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Kommentar Angela Merkel und die CDUNoch einige Asse im Ärmel

Stolpert Merkel wirklich über ihre liberale Flüchtlingspolitik? Nein, denn die Bundeskanzlerin hat noch viele Optionen.

„Ist die Kanzlerin noch zu retten?“ Prust, gnihihi: Angela Merkel. Foto: dpa

Glaubt man wichtigen Meinungsmachern, dann steht es sehr, sehr schlecht um das politische Überleben Angela Merkels. Der Stern fragte auf der ersten Seite finster: „Ist sie noch zu retten?“, während der Spiegel kurz „Die Einsame“ titelte. Es stimmt ja, Merkel hat einen schweren Stand in Europa und in ihrer eigenen Partei. Aber stürzt sie tatsächlich über ihre liberale Flüchtlingspolitik?

Abwarten. Diese Kanzlerin ist noch im Spiel! Um das zu belegen, braucht man gar nicht darauf hinzuweisen, dass weit und breit kein geeigneter Nachfolger zu sehen ist. Ehe man sichs versieht, könnte Merkel noch ein paar Asse aus dem Ärmel zaubern. Wenn ihre Strategie einer europaweiten Lösung der Krise weiterstockt, bleiben der Kanzlerin mehrere Alternativen, um die Flüchtlingszahlen zu senken.

Da wären zum Beispiel die Ideen von Julia Klöckner, die viele jetzt als Wahlkampfgeklingel abtun. Was die Rheinland-Pfälzerin vor Wochen als „Plan A 2“ veröffentlichte und jetzt erneut präsentierte, liest sich, als habe das Kanzleramt mitgeschrieben.

Hotspots in anderen EU-Staaten, Erstaufnahmeeinrichtungen an Grenzen, flexible Kontingente: All das sind Lösungen, die Merkel anordnen könnte, ohne sich zu korrigieren. Denn mit einer fixen Obergrenze haben sie nichts zu tun. Klöckner skizziert also einen gesichtswahrenden Kompromiss zwischen Merkel und CSU-Chef Seehofer.

Diese Kanzlerin hat es schon oft geschafft, aussichtslose Situationen für sich zu wenden

Auch in der EU sieht es für Merkel lange nicht so katastrophal aus, wie viele vermuten. Andere Staaten kontrollieren ihre Grenzen inzwischen restriktiv, sie reduzieren so die Zahl der Flüchtlinge, die es nach Deutschland schaffen.

Selbst der Deal mit der Türkei ist für Merkel längst nicht perdu. Zur Erinnerung: Die EU hat der Regierung in Ankara gerade mal drei Milliarden Euro versprochen, damit sie die Flüchtlinge im Land behält. Merkel wäre bereit, ein Vielfaches zu zahlen.

Macht besitzt, wer Optionen hat – und Merkel hat einige. Diese Kanzlerin hat es schon oft geschafft, aussichtslose Situationen für sich zu wenden.

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32 Kommentare

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  • Ist das nicht ein Fehler bei der TAZ?

     

    Hat Merkel nicht eher die Asse im Nacken, als im Ärmel?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @goofy3:

      Steht die Asse im Nacken überhaupt noch auf Merkels Agenda?

      • @571 (Profil gelöscht):

        Glaube nicht, sie hat doch auch ihre christliche Herkunft vergessen, oder gab es gar eine soziale Wende zum Besseren?.

  • Liberalität muss man sich leisten können.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Die hippeligen Wahlkämpferlein, die wie Wolf in BaWü, stilzchend von Dorf zu Dorf rumpelnd einen Prozentpunkt nach dem anderen versieben, hat sie zunächst mal öffentlich sedieren lassen und auf Realformat ihrer Landesgrenzen gestutzt.

     

    Dazu hat sie sich Zeit gelassen, und das war auch gut so in diesen hektisch-kopfarmen Zeiten.

  • Die Milliarden € der Steuerzahler werden's schon richten und den Rentnern gibt man auch noch ein paar Prozent mehr, damit das Kreuzchen an die richtige Stelle kommt!

