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Kommentar Bankenhilfe SpanienBesser die Wirtschaft stützen

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

Nun begibt sich auch Spanien unter den europäischen Rettungsschirm. Dabei zeigt sich wieder einmal: Die Krise verstärkt sich selbst.

N un ist es geschehen: Das vierte Land begibt sich unter den europäischen Rettungsschirm. Spanien hat einen offiziellen Brief nach Brüssel geschickt und Hilfe für seine Banken beantragt. So weit, so klar. Der Rest hingegen ist vage: Wie viele Milliarden es denn sein sollen, zu welchen Zinsen, Laufzeiten und Auflagen.

Diese Vagheit hat nicht nur damit zu tun, dass die Verhandlungen noch laufen. Sie ist auch systembedingt. Niemand kann jetzt wissen, wie groß die Hilfe für Spanien ausfallen muss. Denn die Eurokrise ist ein selbstreflexiver Prozess. Oder um es weniger hochtrabend zu sagen: Die Krise verstärkt sich selbst.

Spanien ist dafür ein gutes Beispiel. Die dortigen Banken sitzen nicht nur auf faulen Krediten, weil sie einen unsoliden Bauboom finanziert haben. Inzwischen fallen immer mehr Darlehen aus, weil die Wirtschaft schrumpft. Wenn die Arbeitslosigkeit steigt und Firmen schließen müssen, dann können viele Bankkunden ihre Kredite nicht mehr bedienen.

Bild: taz
Ulrike Herrmann

ist wirtschaftspolitische Korrespondentin der taz.

Dieser Zusammenhang zwischen Rezession und Bankenkrise wird auch von den beiden Beratungsteams betont, die die spanischen Banken durchleuchtet haben. Das Resultat: Wenn die spanische Wirtschaft in den nächsten beiden Jahren um 6,5 Prozent schrumpft, benötigen die Banken bis zu 62 Milliarden Euro. Fällt die Rezession geringer aus, sind es maximal 25 Milliarden.

Die Europäer können also selbst entscheiden, wie teuer die spanischen Banken werden. Denn die Rezession ist ja nur so dramatisch, weil der spanische Staat auf einen Sparkurs gezwungen wird. Die Europäer haben die Wahl: Sie können die spanischen Banken retten – oder die spanische Wirtschaft stützen. Von der zweiten Variante hätten alle mehr.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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3 Kommentare

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  • V
    vic

    Ich für meinen Teil hab die Nase voll von Banken retten.

    Wer rettet am Ende mich?

  • DQ
    Don Quijote

    Mehr Tiefgang bitte. Selbst wenn man der fraglichen Meinung folgt: Das Land hatte (abgesehen von seinem auf Pump mit Billigzinsen unter falschen Annahmen finanzierten Autobahn- und Häuserbau) nie eine Wirtschaft, die die Europäer jetzt "unterstützen" könnten. Sie könnten vielleicht einmal häufiger pro Jahr an den Ballermann fahren und mehr Sangria trinken, that's it.

  • R
    Ralph

    Es mag ja nach Verschwörungstheorie klingen, aber ich für mein Teil unterstelle Vorsatz.

     

    Anders läßt sich nämlich das Merkel'sche Festhalten an ihrer Sparmanie -- von der im Übrigren von Anfang an klar war, daß sie scheitern *mußte*, Gründe hat Frau Herrmann ja ausführlich dargelegt -- nicht erklären.

     

    Die Frage lautet also: Qui bono? Wem nützt es?

     

    Leider fehlt mir, ganz offen gesagt, der Mut, dieser ganz speziellen Frage nachzugehen.