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Kommentar BVG-StreikGut, dass die nicht auch S-Bahn fahren

Kommentar von Stefan Alberti

Ein ganztägiger Ausstand auf allen Linien trotz Berlinale, Bundesliga und S-Bahn-Baustellen hat mit kleineren Nadelstichen nichts zu tun.

W enn es noch eines Arguments bedurft hätte, dass die BVG nicht zusätzlich den S-Bahn-Betrieb übernehmen sollte, wäre dieses nun da: mit dem sogenannten Warnstreik der BVG-Mitarbeiter, der sich kaum von einem echten Streik unterscheidet. Denn würden Fahrer von U-Bahnen, Bussen, Trams und S-Bahnen in einem Unternehmen gemeinsam streiken, wäre das Chaos nicht nur groß, sondern perfekt. Alles in einer Hand kann manchmal gut sein - hier definitiv nicht.

Mit dem alten Slogan "Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will" könnte man das auch anders sehen. Allerdings: Wenn schon der S-Bahn-Betrieb in Berlin neu organisiert wird, sollten die Probleme gelöst werden und nicht noch vergrößert. Der vermeintliche Warnstreik stützt daher all jene, die sich wie der Senat für eine Ausschreibung des S-Bahn-Betriebs einsetzen.

Das ist kein Warnstreik

Das soll nun nicht am Streikrecht rütteln. Bei der Gewerkschaft Ver.di läuft das programmierte 15-stündige Chaos am Samstag offiziell unter dem Titel "Warnstreik". Diese aber, so die bisher gängige Meinung, sollten wie Nadelstiche wirken. Sollten vor Augen führen - wortwörtlich davor warnen -, wozu die Mitarbeiter bereit sind, wenn man ihre Forderungen nicht erfüllt.

Ein ganztägiger Ausstand auf allen Linien, trotz Berlinale, ausverkauftem Olympiastadion und S-Bahn-Baustellen, hat mit kleineren Nadelstichen aber nichts zu tun. Der Fahrgastverband Igeb hat dafür den richtigen Begriff gefunden: "Unverantwortlich".

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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15 Kommentare

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  • H
    Heinrich

    Da Herr Alberti in der Taz vom Freitag, den 17.2.2012 in dem Kommentar nichts über die Gründe des Streiks berichtet hat, hier einige Infos:

    "Die ver.di-Tarifkommission für die BVG/BT hat in ihrer heutigen Sitzung das vorliegende Angebot der Arbeitgeberseite einstimmig als unzureichend abgelehnt. Es ist bislang nicht gelungen, sich in sechs Verhandlungsrunden anzunähern. Daher werden die Beschäftigten deutlich machen, dass ihre Geduld erschöpft ist.

    Das Angebot der Arbeitgeber beinhaltet über die geplante Laufzeit von drei Jahren Steigerungen von insgesamt 4,9 Prozent.Sowohl die ver.di-Verhandlungs- als auch die Tarifkommission haben dieses Angebot als viel zu gering bewertet, da es noch nicht einmal annähernd die Inflationsverluste ausgleiche." (Quelle verdi)

    Ich finde schon, dass es ein Grund für den Streik ist, sich gegen Reallohnsenkungen zur Wehr zu setzen. Ein Streik, wenn er wirkungsvoll sein soll, trifft immer auch Nichtbeteiligte.

  • H
    Heinrich

    Da Herr Alberti in der Taz vom Freitag, den 17.2.2012 in dem Kommentar nichts über die Gründe des Streiks berichtet hat, hier einige Infos:

    "Die ver.di-Tarifkommission für die BVG/BT hat in ihrer heutigen Sitzung das vorliegende Angebot der Arbeitgeberseite einstimmig als unzureichend abgelehnt. Es ist bislang nicht gelungen, sich in sechs Verhandlungsrunden anzunähern. Daher werden die Beschäftigten deutlich machen, dass ihre Geduld erschöpft ist.

    Das Angebot der Arbeitgeber beinhaltet über die geplante Laufzeit von drei Jahren Steigerungen von insgesamt 4,9 Prozent.Sowohl die ver.di-Verhandlungs- als auch die Tarifkommission haben dieses Angebot als viel zu gering bewertet, da es noch nicht einmal annähernd die Inflationsverluste ausgleiche." (Quelle verdi)

    Ich finde schon, dass es ein Grund für den Streik ist, sich gegen Reallohnsenkungen zur Wehr zu setzen. Ein Streik, wenn er wirkungsvoll sein soll, trifft immer auch Nichtbeteiligte.

