ball wieder beim Parlament. Doch dort vertreten nur Linkspartei und Grüne eine nachvollziehbare Position: Barroso habe in fünf Jahren Amtszeit eine neoliberale und regierungshörige Politik verfolgt. Das werde sich auch in Zukunft nicht ändern, und deshalb könne man ihn nicht wählen, lautet das Fazit dieser beiden Parteien. Die Konservativen stehen offiziell zu ihrem Parteifreund, wenn auch hinter vorgehaltener Hand viel Negatives gemurmelt wird.

Kryptisch agieren die Sozialisten, allen voran ihr Fraktionschef Martin Schulz. Barroso habe fünf Jahre lang keine arbeitnehmerfreundliche Politik gemacht, sei also nicht wählbar. Die Fraktion werde sich aber sein neues Programm anhören und ihm vielleicht doch noch eine Chance geben. Vor allem durch die Vergabe wichtiger Kommissionsposten an sozialdemokratische Politiker könne Barroso seinen guten Willen beweisen.

Mit anderen Worten: Wenn das Personalpaket stimmt, werden die Sozialisten den Neoliberalen unterstützen. Gepokert wird nicht nur um Kommissarsjobs, sondern auch um das Amt des Außenministers und des Ratspräsidenten, die im Herbst, falls der Lissabon-Vertrag in Kraft tritt, neu zu besetzen sind. Es geht den Sozialisten also nicht um politische Inhalte, sondern um Pöstchen.

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