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Kommentar Anti-TTIP-BewegungFür ein besseres Europa

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Kaum Solidarität in der EU. Und ausgerechnet die Anti-TTIP-Bewegung könnte helfen. Noch sind deren alternative Handelsideen aber zu diffus.

Die Idee ist gut, aber noch nicht gut genug: Demo der Anti-TTIP-Bewegung in Berlin Foto: dpa

D ie Europäische Union zerbröselt an allen Ecken und Enden, ihre Akzeptanz erodiert. Es scheint paradox: In dieser Lage gehört ausgerechnet die Bewegung gegen die von der EU forcierten transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und Ceta zu den wenigen Hoffnungsträgern für ein besseres Europa.

Die EU-Institutionen sind nicht in der Lage, der politischen Krise etwas entgegenzusetzen. Sie verschlimmern sie nicht nur mit ihrer Flüchtlings- und Austeritätspolitik. Auch das Festhalten an den neoliberal geprägten transatlantischen Handelsabkommen TTIP und Ceta ist ein Beispiel dafür.

Millionen von Menschen befassen sich mit diesem sperrigen Expertenthema, weil sie die Aushöhlung der Demokratie und eine Machtzunahme für Konzerne befürchten. Seit der Friedensbewegung hat es in Europa keine so großen Proteste gegen Regierungspläne gegeben.

Getragen wird diese Bewegung, deren deutscher Zweig sich in Kassel auf weitere Schritte gegen die Realisierung der Handelsabkommen verständigt hat, in der überwiegenden Mehrzahl von Menschen, die lokal handeln und global denken. Vordergründig ist das Ziel der Aktivistinnen und Aktivisten, das Inkrafttreten von TTIP und Ceta zu verhindern.

Wie könnte die Alternative zu TTIP aussehen?

Aber es geht um viel mehr. Sie wollen eine andere europäische Wirtschafts- und Handelspolitik – aber nicht zurück zum Nationalstaat. Sie bauen ihr grenzüberschreitendes Netzwerk weiter aus, mit dem auch ein neues Europa von unten wächst – eines, das auf Solidarität und auf mehr statt weniger Demokratie setzt.

Noch sind die Vorstellungen einer alternativen Wirtschafts- und Handelspolitik diffus. Es wird höchste Zeit, dass sie konkreter werden. Immerhin gibt es vielversprechende Ansätze: Das Bündnis gegen TTIP, das von vielen großen Organisationen und Gewerkschaften getragen wird, will bei einem Kongress klare Programmpunkte für eine andere Wirtschaftspolitik formulieren.

Was Parteien und Regierungen nicht geschafft haben, kann auf diesem Weg vielleicht gelingen: die Vision eines nicht nur formal demokratischen und solidarischen Europa zu entwickeln, das Stück für Stück Wirklichkeit wird. Wenn das gelingt, wird diese Bewegung auch Bestand haben, wenn im Laufe dieses Jahres die EU-Institutionen ohne Rücksicht auf Verluste Ceta und TTIP durchpeitschen.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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3 Kommentare

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  • Zitat: "Noch sind die Vorstellungen einer alternativen Wirtschafts- und Handelspolitik diffus." Ja aber genau das ist doch ein Problem. Es wird TTIP auf Teufel komm raus verdammt. Die Alternative ist "Wir müssen mal drüber nachdenken". Und wem spielt das in die Karten? Denjenigen, die eine klare Alternative zu bieten haben, nämlich den ach so "sozialen Nationalstaat". Das ist genauso wie damals mit dem Vertrag von Lissabon. Große Teile des "Linken" Lagers haben den absolut abgelehnt wegen "Neoliberal" und "Militarisierung". Aber wo war die Alternative? Zum Glück kam er dann doch durch und heute haben wir das merkwürdige Phänomen, dass teilweise die selben "Linken" (Giegold als Paradebeispiel) exakt diese EU, die auf diesem Vertrag aufgebaut ist, verteidigen obwohl sie den Vertrag damals ablehnten. Beispiel WTO. Kritisiert als Sinnbild der "Neoliberalen Globalisierung". Heute spielt die WTO keine Rolle mehr. Stattdessen rufen jetzt skurilerweise TTIP Gegner nach der WTO. Solange die Kritiker der ach so "neoliberalen EU", die das ach so "neoliberale TTIP" ablehnen keine Alternative liefern können stärken sie leider nur das Anti-EU und das "Zurück zur nationalen Souveränität" Lager. Siehe der EU-Skeptiker Jeremy Corbyn, dessen Anhänger offenbar das Zünglein an der Wage für den Brexit waren. Ganz nebenbei. Ich bin überzeugt es gibt genügend schlaue Köpfe die in der Lage sind echte Alternativen und Visionen zu formulieren, aber ich glaube nicht, dass die auf solchen Kongressen wo irgendwelche gut bezahlten Gewerkschafter und andere die niemand gewählt hat hinfahren. Ok, bei den TTIP Verhandlungen sitzen die auch nicht. ^^ Aber zumindest wurden die Regierungen die das alles in die Wege geleitet haben mal gewählt...

  • Re: "wenn im Laufe dieses Jahres die EU-Institutionen ohne Rücksicht auf Verluste Ceta und TTIP durchpeitschen"?!

     

    Dürfen die das? Wie jetzt? Wieso? Ändern, und sofort! Bitte tut es, freie Europäer!

     

    Gruss von südlich des Rheins,

    VJR

     

    *) Free Europeans, don't leave yourselves alone! http://vjrott.com/free_europeans.html

  • Ach - die Kleingeister - sterben nicht aus;()

    Nicht - Frau Krüger¿ - warens doch unlängst

    Bei den via Kommentare so fein

    Abgebürsteten dabei!

     

    Wein/Wasser - anyway -

    Gegenfeuer 1 & 2. by Pierre Bourdieu

    Der Europäische Landbote

    by Robert Menasse uws usf -

    Erstmals die Gewerkschaften dabei!

    ff …ff…ff

     

    & JETZT -???¿!

    Warten - auf - die

    GEISTESHEROEN du taz;()

    Ok - ich hol mir'n coffie;-D

    DA DA DA