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Hat hat eigentlich schon jemand überlegt was da steht?

     

    Internierungslager aus denen man nur entkommt wenn es das "flexible Kontingent" gerade zulässt. Die "gesicherte EU-Außengrenze" hört sich nach "Festung Europa" an und wenn ich daran denke wie Erdogan es bewerkstelligen wird die Menschen zu "behalten" bin ich wirklich beunruhigt.

     

    Das ist nicht liberal, nicht mal neoliberal, das ist nur erbärmlich. Sicher wären die Alternativen zu Merkel wohl noch schlimmer, das bedeutet aber noch lange nicht daß das was sich da unter Merkel ankündigt toll ist.

     

    Elendslager vor den Toren der EU-Bollwerke und Deitschland jubelt, incl. taz. So gesehen ist Merkel dann doch die beste Alternative, bringt sie doch die ansonsten notorisch nörgelnde politische Linke zum Schweigen...

  • Präzise müsste der Titel lauten: „Noch 550 Asse im Ärmel“

     

    Diese 550 Asse entsprechen ungefähr der Anzahl der Bundestagsabgeordneten, die auch jetzt noch stromlinienförmig hinter Merkels Kurs stehen. Und das wird sich auch nicht ändern, völlig egal, welchen Schwenk die Kanzlerin in den nächsten Wochen noch vollführen wird. Die Abweichler in der CDU werden dabei selbstredend von der sogenannten Opposition ersetzt, die offensichtlich nur noch damit beschäftigt ist, Merkel mit Zähnen und Klauen zu verteidigen.

     

    Andere Themen geraten auf diese Weise fast gänzlich in Vergessenheit. So kann die Regierung in aller Ruhe etliches durchdrücken, was sonst sicherlich auf mehr Widerstand stoßen würde. TTIP, Waffenexporte, weiterer Abbau der Sozialsysteme, völlige Untätigkeit bei der Beschränkung der Finanzmarktregulierung, u.s.w. – dies alles sind aus Sicht der Grünen und Linken bestenfalls Nebenaspekte von Nebenthemen, die angesichts des „Wir schaffen das“ zur Bedeutungslosigkeit geschrumpft sind.

     

    Realistisch betrachtet, ist Merkels Kanzlerschaft daher alles andere als bedroht: Sie sitzt statt dessen fester im Sattel als es je ein Kanzler tat. Irgendwie erinnert die ganze Situation an die Thronrede Kaiser Wilhelm des II. „Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!“, wobei interessanterweise Merkel diese Forderung gar nicht aussprechen musste: Grüne und Linke haben sich willfährig selbst in diese Lage manövriert. Ob dieser Burgfrieden der langfristigen Entwicklung der Demokratie dienlich ist, darf zumindest bezweifelt werden.

  • sie kann allein schon deshalb nicht über ihre liberale flüchtlingspolitik stolpern, weil diese nicht liberal ist.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @christine rölke-sommer:

      Natürlich ist ihre Flüchtlingspolitik nicht liberal, wie auch die Kanzlerin nur so liberal sein kann, wie dies die jeweiligen tagesaktuellen CDU-Grenzen zulassen.

       

      In Zeiten funktionierender Willkommenskulturmaßnahmen freiwilliger Helfer ohne Hemmnisse, zunächst aus Bayern und später anderswoher, waren durchaus wirklich liberale Grundzüge an der Politik der Kanzlerin zu erkennen. werden.

    • @christine rölke-sommer:

      Was wäre denn eine liberale Flüchtlingspolitik, wie müsste sie gestaltet sein, was müsste am jetzigen Status geändert werden, um als liberal bewertet werden zu können?

      • @Der Allgäuer:

        nun, seit dem sog.asylkompromiß kann von liberal überhaupt keine rede mehr sein. Merkel bewegt sich in dieser tradition. oder atmet das asylpaket II etwa einen liberalen geist? tut es genausowenig wie frühere pakete.

         

        ansonsten: die alternative zu "reinlassen" wäre gewesen, die luftwaffe loszuschicken - das möchten wir dann lieber doch z.b. der Türkei überlassen. oder den russen. oder den USA. oder anderen "willigen".

        das wissen auch die Seehofers+Petrys.