  • A
    Alf

    Für den immer wieder gern zitierten jungen Busfahrer eine Verbesserung der Einkommensverhältnisse und Arbeitsbedingungen zu fordern, fände ich berechtigt. Diese Gruppe wird aber leider benutzt, um für die Gesamtheit der BVG-Mitarbeiter dieselben Verbesserungen zu fordern.

    So mancher Arbeitnehmer in der so genannten "freien Wirtschaft", wünscht sich die Sicherheit, die BVG-Mitarbeiter haben.

  • P
    Peter

    Der schlechtbezahlteste BVG Mitarbeiter verdient immer noch doppelt soviel, wie ich als Altenpfleger. Und ich komme nicht einmal zur Arbeit.

    Solidarität war vorgestern.

  • MP
    mr. perry

    Peinlicher Kommentar für die TAZ.Da gibt es ENDLICH mal einen Arbeitskampf, der diesen Namen verdient, und sie jammern im gleichen Ton wie die Arbeitgeber.

    Sie würden nichtmal bei einem Generalstreik mitmachen...

  • M
    melbo123

    Wie peinlich ist dieser Artikel?

    Ist die taz jetzt von der FAZ gekauft worden?

    Bloß gut, dass das Streikrecht im Grundgesetz verankert ist, denn scheinbar sind deutlich mehr Menschen gegen die Rechte im Grundgesetz als sie zugeben würden. Wie soll sonst gestreikt werden? Die Beschäftigten könnten natürlich auch in ihrer Freizeit auf dem Bahnhof stehen und ein Transparent hochhalten. Aber nur, wenn sich auf dem "betroffenen" Bahnhof niemand gestört fühlt.

    Danke liebe taz...schwarz/ grün wird irgendwann kommen...

  • T
    Tuncay

    Ein schönes Bespiel, wie unsolidarisch und ego die Gesellschaft geworden ist.

    Normalerweise sollte es jedem Einwohner eine Herzensangelegenheit sein, dass gerade die BVGler für ihre Arbeit korrekt bezahlt werden und ein vernünftiges Arbeitsumfeld haben. Denn dann müßten diese nicht erst streiken!

     

    So aber regen sie sich auf, dass sie nicht pünktlich zum Fußball oder ins Kino kommen.

     

    @abc

    Nein, Sie übersehen das. Die Gewerkschaften hätten den Streik auch vor das Wochenende legen können. Dann wären deutlich mehr Leute davon betroffen. Deshalb ist ihre Frage nach dem "wie" völlig überzogen.

    Wenn Sie irgendwann in einer Situation sind, dass Sie für ihre Rechte kämpfen müssen, würde mich wirklich interessieren, ob Sie dann auch so großzügig wären, wie Sie es hier von den Streikenden fordern.

    Die Geschichte sagt mir, natürlich nicht!

    Natürlich kämpfen Sie dann für ihr Recht - bzw. lassen Andere stellvertretend für sich kämpfen.

     

    Nur mal so:

    Daß es vielen Leuten in Deutschland noch relativ gut geht und wir einigermaßen gut durch die Krise der letzten Jahre gekommen sind, im Gegensatz zu anderen Ländern, hat neben bestimmten Dingen wie bsw. dem Kurzarbeitergeld auch damit zu tun, daß sich die Gewerkschaften und die Arbeitnehmer in ihren Lohnforderungen deutlich zurückgehalten hatten.

     

    Also meckert nicht imer gleich rum, denkt auch mal nach.

  • O
    ole

    "Trotz Berlinale und Fußball..."

     

    Oooooooooch...

    Wenn das hier alles so arg schlimm ist, dann sollten die aufgebrachten Bürger und Herr Alberti eher dafür plädieren, daß eine Stadt wie Berlin Interesse an ordentlichen Lohn- und Arbeitsverhälnissen ihrer Arbeitnehmer in den sogenannten systemrelevanten Infrastrukturbereichen wie den Verkehrsbetrieben hat.

     

    Stattdessen werden die eigenen egoistischen Standpunkte denen der anderen Arbeitnehmer übergeordnet und deren Tun als Unverschämtheit abgekanzelt.

     

    Die "harmlosen" Streiks, die keinem Menschen weh tun, jucken die Arbeitgeber doch längst nicht mehr. Sie werden lediglich herangezogen, um auf die Unverschämtheiten der Arbeitnehmer und der Gewerkschaften hinzuweisen und öffentlich Front gegen deren Forderungen zu machen.

     

    Davon einmal abgesehen:

    Man hätte auch am Dienstag oder Mittwoch streiken können. Hat man aber nicht, weil man sich eben doch um das "WIE" Gedanken gemacht hatte. Weil man eben doch "solidarisch" mit der überwiegenden Mehrheit der anderen Arbeitnehmer ist, welche von Montag bis Freitag zum Arbeitsplatz gelangen müssen.

