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Kommentar AmfloraGefahr aus der Knolle

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Die EU-Kommission hat die Risiken der Gen-Kartoffel Amflora auf Druck der Industrielobby ignoriert. Die Gefahr, dass sie in die Nahrungskette gerät, ist groß.

N ur zu Papier und Klebstoff, nicht zu Lebensmitteln soll die jetzt von der EU zugelassene Genkartoffel Amflora verarbeitet werden. Mit dieser Einschränkung versucht der Chemiekonzern BASF, die Öffentlichkeit zu beruhigen - und zu zeigen, dass Gentechnik ungefährlich sei.

Dabei ist Amflora völlig untypisch. 80 Prozent der weltweit angebauten Genpflanzen sind gegen Pestizide resistent. Sie erlauben den Bauern, noch mehr Gift gegen Unkräuter einzusetzen, was diese wiederum widerstandsfähiger werden lässt, sodass die Pestizid-Dosis erhöht werden muss: ein Teufelskreis. Andererseits führen solche Genpflanzen zu Monokulturen: Statt häufig die Frucht auf einem Feld zu wechseln, um das Aufkommen von Unkräutern zu dämpfen, wird immer die gleiche Genpflanze angebaut. Auch das steigert langfristig den Verbrauch von Pestiziden und gefährdet die Artenvielfalt.

Amflora ist nicht gegen Pestizide immun: Sie bildet lediglich eine besonders gute Stärkeart. Das Risiko, dass die Kartoffel in die Nahrungskette gelangt, ist trotzdem hoch. Denn nach jeder Ernte bleiben auf jedem Hektar Feld zehntausende Knollen liegen. Werden dort später konventionelle Speisekartoffeln gepflanzt, sind sie von Amflora nicht mehr zu trennen. Bedenklich daran ist, dass die Amflora gegen zwei Antibiotika widerstandsfähig ist. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Medikamente nicht mehr wirken, wenn man Amflorabestandteile zu sich nimmt.

Jost Maurin

ist Redakteur im Ressort Wirtschaft und Umwelt bei der taz.

Die EU-Kommission hat diese Risiken auf Druck der Industrielobby ignoriert. Die Umweltbewegung muss jetzt mit aller Vehemenz auf die Gefahren hinweisen. Denn dann könnte der Widerstand in der Bevölkerung so stark werden, dass sich kein Unternehmen traut, Amflora zu nutzen.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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8 Kommentare

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  • FB
    fullmetal biochemist

    amflora bildet lediglich keine amylose mehr aus, stattdessen wird sämtlich glucose als amylopektin gespeichert. ein großer vorteil, weil die trennung der chemisch sehr ähnlichen stoffe aufwändig (und damit potentiell umweltschädlich) ist.

    kanamycin und neomycin werden lediglich als lokalantibiotika eingesetzt (z.b. in hustenbonbons). ein "gentechnikfreies europa" wäre ein alptraum für uns alle, da fast jedes medikament gentechnisch hergestellt wird (und auch essig, zitronensäure, nahrungsergänzungsmittel... oh ja, ihr habt gentechnik im essen!)

    im übrigen beugt sich die politik nicht nur großkonzernen zu bereitwillig, sondern auch dem schlecht informierten (und lautstarken) "verbraucher".

    im übrigen wieder einmal herausragend schlecht von der taz recherchiert.

  • WM
    Woellner, M

    Amflora - ein lebensbedrohlicher Skandal ?

    Wie gut schützt mich mein Grundgesetz??

     

    Sind die EU-Entscheidungen zu Gunsten der BASF Interessenvertretungen? Nur wessen? In einen Koalitionsvertrag gehört keine Lobbyförderung, weder Durchwinken des BASF-Konstruktes Amflora noch eine Absatzförderung für VW oder Opel oder derartiges.

     

    Welche Gefahren von dem Genkonstrukt Amflora ausgehen können, zeigen schon die kleinen Fütterungsversuche an nur 10 Ratten.

    Ich fühle mein Leben und Gesundheit, das unserer Kinder und Enkel und das meiner Mitbürger in Deutschland und Europa bedroht durch diese heraufbeschworene Gefahr, über Amflora-Auswirkungen gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die eine Unschädlichkeit bescheinigen, im Gegenteil. Solange darf keine Zulassung ausgesprochen werden. Eine Versuchsreihe mit 10 Ratten ist unwissenschaftlich. Und selbst wenn hier bereits signifikant Schäden auftreten, sind umfangreiche Untersuchungen um so mehr geboten. Wir wissen nicht, was wir tun, fangen aber schon mal an?? Mein Vertrauen hat der Kommissar für Gesundheit, "Verbraucherschutz" und Gentechnik, Herrn Dalli aus Malta, jedenfalls nicht. Diese Zulassungen sind ein lebensbedrohlicher Skandal.

     

    Ich erwarte von meiner Regierung und allen Fraktionen, dass sie, entsprechend unserem Grundgesetz, mein und aller Bürger Leben schützen und den Anbau und Import in Deutschland untersagen.

    Lasst uns gemeinsam dafür Sorge tragen!

