Kommentar Bahn-Warnstreiks: Motivation durch Teilhabe
Gut, dass die Gewerkschaft Transnet für einheitliche Löhne für die Bahnbeschäftigten streiken will. Das schützt vor Dumping. Die Lokführer könnten da ruhig mitmachen.
M it Fug und Recht hält die Bahngewerkschaft Transnet in dieser Woche die Züge an, um für einheitliche Löhne für die Bahnbeschäftigten zu streiken. Der Wettbewerb zwischen den Bahngesellschaften auf dem liberalisierten Eisenbahnverkehrsmarkt darf nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Gut, dass auch die Deutsche Bahn betroffen ist. Denn das Staatsunternehmen konkurriert gegen die Privaten mit regionalen Tochtergesellschaften, in denen sie ihren Angestellten weniger zahlt als im Mutterkonzern.
Ein Branchentarifvertrag ist aber auch im Interesse der Bahnkunden. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, müssen sie nicht allzu weit um die Ecke denken - gerade, wenn es sich um Pendler handelt. Denn diese wollen als Arbeitnehmer für ihre Arbeit auch anständig bezahlt werden. Zwar sind die Mitarbeiter der Privatbahnen noch entfernt von der Ausbeutung, die in anderen Branchen, etwa in Hotels oder Callcentern, inzwischen üblich ist. Doch was zählt, ist die Tendenz. Es sollte sich herumsprechen, das Lohndumping langfristig schlecht für den Standort Deutschland ist.
Um effektiv gegen die für alle schädliche Lohn-Abwärtsspirale vorzugehen, ist nicht nur die Solidarität der Kunden notwendig. Dass die Lokführergewerkschaft GDL sich vornehm zurückhält und auf eine Teilnahme am Streik mit dem Hinweis verzichtet, sie sei bei ihren eigenen Tarifverhandlungen auf einem guten Weg, ist kurzsichtig. Eine Organisation hält es auf Dauer nicht aus, wenn ihre Belegschaft in privilegierte Qualifizierte und ein unterbezahltes Fußvolk gespaltet wird. Sie ist auf motivierte Mitarbeiter auf allen Ebenen angewiesen - und Motivation entsteht auch durch Teilhabe. Das gilt übrigens nicht nur für Unternehmen.
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