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Kommentar Anti-Atom-Referendum ItalienBerlusconi? Nein danke

Michael Braun
Kommentar von Michael Braun

Die Italiner sind nicht auf Berlusconis Taschenspielertricks hereingefallen. Sie haben gegen Atomkraft gestimmt - und für den Ausstieg aus dem Berlusconismus.

E ine strahlende Zukunft hatte Silvio Berlusconi für Italien geplant. Das Land, das bisher ohne AKWs auskam, sollte als weiteres Wahrzeichen der Ära Berlusconi den Einstieg in die Atomkraft vollziehen. Doch die Wähler sagten jetzt mit dem Referendum vom Sonntag und Montag ein überdeutliches Nein. Ein Nein, an dem keine Koalition, weder jetzt noch in den nächsten Jahrzehnten, vorbeikann.

Doch das Votum der italienischen Wähler ist weit mehr als ein Veto gegen die verfehlte Energiepolitik Berlusconis, und niemandem war die mögliche Sprengkraft der Volksabstimmung klarer als dem Regierungschef.

Alles hatte er getan, um zu verhindern, dass die für die Gültigkeit des Referendums nötige Beteiligung von über 50 Prozent der Wähler erreicht würde: Erst hatte seine Regierung den spätestmöglichen Termin gewählt, dann hatte sie ein zweijähriges Nuklearmoratorium beschlossen, um den Bürgern endgültig die Lust am Abstimmen zu nehmen. Doch die fielen auf den Taschenspielertrick nicht herein. Bitter für Berlusconi: Sie strichen ebenfalls ein Gesetz, das ihm die Möglichkeit einräumte, in seinen Prozessen nur dann zu erscheinen, wenn er nicht gerade durchs Regierungsamt "legitim verhindert" ist.

"Für die Regierung ohne Folgen" sei das Referendum, hatte der Premier schon vor der Abstimmung erklärt, offenkundig ahnend, dass er nach der Kommunalwahlschlappe vor zwei Wochen einer weiteren Niederlage entgegenging. In der italienischen Rechten, die vor drei Jahren die Linke vernichtend geschlagen hatte, macht sich Untergangsstimmung breit. In ihren Reihen sind sich die meisten bewusst, dass die Italiener nicht bloß für den Abschied von der Atomkraft, sondern auch für den Ausstieg aus dem Berlusconismus gestimmt haben.

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Michael Braun
Auslandskorrespondent Italien
Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

9 Kommentare

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  • R
    reblek

    "Ein Nein, an dem keine Koalition, weder jetzt noch in den nächsten Jahrzehnten, vorbeikann." - "keine Koalition, weder - noch"? Wohl eher "sowohl - als auch".

  • WB
    Wolfgang Bieber

    Erst Kommunal-, dann Regional-, dann Stichwahl: Silvio Berlusconis Stern ist am Sinken. Der Machtpolitiker ist ein Mann der Vergangenheit, seine Strategie der De-Politisierung ist gescheitert. Der Vorhang senkt sich. Neuwahlen wird er wohl trotzdem nicht ausrufen, obwohl das jetzt die notwendige Konsequenz wäre:

    http://bit.ly/k7jdGT

  • A
    Antonio

    Mille Grazie!

    Viva Italia!

  • JC
    joe conte

    L´Italia e´da sempre desta.

     

    Unser Land ist deshalb so zerstritten und zerrüttet, da es lebt im Geiste und im Leibe, seit jeher. Die heutigen Leiden Italiens sind die Leiden die morgen in anderen Ländern zu tage treten werden. Italien ist im guten und im schlechten Vorreiter. Die Avantgarde seit über zweitausend Jahren. Ich sehe darin keinen Grund um besondere Achtung zu bitten. Die geographische Lage und die Menschen, die unsere Halbinsel besuchten haben dazu beigetragen, dass es so ward. Das Land, das Meer, die Vegetation, das Klima, das Licht, die Düfte und all jene Verrückten, die sich seit jeher sich auf der Halbinsel niedergelassen haben, sie waren und sind Italien. Ich zitiere aus persönlichen Gründen nur jene Philosophen die 400 v. Ch. Sizilien, Kalabrien und Teile Kampaniens besiedelten und ihre Schulen gründeten. Leider trichtert man uns ein, die jenigen Länder seien fortgeschritten, in denen alles nach einem festen Schema abläuft. So werden die Nordeuropäischen Nationen als die Quelle der Toleranz und der fruchtbare Boden der Menschenwürde. Wenn man genau hinschaut und ob man den Blick nach Holland richtet mit den neuen Rechtwellen oder nach Schweden, ein Land, in dem Geistvolles seit eh und je in einem Brei von sozialpolitischen Widersprüchen ertränkt wird. Wir von außen haben immer den Eindruck in deren Abgründen seien die ewigen Jagdgründe oder unser Eden verborgen. Wer dort war, weiss wie düster der Alltag eines lebenden Geistes sich darstellt.

  • G
    GIUSEPPE

    Endlich haben die Italiener den Frust durch die Volksabstimmung der 4 Referedum gegen die Berlusconi Regierung zum Ausdruck gebracht.

    Ein Kompliment allen Italienern !!

  • C
    Cristiana

    "L'Italia s'è desta!"

  • JC
    joe conte

    was hat suedtirolnews mit Italien zu tun?

    Der Beitrag geht ganz und voll in Ordnung. Ich wiederhole, was hat Suedtirol mit Italien zu tun? Wir brauchen keine Stimmen, von den jenigen, die nie zu ITALIEN GEHÖREN WOLLTEN.Mischen Sie sich nicht nicht in Dingen, die mit Ihrer Geschichte nichts zu tun haben. Bleiben Sie bei Ihren sauberen Äpfeln, Ihren sauren Wein und Ihrem Speck. Italien braucht das alles definitiv nicht. Unsere Geschichte und unsere Kultur ist nicht von der Sicht auf Berge begrenzt. Ihr Jahrzehnte langer Kampf gegen Italien und Italientum hat einfach gelangweilt. Unser Stil hat nie etwas mit Ihrem eingegrenzten Geist zu tun gehabt. Die Lega Nord ist Ihr wahres Antlitz, rassistisch, unsolidarisch und undemokratisch.

  • V
    vic

    Als Freund vieler ItalienerInnen bin ich restlos begeistert und freue mich aufrichtig.

    Nun hat sich für ihn ja leider auch der Plan mit dem Altersruhesitz in Libyen zerschlagen- Harem inklusive, versteht sich. sfigato;)

  • OA
    o aus h

    Wieso ist dieser Kommentar schon um zwanzig vor drei hier zu finden? Laut http://www.suedtirolnews.it/ kann bis 15 Uhr abgestimmt werden. Auch wenn Berlusconi wohl schon eine Niederlage zumindest in der Frage der Atomkraftwerke eingestanden hat, erscheint mir diese Meldung doch reichlich früh.