Kommentar Asse: Union auf Tauchstation
Unglaubliche Details über Asse werden publik. Und die Union schweigt, weil das nicht in ihre Laufzeitverlängerungs-Offensive passt. Damit darf sie nicht durchkommen.
Malte Kreutzfeldt ist Ressortleiter in der taz-Redaktion Ökologie und Wirtschaft.
Wenn es um die Forderung nach längeren Laufzeiten für Atomkraftwerke geht, sind CDU und CSU nie um Stellungnahmen verlegen. Als sicher, billig und klimafreundlich bezeichnen sie die Technologie. Ihre Risiken spielen keine Rolle - um die dürfen sich andere kümmern.
Konsequenterweise geht die Union darum bei den aktuellen Problemen im Bergwerk Asse komplett auf Tauchstation. Obwohl der Betreiber des so genannten Versuchsendlagers, das Münchener Helmholtz-Zentrum, dem Forschungsministerium untersteht, gibt es von Ministerin Annette Schavan keinen Kommentar zu den neuen Erkenntnissen über Asse.
Diese sind wahrlich kaum zu glauben: Schon vor der Einlagerung des ersten Atommülls war bekannt, dass im angeblich trockenen Salzstock Wasser vorkommt. Ohne Genehmigung wurde radioaktiv verseuchte Lauge verlagert, entgegen früherer Aussagen befindet sich unter Tage auch Plutonium und Kernbrennstoff. Und anders als bei einer "Versuchsanlage" zu erwarten ist, war eine mögliche Rückholung des Atommülls von Anfang an nicht vorgesehen.
Indem die Betreiber und die vielen beteiligten Behörden sich die Schuld gegenseitig zuschieben, stellen sie eindrücklich unter Beweis, dass von einem verantwortungsvollen Umgang mit Atommüll keine Rede sein kann. Als neuer Betreiber für Asse kommt nur das Bundesamt für Strahlenschutz in Frage; es hat nicht nur die nötige Kompetenz, sondern mit Umweltminister Sigmar Gabriel auch einen Aufseher, der anders als Annette Schavan an Aufklärung und Konsequenzen interessiert scheint.
Doch mit solchen Veränderungen ist es nicht getan. Der Fall Asse muss Konsequenzen für die weitere Endlagersuche haben, denn auch der Standort Gorleben ist nicht nach fachlichen, sondern nach politischen Kriterien ausgewählt worden. Dass sich die unionsregierten Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg bisher weigern, auf ihrem Gebiet auch nur nach möglichen Standorten zu suchen, ist angesichts der Forderung nach Laufzeitverlängerung besonders absurd. Mit dieser Heuchelei darf die Union nicht durchkommen.
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