  • W
    Woellner,M

    Wie (un)-abhängig ist die Forschung?

    Selbst die gentechnik-freundliche Deutsche Forschungsgesellschaft propagierte schon in 2001 und im Januarheft 2010, dass „private Unternehmen ca. 80 % der Forschungsinvestitionen in der Agrarbiotechnologie tätigen“, Tendenz steigend. Im Januarheft 2010 der DFG heißt es weiter: „Politische und institutionelle Rahmenbedingungen können die wirtschaftlichen Auswirkungen transgener Pflanzen entscheidend beeinflussen.“ Und weiter: „Auffällig ist die Dominanz des privaten Sektors in der Weiterentwicklung der Grünen Gentechnik – insbesondere einige wenige multinationale Firmen sind auf diesem Feld tätig. Die zunehmende Rolle des privaten Sektors in der internationalen Agrarforschung ist prinzipiell zu begrüßen“.

     

    Inzwischen gibt es zwei Kartoffelzüchtungen mit gleichem Amylopektingehalt, ohne Gentechnik, ohne diese Markergene. Eine wurde von Europlant mittels Tilling-Verfahren (Chemieeinsatz) entwickelt. -- Auf herkömmliche Weise, ohne gewaltsamen Eingriff in das Erbgut hat die AVEBE-Stärkefabrik im Wendland (Dallmin und Lychen) die Stärkekartoffel ELIANE gezüchtet. Sie enthält ebenso ca. 20 % Stärke, die zu 100 % aus Amylopektin besteht. Sie wird für industrielle Zwecke und auch in der Lebensmittelindustrie bereits erfolgreich und vor allem gefahrlos angewendet. Aufwändige Trennungsprozesse und Schutzmaßnahmen in Stärkefabriken entfallen. Auch die Pülpe kann problemfrei zur Mast verfüttert werden, unsere Nahrungskette bleibt „sauber“. Amflora ist also 20 Jahre nach der Laborkonstruktion veraltet, überflüssig und gefährlich. Große Verarbeitungs-Unternehmen lehnen sie ab. Es gibt gute Alternativen. Bleibt zu hoffen, dass noch viele folgen und wir eine deutliche Unterstützung unserer gewählten Volksvertreter in die richtige Richtung erfahren, um mindestens den Anbau und Import in Deutschland aufzuhalten. Denn durch Missachtung des Bürgerinteresses fühlen sich die Menschen betrogen.

     

    Wir sind das Volk und wir bestimmen durch unser Kauf- und Wahl-Verhalten, wohin es geht! Und das ist gut so.

  • W
    Woellner,M

    Mit der EU-Genehmigung einer 0,9%igen Vermengung in der Lebensmittelkette sind wir nicht mal sicher vor der direkten Gefahr auf dem Teller und möglicherweise ähnlichen Erkrankungen oder schlimmeren als bei den kleinen Fütterungversuchen nachgewiesen. Da auch dem Antrag zur Verwendung als Futtermittel stattgegeben wurde, verschlimmert die Furcht vor indirekten Wegen in unsere Nahrungskette. Verbraucherschutz und Lebensmittel-sicherheit ist hier nicht erkennbar.

    Kanamycin und Neomycin auf der WHO-Weltreserveliste

     

    Neben diesen gesundheitlichen Gefahren für Menschen, Tiere und Natur findet das eingebaute Markergen immense Verbreitung. Es droht die Resistenz gegen fünf Antibiotika, von denen Neomycin und Kanamycin als Weltreserveantibotika für den Einsatz bei mehrfach resistenter Tbc sogar auf der WHO-Liste stehen. Bei Verbreitung dieser Amflora können diese Antibiotika unwirksam werden. Was dann? Von Sicherheit kann nicht die Rede sein. Einwände der WHO sowie zwei weiterer EU-Bedenkenträger konnten die Zulassung nicht aufhalten.

  • W
    Woellner,M

    Nicht nur die eingebauten Markergene...

     

    Allein die unzulänglichen Untersuchungen des BASF-Konstruktes Amflora weisen schon an sich auf Gefahr hin. So ist im Efsa-Dokument über die von BASF vorgelegten Fütterungsversuche nachlesbar, dass bereits in dieser äußerst kleinen Testgruppe von nur (!) 10 Ratten selbst diese schon bei 5%iger Amflora-Beimischung signifikant gesundheitliche Schäden, wie vergrößerte Milz und Blutbildveränderung, aufwiesen. Aufgrund so eines kleinen Versuches ist jede Aussage über eine „vermeintliche“ Unschädlichkeit ohnehin eine Farce.