     

    Deshalb ist meiner Meinung nach eine solche Maßnahme gerechtfertigt.

  • D
    Daniel

    Taz, was ist denn mit euch los???

    Sonst gehts immer um Entschleunigung, mehr Lohn, mehr Rechte usw. und heute auf einmal: besser Auschreibung, besser Lohndumping (das passiert dann nämlich), Gewerkschaften schwächen indem man sie zersplittert, Privatisieren, juhuu

  • A
    abc

    @ taz: Danke!

     

    Mir geht es ähnlich: Ich verstehe die Forderungen der Gewerkschaft, aber gleich als ersten Schritt einen 15-stündigen "Warn"-Streik anzusetzen, ist eine Unverschämtheit.

     

    Was die Gewerkschaftsfunktionäre hier in den Kommentaren übersehen: es geht gar nicht um das "ob" des Streiks, sondern um das "wie". Und vor allem: Wer Solidarität von anderen einfordert, sollte auch selbst solidarisch gegenüber anderen sein. Und dieses Grundprinzip verletzt ver.di hier kläglich.

     

    Insofern gehen die Kommentare von Romina und Marc schlicht am Hauptkritikpunkt vorbei.

  • J
    Joachim

    Weiter so schreiben Herr Alberti.

    Blender sind das, die Gewerkschaftsfunktionäre.

    Welche, die mit der Dummheit der Anderen rechnen.

    Anders kann man das Verhalten dieser Personen nicht deuten.

    Bescheiden sind sie sicherlich nicht - eher überheblich.

    Was immer gemacht wurde, brachte nur Chaos.

    Aber schuldig sind immer die Anderen; siehe Kommentar

    vom Gewerkschaftschef Herrn Bsirske.

    Es ist und bleibt eine Blamage für Verdi.

    Wer denkt an die vielen Kolleginnen und Kollegen

    die am Samstag arbeiten müssen.

    Die Verdi-Vertreter nicht.

    Liebe BVGler, wenn ihr mehr Geld in der Geldbörse

    haben wollt - austreten aus der Gewerkschaft und Beitrag sparen.

  • M
    Marc

    Eine Unverschaemtheit ist die Berichterstattung der TAZ die mit keinem Wort auf die berechtigten Gruende des Streiks eingeht. Wenn man als gutbezahlter Redakteur seinen Arsch im Trocknen hat, gibt einem nicht das Recht diejenigen zu kritisieren die dafuer noch kaempfen muessen.

    Was wuerde sie Herr Alberti denn bitte ohne Verdi verdienen????

     

    Wie waere es mal damit die Fahrgastverbaende zu kritisieren, dass sie sich einseitig der Arbeitgeberseite anschliesst?

    Jeder Berliner der sich nicht in einem unterbezahlten Arbeitsverhaeltniss sehen will hat diesen Streik zu unterstuetzen!!

  • P
    Pierre

    ich glaube aber, dass die Ausschreibung noch schlimmer als der (Warn)Streik ist. Das Problem besteht nicht aus dem Warnstreik, sondern aus den Konzequenzen einer Idiotpolitik bei Verkehrsmitteln egal Bus, Strassenbahn, U-Bahn und S-Bahn. Diese geführte Politik seit Jahren ist nicht sehr günstig für die Bevölkerung. Sie ist noch schlimmer als der Streik. Wir kennen auch diese Probleme in Paris. Gleich nach dem II. Weltkrieg dh nach einer 4 jährigen faschsitischen Besatzung konnte es in Frankreich besser gehen, dank des vom Widerstandsrates geplanten Programm genau von diesem Rat : die Verstaatlichung der Pariser Verkehrsmitteln. Das ist die Zukunft gewesen, wenn die Ausschreibung nur ein doofer Rückgang ist.

    MfG aus Paris

    pierre

  • P
    peter

    Ich finde die beabsichtigte Störung des Personenverkehrs eine unverschämte Sauerei.Ich verstehe sicherlich die (berechtigten )Interesse der Gewerkschaft sich für Ihre Mitglieder einzusetzen.allerdings wird mit dieser Quasi Beförderungsverweigerung auch erreicht das Arbeitnehmer nicht mehr zu Ihren Arbeitsplätzen kommen.

    Ich denke die Gewerkschaft nimmt ganz bewusst in Kauf das es in unserer Stadt zu inneren Unruhen,zu Wutzerstötungen und anderem kommt.Gratulation dazu kann ich nur sagen...

  • R
    Romina

    Und kein einziges Wort zu den Arbeitsverhältnissen in der BVG, kein Wort zu den Löhnen und zur Blockadehaltung auf der Gegenseite. Danke, taz!