Kommentar Assad-Truppen in Afrin: Die falschen Verbündeten
Nicht alle Kurden in Idlib hoffen auf Assads Hilfe. Sie wissen, dass ihre Demokratische Föderation Nordsyriens unter Assad kaum eine Chance hat.
S eit dem Jahr 2012 sind die kurdischen Gebiete im Norden Syriens von der Präsenz des syrischen Regimes weitestgehend befreit. Dies hat der Bevölkerung von Rojava, wie die Kurden ihre Region nennen, die Möglichkeit gegeben, eine eigene Verwaltungsstruktur aufzubauen und Wahlen auf mehreren Ebenen abzuhalten.
Doch nun hat der Diktator Baschar al-Assad in Damaskus seine Truppen wieder in Marsch gesetzt – nach Afrin, das seit dem türkischen Einmarsch am 20. Januar von Erdoğans Luftwaffe bombardiert wird. Es waren ausgerechnet Kurden, die daraufhin Assad um militärische Hilfe baten. Das mag zwar nachvollziehbar sein, eine gute Idee ist das jedoch nicht. Das Assad-Regime hat sich seit dem Beginn der Proteste im Frühjahr 2011 in keiner Weise geändert und schon gar nicht demokratisiert.
Nach wie vor sterben Menschen unter Folter im Gefängnis. Andere werden in die Flucht getrieben oder in ihren Ortschaften belagert und ausgehungert. In den letzten Hochburgen der Opposition wie Ost-Ghouta bei Damaskus oder in der Provinz Idlib lebt die Bevölkerung derzeit mit der täglichen Angst vor syrischen und russischen Luftangriffen.
So ist es kein Wunder, dass nicht alle Kurden in Idlib auf Assads Hilfe hoffen. Sie wissen sehr wohl, dass weder die Türkei noch Russland, der Iran oder die Regierung in Damaskus selbst demokratische Verhältnisse anstreben. Und sie wissen auch, dass ihre Vorstellung einer Demokratischen Föderation Nordsyriens im Rahmen eines föderativen politischen Systems für das Land unter Assad kaum eine Chance hat.
Auch Möglichkeiten zum Dialog hat es reichlich gegeben – unter dem Sondergesandten der Vereinten Nationen, Staffan de Mistura, sowie seinen Vorgängern. Bei allen Gesprächsrunden in Genf in letzter Zeit hat sich die Delegation aus Damaskus beharrlich geweigert, sich mit den Vertretern der syrischen Opposition zu treffen. Dieses Signal ist deutlich genug. Mit Assad wird es keine Wende zum Besseren für Syrien geben – weder in Afrin noch sonst wo.
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