Kommentar Aus für AKW in Bayern: Eine halbe gute Nachricht
Das AKW Gundremmingen wird nur zur Hälfte abgeschaltet; ein Zugeständnis an die Betreiber. Eine Verzögerungstaktik, die die Atomlobby freut.
Z unächst mal ist es eine gute Nachricht, dass das Atomkraftwerk Gundremmingen B zum Jahreswechsel endgültig vom Netz geht. Denn diese Abschaltung zeigt: Der zweite Atomausstieg, den die schwarz-gelbe Regierung nach der Fukushima-Katastrophe im Jahr 2011 überraschend beschlossen hat, wird tatsächlich umgesetzt. Die Befürchtungen mancher Atomkraftgegner, dass die Politik davon wieder abrückt, wenn Fukushima erst einmal in Vergessenheit gerät, hat sich nicht bestätigt.
In einem anderen Punkt haben die Kritiker aber recht behalten: Der Ausstieg geht viel langsamer als möglich. Auch dafür liefert das AKW Gundremmingen einen anschaulichen Beweis.
Denn während Block B dort in diesen Tagen die Stromproduktion für immer einstellt, darf Block C noch volle vier Jahre weiterlaufen. Einen rationalen Grund für diese Ungleichbehandlung gibt es nicht: Beide Blöcke wurden im gleichen Jahr fertiggestellt und sind technisch identische Siedewasserreaktoren. Diesen veralteten AKW-Typ, der auch in Fukushima stand, gibt es in Deutschland ansonsten nirgends mehr. Doch aus Rücksicht auf den Betreiber RWE wurde in Gundremmingen eine Ausnahme gemacht.
Ein früheres Abschalten wäre nicht nur dort ohne Probleme für die Stromversorgung möglich, sondern auch an anderen Standorten. Und der Übergang ins postnukleare Zeitalter würde sogar einfacher, wenn die Kraftwerke gleichmäßiger abgeschaltet würden, statt – wie geplant – in den Jahren 2021 und 2022 schlagartig die letzten sechs AKWs vom Netz zu nehmen.
Doch weil diese Argumente schon bisher ignoriert wurden, ist nicht davon auszugehen, dass die nächste Bundesregierung den Atomausstieg beschleunigt. Eher steht zu befürchten, dass die verbliebenen Atomfreunde versuchen werden, das endgültige Ende der Atomtechnik noch etwas hinauszuzögern, je näher es rückt. Wenn der Ausstieg dennoch umgesetzt wird wie beschlossen, wäre schon das auch für die Zukunft eine gute Nachricht.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden