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Kommentar ArbeitslosenzahlenErbschaft der großen Koalition

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Das unideologische Potpourri verschiedener Stilelemente ist ein Produkt der großen Koalition. Union und FDP laufen nun Gefahr, einseitige Politik an seine Stelle zu setzen.

E s ist eine merkwürdige Wirtschaftskrise. Noch immer kommt sie kaum im Alltag an. Im September ist die Zahl der Arbeitslosen sogar gesunken. 3,35 Millionen Menschen suchten eine neue Stelle, viel weniger, als selbst Arbeitsagentur-Chef Frank-Jürgen Weise vor kurzem noch vermutete. Diesen unerwarteten Erfolg sollte die neue schwarz-gelbe Regierung als Verpflichtung verstehen, nicht mit der Axt liberaler Wirtschaftspolitik dazwischenzuschlagen.

Es ist die erstaunlich wirksame Mischung, die den Absturz bisher verhindert hat. Mit einer massiven staatlichen Intervention hat die Regierung die Wirtschaft gestützt. Dazu gehören Rezepte, die Linke und Gewerkschaften ganz toll finden - öffentliche Ausgaben für Straßen und Schulen und die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes bis in die gefühlte Ewigkeit. Dazu gehören allerdings auch partielle Steuersenkungen, die eher das liberale Spektrum goutiert.

Unter anderem hat die große Koalition den Eingangssteuersatz reduziert und den Grundfreibetrag angehoben. Weil viele Bürger den Eindruck haben, liquide zu sein, kaufen sie weiter ein. Auch diese relativ stabile Nachfrage aus dem Inland hat die Unternehmen veranlasst, die Beschäftigten zu halten und ihnen nicht zu kündigen.

Bild: taz

Hannes Koch ist taz-Autor.

Das unideologische Potpourri verschiedener Stilelemente ist ein Produkt der großen Koalition. Union und FDP laufen nun Gefahr, einseitige Politik an seine Stelle zu setzen. Massive Steuererleichterungen für Wohlhabende, deregulierende Eingriffe beim Kündigungsschutz oder ein zu früher Ausstieg aus der staatlichen Konjunkturförderung würden manche Manager und Gutverdiener freuen. Die relative wirtschaftliche Stabilität, die wesentlich auf der Stützung der Arbeitsplätze und des Massenkonsums basiert, würde dadurch aber untergraben. Mit anderen Worten: Die liberale Axt muss im Schuppen bleiben.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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2 Kommentare

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  • HB
    Hilde Benjamin

    "Viele Bürger haben den Eindruck weiter liquide zu bleiben,darum kaufen sie weiter ein"

    Oh Herr lass Hirn vom Himmel fallen und gib Hannes Koch ein wenig davon ab.Den ganzen Hartz 4 Empfängern bleibt gar nichts anderes übrig als weiter einzukaufen wenn sie nicht verhungern wollen aber ausser Lebensmitteln können sie sich keine zusätzlichen Ausgaben leisten.Mal ne Bitte,die Taz Redakteure sollen doch mal versuchen nicht nur einen Monat sondern ein Jahr von 365 Euro im Monat zu leben und dann mal sehn wie liquide sie noch sind.Mich kotzt die elitäre Weltsicht einiger Schreiberlinge hier langsam massiv an.

  • L
    Lukas

    @ Autor + taz: "Es ist die erstaunlich wirksame Mischung, die den Absturz bisher verhindert hat". Informieren Sie sich nicht, Herr Koch?

    Manchmal bin ich schon erstaunt, welch oberflächliche Inhalte uns hier manche Kommentatoren und die taz präsentieren. Die taz jubelt jedesmal völlig unreflektiert mit über die wunderschönen Arbeitslosenzahlen.Die Arbeitslosenstatistk sagt nicht die Wahrheit. Sie wurde seit Schröder mit verschiedenen Gesetzen nach unten geschönt. Unterschiedlichste Gruppen von eigentlich Arbeitslosen, auch die 1€Jobber, sind nicht in der Statistik.

    Ein interessanter Artikel dazu, den ich gerade rausgekramt habe, war am 16.6.2009 in SpiegelOnline zu lesen. Das ifo-Institut und auch der Sprecher der Bundesagentur, Hammersen, haben die Bereinigung der Statistik zugegeben und als Problem erkannt.Sie sprechen von real ca 5 Millionen Arbeitslosen. Allerdings, so Herr Hammersen, sei die Bundesagentur an gesetzliche Vorgaben gebunden und dürfe nicht anders zählen.