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @christine rölke-sommer:

          Den Boden für die Wende in der Flüchtlingspolitik bereitete der Innenminister mit seinen - später als wachsendem innenpolitischem CDU-Mainstream erkennbaren - Querschüssen gegen die Linie der Kanzlerin.

        • @christine rölke-sommer:

          Wenn unseren Flüchtlingspolitik nicht liberal ist, was ist dann die Flüchtlingspolitik jeder x beliebigen muslimischen Landes?

          • @maerike meeikaa:

            Inwiefern stellt die Flüchtlingspolitik beispielsweise des Libanon oder der ver. Arab. Emirate einen Masstab für eine westliche Demokratie dar?

          • @maerike meeikaa:

            ach, da ist frau Merkel auch kanzlerin?

            • @christine rölke-sommer:

              Alles Spiesser hier, nur nicht Frau Rölke Sommer, Kämpferin für Freiheit, Gerechtigkeit und die einzig richtige linke Meinung!

              • 5G
                571 (Profil gelöscht)
                @Motzkopf:

                Danke für die Blumen...

    • @christine rölke-sommer:

      Durchaus liberal, nach angelsächsicher Definition: Die Leute ins Land lassen um sie sich mehr oder weniger sich selbst zu überlassen

  • Ich muss zugeben: Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich in meinem Leben einmal sagen/schreiben muss: Alleine wegen ihrer Flüchtlingspolitik hoffe ich, dass die Bundeskanzlerin durchhält und weitermacht.

     

    Ich sage nicht, dass ich ihr blind vertraue, ich sage lediglich, dass sie in der Flüchtlingsfrage bisher alles richtig gemacht hat.

     

    Und ihre Stellungnahme zu Clausnitz und Bautzen ist höchster Ehren wert!

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Der Allgäuer:

      Durchhaltevermögen sei ihr gewünscht, aber nur so lange keine Alternative in Sicht ist.

      Und in der Flüchtlingsfrage hat sie bei weitem nicht alles richtig gemacht. Dazu erinnere ich an ihre schweigsame Zögerlichkeit zu Beginn des Zustroms und die danach wochenlos ausgebliebenen Realisierungsmaßnahmen zu ihrem Credo "Wir schaffen das!"

  • Liberale Flüchtlingspolitik? Der Türkei - und davor ja schon Marokko, Lybien und anderen afrikanischen Staaten - Milliarden zuschieben, damit Flüchtlinge noch außerhalb der EU-Grenzen abgeblockt werden, ist liberale Flüchtlingspolitik?

  • "…Ehe man sichs versieht,

    könnte Merkel noch ein paar Asse aus dem Ärmel zaubern.,"

     

    Könnte - könnt nicht reichen -

    Denn Ende & Folgen des

    Titoismus sind bekannt - &

    Kartenscheißer nicht in Sicht.

    SchirlingKelch du Knilche -;((

    m&w - ja ja - noch gebannt -

    Noch gehn se krampfig mit -

    Aber ewig hält das - nicht!

    Eiserne Kanzlerin - Prosit!

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      "Noch gehn se krampfig mit -

      Aber ewig hält das - nicht!

      Eiserne Kanzlerin - Prosit!"

       

      Gut!

       

      Eisen ist zwar vergänglich, aber hart - und umgekehrt.

      • @571 (Profil gelöscht):

        Wenn Ihnen die bekannte Karikatur -

        einschließlich des Feixers an der

        Reling in den Sinn - vors geistige Auge

        kommt¿ - so die Richtung!

        • 5G
          571 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Punch?

           

          Eher "vergänglich", dies Eisen.

  • Schon äußerst merkwürdig - wie Herr Schulte die chaotische Politik Angela Merkels retten will. Tolle "Option": kein Nachfolger in Sicht. Usw.. Peinlich.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Ulrich Frank:

      Was will denn Schulte "retten"?

       

      An seiner ziemlich realistischen Einschätzung kann ich nichts Peinliches erkennen.