Kommentar Asylbewerberleistungsgesetz: Urteil gegen Ausgrenzung
Das Karlsruher Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Meilenstein. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gilt nicht nur für Deutsche.
D as Karlsruher Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz ist ein Meilenstein. Flüchtlinge erhalten sofort 50 Prozent mehr Geld für ihren Lebensunterhalt. Zwar bleibt es in manchen Ländern bei der Verteilung von Sachleistungen, doch bekommen Flüchtlinge dort künftig immerhin ein verdreifachtes Taschengeld. Karlsruhe hat deutlich gemacht, dass das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum nicht nur für Deutsche gilt.
Möglich und notwendig war ein so weitgehendes Urteil aber nur, weil der Gesetzgeber die Flüchtlinge in den letzten Jahren mit ekelerregender Ignoranz behandelt hat. Zwanzig Jahre ohne jeden Inflationsausgleich – so etwas kann man nur mit Menschen machen, die ausgegrenzt sind und die man noch weiter ausgrenzen will. Karlsruhe hat mit seiner Übergangsregelung nur in etwa den Abstand zu den „normalen“ Sozialleistungen wieder hergestellt, der 1993 galt, als das Asylbewerberleistungsgesetz eingeführt wurde.
Wie es nun mit dem Gesetz weitergeht, muss der Gesetzgeber entscheiden. Dabei wäre die naheliegendste Lösung das Asylbewerberleistungsgesetz einfach wieder abzuschaffen. Schließlich hat Karlsruhe die meisten Begründungen für ein Zwei-Klassen-Recht abgelehnt. So darf die Berechnung eines eigenständigen Asylbewerber-Existenzminimums zum Beispiel nicht der Abschreckung von Flüchtlingen dienen.
ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Falls das Gesetz aber doch beibehalten werden soll, muss zumindest die Auszahlung der Sozialleistungen als Bargeld vorgeschrieben werden. Die Hilfsgewährung durch Essenspakete und Gutscheine für spezielle Läden ist schikanös. Zwar kann man auch mit 336 Euro im Monat kein angenehmes Leben führen. Aber zumindest sollten Flüchtlinge selbst entscheiden können, was sie sich wo zum Essen und Anziehen kaufen wollen. Soviel Selbstbestimmung muss sein.
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