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Kommentar Arabische LigaDie neue Arabische Liga

Das lächerliche Treffen der Despoten war gestern. Der arabische Frühling hat die Liga dazu gezwungen, endlich ein vernünftiges Krisenmanagement zu betreiben.

J ahrzehntelang war die Arabische Liga international eine Lachnummer. Ein außerordentliches Gipfeltreffen der Präsidenten, Könige, Emire und Revolutionsführer folgte dem anderen, ohne tatsächlich auf die Lage der Region Einfluss zu nehmen. Das überließ man am Ende trotz aller panarabischen Rhetorik den USA oder Europa.

Doch nicht nur die unmittelbare Nachbarschaft der Liga-Zentrale zum Tahrir-Platz hat das geändert. Mit dem arabischen Frühling wurde eine neue Arabische Liga geboren - obwohl die arabischen Länder eigentlich so uneins sind wie nie zuvor, aufgeteilt zwischen neuen revolutionären Staaten und alten Diktaturen. Die diplomatische Landschaft ändert sich schneller, als die Machthaber stürzen. Das liegt daran, dass alle erstmals die öffentliche Meinung ernstnehmen müssen. Und die erwartet ein vernünftiges Krisenmanagement.

Deshalb musste die Liga zum ersten Mal in ihrer 66jährigen Geschichte das Prinzip der Nichteinmischung in die Angelegenheit arabischer Bruderstaaten über Bord werfen - erst im Falle Libyens und jetzt gegenüber dem syrischen Diktator Baschar Assad. Nachdem dieser einen angeboten Deal zwar geschlossen, aber nicht eingehalten hat, fand er sich kurz darauf aus der Liga ausgeschlossen. Und jetzt droht die Organisation gar in noch nie dagewesener Geschwindigkeit weitere Sanktionen an, sollte weiterhin brutal gegen die Zivilbevölkerung vorgegangen werden.

Bild: privat
KARIM EL-GAWHARY

ist Nahost-Korrespondent der taz. Er lebt und arbeitet in Ägyptens Hauptstadt Kairo.

Nun glauben manche, dass die Liga als Agent des Westens fungiert. Eine Sicht der Dinge, die die Veränderung in der Welt, gerade nach dem Arabischen Frühling ignoriert. Schließlich sind die Tunesier, Ägypter, Libyer, Jemeniten, Bahrainis und Syrer nicht auf Anweisung Washingtons gegen ihre Regime aufgestanden. In einer Zeit, in der die USA nicht mehr alle Strippen zieht und der Rest der Welt sich beugen muss, ist dringend angebracht, alteingesessene Verschwörungstheorien zu hinterfragen. Gerade dieser Tage verlassen US-Soldaten einen vom iranischen Einfluss durchsetzten Irak, ohne das öffentlich als Niederlage zu bezeichnen.

Das wichtigste Argument der Liga: man wolle mit dem entschlossenen arabischen Eingreifen gegen Syrien, das Tor für ausländische Interventionen schließen. Ob das klappt, sei noch dahingestellt. Aber seit den Zeiten des Antikolonialkampfes ist das erstmals ein Versuch, arabische Souveränität für die Bürger zu definieren - und nicht für deren Herrscher.

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Karim El-Gawhary
Auslandskorrespondent Ägypten
Karim El-Gawhary arbeitet seit über drei Jahrzehnten als Nahost-Korrespondent der taz mit Sitz in Kairo und bereist von dort regelmäßig die gesamte Arabische Welt. Daneben leitet er seit 2004 das ORF-Fernseh- und Radiostudio in Kairo. 2011 erhielt er den Concordia-Journalistenpreis für seine Berichterstattung über die Revolutionen in Tunesien und Ägypten, 2013 wurde er von den österreichischen Chefredakteuren zum Journalisten des Jahres gewählt. 2018 erhielt er den österreichischen Axel-Corti-Preis für Erwachensenenbildung: Er hat fünf Bücher beim Verlag Kremayr&Scheriau veröffentlicht. Alltag auf Arabisch (Wien 2008) Tagebuch der Arabischen Revolution (Wien 2011) Frauenpower auf Arabisch (Wien 2013) Auf der Flucht (Wien 2015) Repression und Rebellion (Wien 2020)
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3 Kommentare

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  • HS
    Hari Seldon

    Zitat aus dem Artikel: "Nun glauben manche, dass die Liga als Agent des Westens fungiert." Dann was sagt der gute Karim El-Gawhary zu den tausenden von Söldner aus Katar in Libyen, dazu die Waffenlieferungen an die Rebellen (trotz Waffenembargo), zu den Lügen von Al-Jazeera (CIA-intrieerte TV-Sender im Privatbesitz des Emirs von Katar) wie zum Beispiel die Aufnahmen von den "begeisterten und befreiten Menschen aus Tripoli" aus Doha (Katar) verkauft als Green Square in Tripolis, usw. Einige arabischen Ländern agieren ganz offensichtlich als die Agenten des Westens: Die sind sehr einfach erpressbar.

     

    Die TAZ sollte diesen Lügner so schnell wie möglich austauschen, sonst verliert die TAZ komplett die Glaubwürdigkeit. Es wäre interessant zu sehen, aus welchen Quellen die Bankkonten von El-Gawry gefüttert werden...

  • B
    blabla

    das ständige beharren auf begriffe wie arabischer frühling kann nur bedeuten, daß berber, tuareg, drusen vernichtet werden sollen.

  • P
    pauli

    wenn arabische despoten über andere despoten zu gericht ziehen, ist das also nicht lächerlich? die arabische liga ist erst dann ernstzunehmen, wenn sie sich für den willen aller arabischer bewohner einsetzt und nicht demonstranten in bahrain, saudi-arabien, yemen, kuwait und anderen arabischen (von somalia ganz zu schweigen) schweigend niederschießen lässt. so siehts aus, herr el-gawhary!