    An 36 Rindern wurde lediglich das Mastergebnis gemessen, keine gesundheitlichen Untersuchungen vorgenommen. Trotzdem soll die Pülpe (Kartoffelsaft) an Rinder und Schweine verfüttert werden, ohne Konsequenzen u. Auswirkungen zu kennen, von Langzeituntersuchungen ganz zu schweigen. Werden künftig Rinder und Schweine ähnliche Gesundheitsschäden haben wie bei den 10 Ratten festgestellt oder schlimmere ? Wird uns neben den mit Gensoja und Genmais u.dgl. gefütterten Schlachttieren nun auch dieses Fleisch oder Milchprodukte auf dem Teller zugemutet? Werden unsere Kinder/Enkel als unabsehbare Folge dann ebenso wie die 10 Ratten eine vergrößerte Milz oder erhöhte Leukozytenzahlen (weiße Blutkörperchen) oder andere Erscheinungen haben? Es ist nicht hinnehmbar, wenn erst Menschen Schaden erfahren würden, bevor Einhalt geboten wird.

    Meine Befürchtungen sind so groß wie das Entsetzen.

     

    „Nur für technische Zwecke?“

    Unsere Nahrungskette ist gefährdet! Keiner kann garantieren, dass keine Vermengungen passieren. Der Gen-Reis, der über die Welt ging, ist nur ein Beispiel. Man erinnere sich daran, dass auch diese Knollen schon auf einem falschen Acker gelandet sind, immerhin 20 ha. (Dabei hantieren Landwirte mit dem Navi und sollten ihre Äcker genau kennen, um so mehr, wenn es um Versuchsmaterial geht und vor allem in riesigen Mengen). Versuchsmaterial lag nach der Ernte frei zugänglich massenweise auf dem Acker und wurde bereits unerlaubt verbreitet. Sorgfalt und Verantwortungsbewusstsein sind dabei nicht erkennbar. Verschleppungen sind durch Stoppler, beim Transport, über Pflanz- und Erntemaschinen, beim schwer trennbaren Verarbeitungsprozess in der Stärkefabrik, beim Lagern von Pflanzgut u.dgl. zu erwarten. Von welchen Stärkefabriken und Molkereien und Speisekartoffelerzeugern können wir vertrauensvoll unsere Nahrungsmittel essen, trinken, ohne Schaden zu nehmen?

  • TK
    Tilman Kluge

    Lieber Kommentator, si tacuisses.....

     

    Sie schreiben

     

    >>Statt häufig die Frucht auf einem Feld zu wechseln,

    >>um das Aufkommen von Unkräutern zu dämpfen, wird

    >>immer die gleiche Genpflanze angebaut. Auch das

    >>steigert langfristig den Verbrauch von Pestiziden

    >>und gefährdet die Artenvielfalt.

     

    Fruchtwecksel wenen des Unkrautes ist ein Aspekt, der jedoch gegenüber dem Fruchtwechsel wegen anderweitiger Krankheitsentwicklungen im Range zurücksteht. Deshalb baut man generell keine Kartoffeln als Nachfolge für Kartoffeln an (Nematoden etc.). Und warum sollte denn bitte ein Anbauer einer "Gen-Kartoffel" im Folgejahr kein Getreide anbauen? Grund wird doch nicht der sein, daß es sich mit der antibiotakaresistenten Vorfrucht kreuzen könnte. Grund wird doch erst recht nicht die Tatsache sein, daß das biologisch nicht geht, aber umsomehr gegen Political Correctness verstoßt und deshalb für Ihre Prophezeihungen unerheblich ist.

     

    Was ich beschrieben habe, wissen auch Landwirte mit Hauptschulabschluß. Kritik seitens der TAZ ist solange ein Markenzeichen dieser Zeitschrift, solange wenigstens einfachstes Schulwissen nicht in die Tonne gekloppt wird.

     

    Tilman Kluge, Gepr. Landwirt, Dipl. Ing. agr.

  • K
    kuhni

    Lieber kommentarist:in dem falle das du dich mit einer genkartoffel paaren und kinder zeugen möchtest bestünde

    sicher die gefahr das eure kinder eine

    resistenz gegen

    antibiotika haben werden,

    aber wer b..st schon eine kartoffel?

    tschuldigung ,jetzt mal im ernst:

    eine möglichkeit das diese kartoffeln in den verzehr geraten ist sicher das "nachsuchen" der felder durch ahnugslose menschen.

    die gefahr das solche kartoffeln verspeist werden ist

    gering,weil stärkekartoffeln wie knüppel auf den kopf schmecken,schlicht nicht geniessbar sind.

    gegen unkräuter hilft auch kein fruchtwechsel im anbau,die sind da und werden es auch immer bleiben,

    eine bekämpfung kann mechanisch erfolgen(striegeln)

    oder durch HERBIZIDE,nicht Pestizide.

    Pestizide werden in diesem fall wohl gegen den kartoffelkäfer eingesetzt werden.

    es grüsst ein grüner landwirt...

  • MS
    Monika Schrodt

    Die Zulassung der "GMO-Baureihe Amflora" zur weiteren anthropogenen Zerstörung des Ökosystems kann nicht im Sinne ihres größten Förders, dem Alten Fritz (Friedrich II.), der aus Südamerika stammenden Solanum tuberosum sei. Hinzuzufügen ist, dass diese von der GMO-Industrie erwirkte EU-Zulassung für den Anbau, von weiten Teilen der europäischen Bevölkerung nicht getragen wird. Vive la démocratie!